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Kein Anspruch auf Todfallsabfertigung bei Bezug von Notstandshilfe durch das selbsterhaltungsfähige erwachsene Kind

BIRGITSCHRATTBAUER

Der Kl begehrt als gesetzlicher Erbe seines Vaters gem § 23 Abs 6 AngG iVm § 2 Abs 1 Satz 2 Arbeiter-AbfertigungsG eine Abfertigung von der Bekl, bei der der Vater bis zu seinem Tod als Sägearbeiter beschäftigt war. Nach diesen Bestimmungen gebührt dem gesetzlichen Erben, zu dessen Erhaltung der Erblasser gesetzlich verpflichtet war, eine Abfertigung in Höhe des halben gesetzlichen Abfertigungsanspruchs, wenn das Dienstverhältnis durch den Tod des AN aufgelöst wird. Maßgeblich ist der Unterhaltsanspruch zum Zeitpunkt des Todes; keinen Anspruch haben daher zB Kinder, die beim Ableben ihres Vaters selbsterhaltungsfähig sind.

Im Verfahren konnte nicht festgestellt werden, ob der Kl zum Todeszeitpunkt seines Vaters erwerbsfähig oder erwerbsunfähig war. In der Vergangenheit gab es sowohl Zeiten, in denen der Kl – zumindest jeweils mehrere Monate lang – erwerbsfähig war, als auch Phasen der Erwerbsunfähigkeit. Im Kalenderjahr des Todes seines Vaters war der Kl teils erwerbstätig, teils arbeitslos; zum Todeszeitpunkt bezog er Notstandshilfe.201

Die Vorinstanzen gaben dem Klagebegehren mit der Begründung statt, dass bei einer Gesamtbetrachtung der Jahre rund um den Todeszeitpunkt des Vaters davon auszugehen sei, dass die beim Kl zunächst eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit in der Folge wieder weggefallen sei, da er aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nicht in der Lage gewesen sei, mit einer gewissen Regelmäßigkeit zur Bedürfnisdeckung ausreichende Einkünfte zu erzielen.

Der OGH gab der außerordentlichen Revision der Bekl statt und wies das Klagebegehren ab. Zwar kann nach den Ausführungen des OGH die einmal eingetretene Selbsterhaltungsfähigkeit, unabhängig vom Alter des Kindes, aus unterschiedlichen Gründen auch wieder wegfallen und die Unterhaltspflicht der Eltern wieder aufleben, so etwa bei längerfristiger Unmöglichkeit der Berufsausübung wegen Krankheit oder bei unverschuldeter Arbeitslosigkeit. In letzterem Fall geht die Selbsterhaltungsfähigkeit aber nur dann verloren, wenn das grundsätzlich selbsterhaltungsfähige Kind aufgrund fehlender sozialer Absicherung nicht mehr in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Im vorliegenden Fall war jedoch durch den Bezug der Notstandshilfe eine soziale Absicherung gegeben. Die Beweispflicht für den Verlust der Selbsterhaltungsfähigkeit und das Wiederaufleben der Geldunterhaltspflicht der Eltern liegt beim Kl. Da dieser Beweis nach den Feststellungen des Erstgerichts nicht gelungen ist und der Kl zum Todeszeitpunkt seines Vaters durch den Bezug der Notstandshilfe in der Lage war, seinen notwendigen Unterhalt zu bestreiten, liegen die Voraussetzungen für eine Todfallsabfertigung gem § 23 Abs 6 AngG nicht vor.