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Vorzeitiger Austritt aus gesundheitlichen Gründen – Aufklärungspflicht des Arbeitnehmers

MARTINACHLESTIL

Der kl AN war bei der bekl AG von 1.1.2006 bis 11.11.2014 als kaufmännischer Angestellter, zuletzt als Leiter der IT-Abteilung beschäftigt. Unter Anrechnung von Vordienstzeiten ist von einer über 25-jährigen Dauer des Arbeitsverhältnisses auszugehen. Mit Schreiben vom 6.10.2014 teilte die Klagevertreterin namens des kl AN der bekl AG mit, dass sich der AN seit Anfang April 2014 aufgrund eines diagnostizierten Burn-Out-Syndroms bei bestehenden Depressionen im Krankenstand befinde. Ursache für seine massiven gesundheitlichen Probleme seien aufgrund der beigelegten ärztlichen Bestätigung eine chronische Überforderungssituation in seiner Arbeit sowie das an seinem Arbeitsplatz vorherrschende Arbeitsklima. Ärztlicherseits sei dem AN dringend abgeraten worden, wieder in das bestehende Umfeld zurückzukehren und seiner bisherigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Auch die Zuweisung einer anderen Tätigkeit im Unternehmen der bekl AG, die dem Inhalt des Arbeitsvertrags und seinem bisherigen Tätigkeitsfeld entspreche, würde nicht dazu führen, dass der AN seine Arbeitsleistung ohne Schaden für seine Gesundheit fortsetzen könnte. Es erübrige sich daher, ihm eine andere Beschäftigung im Unternehmen zuzuweisen und er beabsichtige, den berechtigen vorzeitigen Austritt zu erklären, sollte keine Einigung über eine einvernehmliche Auflösung zustande kommen. Die bekl AG ersuchte den AN daraufhin um Bekanntgabe der näheren Umstände der Gesundheitsgefährdung, um Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten ausloten zu können. Der AN lehnte aber jegliche weitere Tätigkeit im Unternehmen ab und erklärte am 11.11.2014 seinen berechtigten vorzeitigen Austritt aus gesundheitlichen Gründen. Die daraus resultierenden Beendigungsansprüche verneinte die bekl AG, da sie den kl AN an einem für ihn zumutbaren Arbeitsplatz habe weiterbeschäftigen wollen.

Während das Erstgericht dem Klagebegehren des AN stattgab, wurde es vom Berufungsgericht abgewiesen, weil der kl AN seine Aufklärungspflicht iZm seiner konkreten Gesundheitsgefährdung verletzt und der bekl AG nicht die Möglichkeit gegeben habe, einen geeigneten Ersatzarbeitsplatz zu finden. Der OGH erachtete die ordentliche Revision des kl AN für zulässig und auch für berechtigt.

Der Angestellte, der wegen Dienstunfähigkeit oder Gefährdung seiner Gesundheit durch die von ihm zu verrichtende Tätigkeit aus dem Arbeitsverhältnis vorzeitig austreten will, ist verpflichtet, den AG vor Ausübung des Austrittsrechts auf seine Dienstunfähigkeit oder Gesundheitsgefährdung aufmerksam zu machen, damit dieser seiner auf der Fürsorgepflicht des AG beruhenden Verpflichtung, dem AN allenfalls einen anderen, geeigneten Arbeitsplatz zuzuweisen, nachkommen kann. Diese Aufklärungspflicht besteht jedoch dann nicht, wenn diese Umstände dem AG ohnehin bekannt sind oder die Dienstunfähigkeit oder die gesundheitliche Gefährdung des AN durch202 Zuweisung einer anderen Tätigkeit im Rahmen der übernommenen arbeitsvertraglichen Pflichten ohnehin nicht beseitigt werden kann.

Zwar ist im vorliegenden Fall zutreffend, dass der kl AN die bekl AG trotz deren ausdrückliche Aufforderung nicht soweit ausreichend über die seine Dienstunfähigkeit bzw die Gesundheitsgefährdung bei Weiterarbeit im Unternehmen begründenden Umstände informiert hat, dass es der bekl AG möglich gewesen wäre, dem kl AN einen anderen konkreten, ihm zumutbaren und vom Arbeitsvertrag gedeckten Ersatzarbeitsplatz anzubieten. Die Verletzung der den kl AN treffenden Aufklärungspflicht hat aber – entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts – noch nicht jedenfalls zur Folge, dass der vorzeitige Austritt des AN unberechtigt erfolgt ist. Diese Verpflichtung des AN besteht eben dann nicht, wenn dessen Verweisung auf einen anderen Arbeitsplatz im Rahmen des Arbeitsvertrags nach den gegebenen Umständen, dh aus gesundheitlichen Gründen, überhaupt nicht in Betracht kommt. Genau darauf hat sich der kl AN auch gestützt. Da zu dieser Frage kein mängelfrei festgestellter Sachverhalt vorliegt, waren die Entscheidungen der Vorinstanzen vom OGH daher aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht zurückzuverweisen.