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Bloß einmalige abfällige Bemerkung über Geschäftsführerin – Entlassung unberechtigt

MANFREDTINHOF

Ein als Prokurist tätiger AN, der in den Jahren 2009 bis 2011 jeweils eine jährliche Prämie erhalten hatte, wurde deswegen entlassen, weil er die Prämie auch im Jahr 2012 verlangt hatte. Der Prokurist bekämpfte daraufhin die Entlassung als unzulässige Motiventlassung. Das Unternehmen machte hingegen geltend, dass die Entlassung wegen zahlreicher Fehlverhalten berechtigt sei. Darüber hinaus stützte es die Entlassung auf eine aufgrund einer Zeugenaussage im Verfahren zwischenzeitlich hervorgekommene Äußerung des Prokuristen gegenüber einem ehemaligen Arbeitskollegen, das AG-Unternehmen werde in der Kombination mit der Geschäftsführerin „an die Wand gefahren“. Der ehemalige Kollege war zu dieser Zeit bei einem wichtigen Kunden des AG beschäftigt. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der AN ansonsten mit Außenstehenden schlecht oder abwertend über die Geschäftsführerin oder deren fachliche Kompetenz gesprochen hat.

Der OGH kam entgegen dem Berufungsgericht zum Ergebnis, dass der Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit gem § 27 Z 1 AngG vom Prokuristen nicht verwirklicht wurde. Die beanstandete Äußerung des AN ist zwar, soweit damit die unternehmerischen Fähigkeiten der Geschäftsführerin in Frage gestellt werden, zweifellos herabsetzend. Insb schon aufgrund seiner hierarchischen Stellung im Unternehmen ist vom AN gegenüber Dritten ein loyales Verhalten zur Geschäftsleitung des Unternehmens zu erwarten. Die bloß einmalige abfällige Bemerkung des AN, der nahezu 22 Jahre beschäftigt war, ohne dass er in der Vergangenheit wegen einer ihm unterlaufenen Pflichtwidrigkeit auch nur einmal ermahnt worden wäre, ist jedoch in diesem Fall noch nicht als so schwerwiegend anzusehen, dass dem AG die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem AN nicht mehr zugemutet werden kann.