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Zuletzt verdientes Entgelt einer überlassenen Arbeitskraft bei Prüfung der Interessenbeeinträchtigung entscheidend

KLAUSBACHHOFER

Der Kl war beim bekl Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen beschäftigt und an (nur) ein Beschäftigerunternehmen überlassen. Eine Woche nach Überlassungsende wurde er gekündigt. Während der Überlassung bezog er auf Basis des KollV des Beschäftigerbetriebes einen Bruttolohn von € 2.050,-. Die Prognose der Arbeitsmarktchancen des Kl ergab, dass er innerhalb von fünf Monaten eine Vollzeitanstellung zu einem Bruttolohn von € 1.600,- finden könne.

Die Bekl stand auf dem Standpunkt, dass dem vorzunehmenden Einkommensvergleich für die Zeit vor der Kündigung nicht das vom Kl im Beschäftigerbetrieb erzielte Entgelt zugrunde zu legen sei, sondern der im Arbeitsvertrag vereinbarte Mindestlohn nach dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung (KollVAÜ). Werde dieser monatliche Bruttolohn von € 1.708,73 dem möglichen vom Kl erzielbaren Einkommen gegenübergestellt, fehle es an der erforderlichen wesentlichen Interessenbeeinträchtigung des Kl durch die Kündigung.

Die beiden Vorinstanzen folgten dieser Argumentation der Bekl nicht und gaben dem Klagebegehren statt. Der OGH wies die außerordentliche Revision zurück und begründete dies der Revisionswerberin gegenüber damit, dass deren Rechtsansicht von den ständigen Prüfgrundsätzen der Rsp zur wesentlichen Interessenbeeinträchtigung abgeht.

Bei dem vom Kl während der Überlassung bezogenen Lohn handelt es sich nach Ansicht des OGH nicht um ein „zufällig“ erzieltes, sondern vielmehr um das gesetzlich und kollektivvertraglich dem Kl während der Überlassung zustehende Entgelt. Steht einer überlassenen Arbeitskraft aufgrund des im Beschäftigerbetrieb anwendbaren KollV ein höheres Entgelt zu als bei einem Einsatz in einem anderen Unternehmen, dann ist dieser AN auch wirtschaftlich stärker von der Kündigung betroffen als ein anderer Leih-AN.

Das Argument der Revisionswerberin, der Kl hätte im Zuge der Verleihung an einen neuen Beschäftiger unter Umständen einen niedrigeren Lohn als bisher erhalten, ist rein hypothetisch. Es berücksichtigt nicht die konkrete beim Kl durch die Kündigung tatsächlich eingetretene finanzielle Schlechterstellung. Vielmehr legt die Bekl ihrer Beurteilung der wesentlichen Interessenbeeinträchtigung ein fiktives, vom Kl nicht erzieltes niedrigeres Einkommen zugrunde.204