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Die sechsmonatige Ausschlussfrist des § 56 Abs 6 Oö LVBG gilt auch für Abfertigungsansprüche – der Fristenlauf beginnt mit der Fälligkeit des Anspruchs

MARTINACHLESTIL
§ § 51 Abs 6 und 56 Abs 1 Oö LVBG

Der kl AN, ein Facharzt für Anästhesiologie und Intensivmedizin, war seit 1.8.1998 bei der bekl AG, dem Land Oberösterreich, beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis finden die Bestimmungen des Oö Landes-Vertragsbedienstetengesetzes (Oö LVBG) Anwendung.

Am 27.2.2015 ging der bekl AG die Kündigung des kl AN zum 31.7.2015 zu. Mit einem weiteren Schreiben vom 9.3.2015 begehrte er „aufgrund der Kündigung aus wichtigem Grund die ihm zustehende Abfertigung“, welche die bekl AG jedoch ablehnte.

Der kl AN brachte am 16.11.2015 Klage ein und begehrte die Abfertigungszahlung: Die für die Geltendmachung von Beendigungsansprüchen in § 51 Abs 6 Oö LVBG normierte Frist von sechs Monaten beziehe sich nicht auf Abfertigungsansprüche, diesbezüglich gelte die dreijährige Verjährungsfrist; zudem werde die Abfertigung erst bei Ende des Dienstverhältnisses fällig, so dass der Klagsanspruch jedenfalls rechtzeitig geltend gemacht worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren als verfristet ab, nach § 51 Abs 6 Oö LVBG sei der Klagsanspruch binnen sechs Monaten nach Ablauf des Tages des Zugangs der Beendigungserklärung gerichtlich geltend zu machen. Das Berufungsgericht gab der Berufung des kl AN Folge und hob das Ersturteil auf, der Wortlaut der Bestimmung erfordere keine gerichtliche Geltendmachung, ohne gegenteiligen Hinweis in der jeweiligen Verjäh-336rungs-/Verfallsregelung genüge bereits die außergerichtliche Geltendmachung. Es ließ den Rekurs an den OGH zur Frage zu, ob § 51 Abs 6 Oö LVBG zur Anspruchswahrung eine gerichtliche Geltendmachung binnen sechs Monaten ab Zugang der Beendigungserklärung verlange.

Nach dem OGH lässt die Bestimmung des § 51 Abs 6 Oö LVBG schon nach ihrem eindeutigen Wortlaut („Sämtliche Leistungs-, Feststellungs- und rechtsgestaltenden Begehren und Ansprüche aus dem Titel der Beendigung [...]“) keine Zweifel daran, dass hier weder nach der Art der Beendigung noch nach dem jeweiligen Anspruch differenziert werden soll, sondern die Geltendmachung aller Arten von Ansprüchen aus jeder Form der Beendigung eines Dienstverhältnisses einer einheitlichen Frist von sechs Monaten unterliegen soll. Das Anknüpfen des Fristbeginns an den Zugang der Beendigungserklärung, wie er in § 51 Abs 6 Oö LVBG vorgesehen ist, ist jedoch nur bei Entlassung oder vorzeitigem Austritt aus dem Arbeitsverhältnis sinnvoll, weil nur bei diesen Beendigungsformen das Dienstverhältnis auch in diesem Zeitpunkt endet und dann grundsätzlich auch die Fälligkeit der Beendigungsansprüche gegeben ist. Bei Ansprüchen, die erst nach der Auflösung des Dienstverhältnisses fällig werden, geht die Rsp davon aus, dass der Lauf der Ausschlussfrist erst mit dem Tage der Fälligkeit beginnt. Ein am bloßen Wortlaut orientiertes Verständnis des § 51 Abs 6 Oö LVBG hätte sonst zur Folge, dass ein Anspruch – etwa bei einer längeren als sechsmonatigen Kündigungsfrist – schon zu einem Zeitpunkt verjährt sein könnte, zu dem er noch nicht fällig war; dass der Landesgesetzgeber eine solche unsachliche Regelung beabsichtigt hätte, ist ihm nicht zu unterstellen.

Im vorliegenden Fall wurde die Kündigungserklärung mit 31.7.2015 wirksam, damit endete das Dienstverhältnis. Da der Abfertigungsanspruch erst zu diesem Zeitpunkt fällig war, konnte auch die Sechsmonatsfrist des § 51 Abs 6 Oö LVBG zu keinem früheren Zeitpunkt zu laufen beginnen. Die am 16.11.2015 erfolgte Klagseinbringung war daher jedenfalls fristwahrend, ohne dass es auf die Frage, ob die zur Anspruchswahrung gesetzlich vorgesehene Geltendmachung als gerichtliche oder außergerichtliche Geltendmachung zu verstehen ist, noch weiter ankommt.

Der OGH bestätigte im Ergebnis aber den Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts, weil vom Erstgericht noch zu prüfen ist, ob die von der Rsp entwickelten Voraussetzungen für eine abfertigungswahrende Eigenkündigung des kl AN vorliegen.