211Anspruchsberechtigung für Angehörige in der Krankenversicherung geht Schutzfrist vor
Anspruchsberechtigung für Angehörige in der Krankenversicherung geht Schutzfrist vor
§ 122 Abs 2 ASVG verlängert nicht eine aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gegebene Pflichtversicherung, sondern stellt sicher, dass unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen aus der KV eine gewisse Zeit nach Ablauf der Versicherung weitergewährt werden. Anspruchsberechtige nach § 122 Abs 2 ASVG sind nicht als krankenversichert anzusehen, was die Anwendung des § 123 Abs 1 ASVG und damit die Zusatzbeitragspflicht ausschließen würde.
Mit dem angefochtenen Bescheid verpflichtete die belangte Behörde den Revisionswerber einen Zusatzbeitrag für mitversicherte Angehörige gem § 51d ASVG für seine Ehefrau zu bezahlen. Die Behörde begründete ihre Entscheidung damit, dass die Ehegattin in den spruchgegenständlichen Zeiträumen keiner Krankenversicherungspflicht unterlegen sei und ihren Wohnsitz im Inland gehabt habe. Sie beziehe darüber hinaus weder Pflegegeld noch widme sie sich der Kindererziehung, was zu einer Befreiung von der Beitragspflicht geführt hätte; darüber hinaus sei das Kriterium der sozialen Schutzbedürftigkeit ebenso wenig erfüllt. Dem im Einspruch erhobenen Einwand, es läge eine KV nach § 122 Abs 2 ASVG vor, sei entgegenzuhalten, dass § 122 Abs 2 ASVG lediglich die Weitergewährung von Leistungen nach Beendigung einer KV ermögliche. Keinesfalls könne aber davon ausgegangen werden, dass die KV der Ehegattin nach wie vor aufrecht sei. Dem Einwand, die Aufzählung in § 51d ASVG sei nicht taxativ, könne ebenfalls nicht gefolgt werden. Darüber hinaus sei auch der Einwand, unverheiratete Personen wären gegenüber verheirateten bevorzugt, nicht berechtigt. Die Ehefrau erfülle daher die Angehörigeneigenschaft des § 123 Abs 2 ASVG.
Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den VfGH. Dieser lehnte mit Beschluss die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie gem Art 144 Abs 3 B-VG341 dem VwGH zur Entscheidung ab. Der VwGH hat die (Übergangs-)Revision als unbegründet abgewiesen.
„5 [Der Revisionswerber bringt vor,] Anspruchsberechtigte nach § 122 Abs 2 ASVG würden Leistungen wie beispielsweise Krankengeld oder Sachleistungen für den Versicherungsfall der Krankheit beziehen. Dementsprechend seien sie als krankenversichert anzusehen, was die Anwendung des § 123 Abs 1 ASVG und der Zusatzbeitragspflicht ausschließe.
6 Mit dieser Ansicht ist der Revisionswerber nicht im Recht, stellt doch der klare Wortlaut des § 122 Abs 2 ASVG auf Versicherungsfälle ab, die nach dem Ende der Versicherung und auch nicht vor dem auf das Ende der Versicherung nächstfolgenden Arbeitstag eingetreten sind. § 122 Abs 2 ASVG sieht somit als zwingende Voraussetzung dafür, dass – unter einschränkenden Bedingungen – Leistungen aus der Krankenversicherung gewährt werden können, das Ende des Versicherungsverhältnisses vor.
7 Dies trifft auf die Ehefrau des Revisionswerbers zu. […]
Anders als der Revisionswerber vermeint, verlängert § 122 Abs 2 ASVG jedoch nicht eine vormals aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses gegebene Pflichtversicherung, sondern stellt sicher, dass unter bestimmten Voraussetzungen Leistungen aus der Krankenversicherung eine gewisse Zeit nach Ablauf der Versicherung (gemäß § 122 Abs 2 Z 2 ASVG für sechs Wochen) weiter gewährt werden.
Aus dem Umstand, dass ein Anspruchsberechtigter gewisse Leistungen für eine begrenzte Zeit weiter erhält, folgt jedoch nicht, dass damit gleichzeitig die Versicherung selbst aufrecht erhalten wird.
§ 122 Abs 2 ASVG gewährt somit bloß eine beschränkte Anspruchsberechtigung aus der Krankenversicherung bzw einen Leistungsschutz, jedoch keine gesetzliche Krankenversicherung. Die Auffassung des Revisionswerbers, seine Frau sei im maßgeblichen Zeitraum gemäß § 122 Abs 2 Z 2 ASVG krankenversichert gewesen, ist daher von vornherein verfehlt.“
Gem § 123 Abs 1 ASVG haben Angehörige Anspruch auf Leistungen der KV, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben und wenn sie keiner anderen gesetzlichen KV unterliegen. Als Angehörige gelten gem § 123 Abs 2 Z 1 ASVG Ehegatten oder eingetragene Partner. LebensgefährtInnen gelten als Angehörige nach § 123 Abs 7a ASVG, wenn sie mit dem Versicherten seit mindestens zehn Monaten in Hausgemeinschaft leben und ihm/ihr seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führen. Für Angehörige ist gem § 51d ASVG vom Versicherten ein Zusatzbeitrag zu leisten. Ausnahmen von der Verpflichtung zur Leistung des Beitrags finden sich in § 51d Abs 3 ASVG; so ist kein Zusatzbeitrag für Personen gem § 123 Abs 2 Z 2 bis 6 (Kinder und Wahlkinder, Stiefkinder und Enkel, wenn sie mit dem Versicherten im gemeinsamen Haushalt leben, und Pflegekinder, wenn sie vom Versicherten unentgeltlich gepflegt werden oder das Pflegeverhältnis auf einer behördlichen Bewilligung beruht) zu leisten. Darüber hinaus ist auch dann kein Zusatzbeitrag zu bezahlen, wenn und solange sich Angehörige der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder widmen oder für mindestens vier Jahre der Kindererziehung gewidmet haben. Kein Beitrag ist auch dann zu leisten, wenn der betreffende Angehörige Pflegegeld (zumindest in Höhe der Stufe 3) bezieht. Bei Vorliegen besonderer sozialer Schutzbedürftigkeit kann von der Einhebung eines Zusatzbeitrages abgesehen oder dieser herabgesetzt werden.
Im gegenständlichen Fall brachte der Revisionswerber vor, dass die Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen als Angehörige nicht vorliegen, da die Ehefrau der KV nach § 122 Abs 2 ASVG unterliege (sogenannte Schutzfrist). § 122 Abs 2 ASVG sieht in bestimmten Fällen vor, dass Leistungen der KV auch für Versicherungsfälle, die nach dem Ende der Versicherung eintreten, zu gewähren sind. Vom VwGH wurde in der gegenständlichen Entscheidung das Verhältnis zwischen dem Anspruch des Versicherten nach § 122 Abs 2 ASVG und dem Anspruch als Angehöriger nach § 123 Abs 1 ASVG entschieden. Der VwGH begründet seine Entscheidung damit, dass Angehörige immer dann einen Anspruch auf Leistungen in der KV haben, wenn ihr gewöhnlicher Aufenthalt im Inland gelegen ist und keine gesetzliche KV vorliegt. Der VwGH folgt nicht der Rechtsansicht des Revisionswerbers, dass Anspruchsberechtigte nach § 122 Abs 2 ASVG Leistungen wie beispielsweise Krankengeld oder Sachleistungen für den Versicherungsfall der Krankheit beziehen können und daher als krankenversichert anzusehen sind, so dass die Mitversicherung als Angehörige gem § 123 Abs 1 ASVG und damit auch die Zusatzbeitragspflicht ausgeschlossen werden kann. Voraussetzung für den Anspruch nach § 122 Abs 2 ASVG ist nach Ansicht des VwGH gerade das Ende des Versicherungsverhältnisses. Nach Ansicht des VwGH verlängert daher § 122 Abs 2 ASVG nicht die Pflichtversicherung selbst, sondern stellt nur sicher, dass Leistungen aus der KV nach Ablauf der Versicherung für sechs Wochen weitergewährt werden. § 122 Abs 2 ASVG begründet daher keine gesetzliche KV, sondern nur einen Leistungs-342schutz. Der Revision wurde daher nicht gefolgt. Im Ergebnis wird festgehalten, dass sofern die Voraussetzungen für den Anspruch auf Leistungen als Angehöriger erfüllt sind, § 123 Abs 1 ASVG gegenüber § 122 Abs 2 leg cit als vorrangig zu betrachten ist.