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Duldung von Nebengeschäften im selben Gewerbe – Entlassung unberechtigt

MANFREDTINHOF
§ 82 lit e 2. Fall GewO 1859

Ein AN führte im Unternehmen seines AG, einer Autoreparaturwerkstatt, in seiner Freizeit mit Kleinmaterial des AG auf eigene Rechnung Reparaturen durch. Nachdem der Geschäftsführer des AG über mehrere Monate von der privaten Nutzung der Werkstatt durch den AN gewusst, aber nichts dagegen unternommen hatte, sprach er plötzlich die Entlassung aus.

Der OGH sah in der Beurteilung des Berufungsgerichts, dass der AN von einer Duldung seines Verhaltens durch den AG ausgehen durfte und der Entlassungstatbestand des § 82 lit e GewO 1859 (Anmerkung des Bearbeiters: Betreiben eines abträglichen Nebengeschäftes) nicht erfüllt sei, keinen Korrekturbedarf und wies die außerordentliche Revision des AG zurück.

Es ist nicht daran zu zweifeln, dass das Verhalten des AN einen Entlassungsgrund darstellt. Jedoch kann es dem Grundsatz von Treu und Glauben15 und der Fürsorgepflicht des AG widersprechen, wenn er zunächst längere Zeit hindurch ein tatbestandsmäßiges Verhalten des AN widerspruchslos hinnimmt, so dass der AN ein Einverständnis oder doch eine Gleichgültigkeit des AG annehmen kann, dieser aber dann dennoch eine Entlassung ausspricht. In einem solchen Fall muss er den AN vorher unter Hinweis auf arbeitsvertragliche Konsequenzen zu einem pflichtgemäßen Verhalten auffordern.