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Privatbeteiligtenanschluss verhindert nicht Verfall von Schadenersatzansprüchen des Arbeitgebers

MANFREDTINHOF
§ KollV für Handelsangestellte; § 1497 ABGB

Ein AN hat seiner AG nach deren Behauptungen durch verschiedene gerichtlich strafbare Handlungen (Veruntreuung von Bareinnahmen, Ausstellung von Scheinrechnungen ua) Schäden zugefügt. Der anzuwendende KollV für Handelsangestellte verlangt – soweit in diesem KollV nicht anders geregelt – zur Vermeidung des Verfalls die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit. Die AG hat den AN am 7.4.2011 entlassen, ihre Schadenersatzansprüche ihm gegenüber aber nie schriftlich geltend gemacht. Sie hat sich jedoch dem Strafverfahren gegen den AN als Privatbeteiligte angeschlossen, welches am 7.2.2013 eingestellt wurde. Am 4.4.2014 brachte die AN die gegenständliche Schadenersatzklage ein.

Der OGH wies die außerordentliche Revision der AG zurück. Die Vorinstanzen waren von einem Verfall der Schadenersatzansprüche gemäß KollV ausgegangen.

Die gegenständliche Verfallsklausel im KollV erfasst aufgrund ihres weit gefassten Wortlauts auch Schadenersatzansprüche der AG, die mit dem Arbeitsverhältnis in einem typischen Zusammenhang stehen, wobei es nicht auf die Verschuldensform (Vorsatz oder Fahrlässigkeit) ankommt. Das Arbeitsverhältnis war hier gerade nicht nur ein rein zufälliger Anlass für den von der AG geltend gemachten Schadenersatzanspruch, sondern der AN konnte die ihm vorgeworfenen Malversationen nur aufgrund seiner konkreten Tätigkeit bei der AG begehen.

Der Anschluss als Privatbeteiligter im Strafverfahren hat zwar die gleichen rechtlichen Wirkungen iSd § 1497 ABGB wie eine Klage. Dies bedeutet aber konsequenterweise nur, dass durch den Anschluss als Privatbeteiligter die Verfallsfrist vorerst unterbrochen wird, nicht aber auch, dass damit die Verfallsfrist letztlich eingehalten wurde. Im Privatbeteiligtenanschluss allein liegt im Anlassfall noch keine Geltendmachung von Ansprüchen iSd KollV. Die kollektivvertraglichen Voraussetzungen für die Einhaltung der Verfallsfrist müssen nämlich gewahrt werden: Diese verlangen von einem Anspruch stellenden AG weder einen Privatbeteiligtenanschluss noch andere spektakuläre Handlungen, sondern – nicht mehr, aber auch nicht weniger als – die dem AN gegenüber abgegebene bzw ihm zugegangene schriftliche Geltendmachung der Forderung dem Grunde nach.