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KollV für Arbeiter im holz- und kunststoffverarbeitenden Gewerbe: Zeiten des Beschäftigungsverbots nach §§ 3 und 5 MSchG sind als Beschäftigungszeiten anzusehen

MARGITMADER
§ 16 Z 3 lit a KollV für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe; §§ 3 und 5 MSchG; § 3 Abs 3 IESG

Die Kl war von 6.8.1990 bis 28.3.2015 als Arbeiterin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch vorzeitigen Austritt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Auf das Arbeitsverhältnis war der KollV für das holz- und kunststoffverarbeitende Gewerbe anzuwenden.

Die Kündigungsfristen sind in § 16 Z 3 lit a des genannten KollV wie folgt geregelt: „Wird eine Probezeit nicht vereinbart oder wird das Arbeitsverhältnis über die vereinbarte Probezeit hinaus fortgesetzt, so kann es nur unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einer Woche jeweils zum Ende einer Arbeitswoche aufgelöst werden. Nach einjähriger Beschäftigung erhöht sich die Kündigungsfrist auf zwei Wochen, nach fünfjähriger Beschäftigung auf drei Wochen, nach neunjähriger Beschäftigung auf sechs Wochen und nach zweiundzwanzigjähriger Beschäftigung auf neun Wochen.“

Die Kl bezog von 18.6. bis 6.11.2003 und von 8.4. bis 21.11.2008 Wochengeld. Unter Anrechnung der Zeiten ihres Wochengeldbezugs sowie von zehn Monaten ihrer Mutterschaftskarenz betrug ihre Beschäftigungszeit insgesamt über 22 Jahre.

Die Kl beantragte daher eine Kündigungsentschädigung unter Zugrundelegung der neunwöchigen Kündigungsfrist als Insolvenz-Entgelt bei der IEF-Service GmbH. Die Bekl sprach jedoch nur Insolvenz-Entgelt für die sechswöchige Kündigungsfrist zu und lehnte den Anspruch der Kl auf weitere Kündigungsentschädigung sowie aliquote Urlaubsersatzleistung mangels Erfüllung der für eine längere kollektivvertragliche Kündigungsfrist erforderlichen Mindestbeschäftigungszeit ab. Die IEF-Service GmbH begründete ihre Rechtsansicht damit, dass ein Normgeber denselben sprachlichen Ausdruck innerhalb eines Regelwerks gleich verstehe, er umgekehrt mit verschiedenen Ausdrücken in der Regel auch Verschiedenes meine. Sie leitet daraus im Anlassfall ab, dass Zeiten der „Betriebszugehörigkeit“, die die22 Schutzfristen nach dem MSchG einschließen würden, nicht mit Zeiten der „Beschäftigung“ iSd § 16 Z 3 lit a KollV gleichzusetzen seien.

Das Erstgericht gab dem gegen diesen Bescheid erhobenen Klagebegehren statt. Gem § 15f MSchG sei eine Karenzzeit im Höchstausmaß von zehn Monaten für die Dauer der Bemessung der Kündigungsfrist, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und auf das Urlaubsausmaß anzurechnen. Zeiten des Wochengeldbezugs aufgrund eines zwingenden Beschäftigungsverbots nach §§ 3 ff MSchG seien dagegen mangels einer vergleichbaren Sonderregelung zur Gänze auf die Beschäftigungszeit anzurechnen.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Bekl keine Folge und erklärte die ordentliche Revision für zulässig.

Der OGH bestätigte die Ansicht des Berufungsgerichts, dass der KollV die strittigen Begriffe keineswegs – und schon gar nicht in der von der Bekl unterstellten Klarheit – trennt. So regelt § 15 Z 2 lit a KollV die gleichfalls von der Beschäftigungsdauer abhängige Berechnung der Weihnachtsremuneration dahingehend, dass „für Arbeitnehmer, die mindestens 1 Jahr im Betrieb beschäftigt sind, 3,5 Wochenlöhne“, und „für Arbeitnehmer nach einer Betriebszugehörigkeit von vollen 5 Jahren 4 Wochenlöhne“ gebühren; der gleiche Wechsel in den Begriffen findet sich auch in den folgenden Absätzen. Hätten die Kollektivvertragsparteien diese Begriffe nicht synonym verwenden wollen, sondern tatsächlich unter einem Jahr „beschäftigt sein“ etwas anderes verstanden als unter einem Jahr der „Betriebszugehörigkeit“ oder der „Dienstzeit“, hätten sie den Unterschied zur Verdeutlichung für die Normunterworfenen wohl entsprechend präzise definiert.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass in die Beschäftigungszeiten nach § 16 Z 3 lit a des KollV für Arbeiter im holz- und kunststoffverarbeitenden Gewerbe zur Berechnung der Kündigungsfrist auch Zeiten des Beschäftigungsverbots nach §§ 3 und 5 MSchG einzurechnen sind. Die Revision der Bekl wurde daher zurückgewiesen.