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Kollektivvertrag für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung: Anspruch auf aliquoten Urlaubszuschuss bei unberechtigtem vorzeitigen Austritt

MARTINACHLESTIL
§ Abschnitt XVI Pkt 5 und 6 KVAÜ

Der Kl war von 27.4. bis 21.7.2015 als Leiharbeiter bei der Bekl vollzeitbeschäftigt, das Arbeitsverhältnis endete durch unberechtigten vorzeitigen Austritt. Auf das Arbeitsverhältnis war der KollV für das Gewerbe der Arbeitskräfteüberlassung (KVAÜ) anzuwenden. Mit der Lohnabrechnung Juni 2015 erhielt der Kl den Urlaubszuschuss für den Zeitraum 27.4. bis 31.12.2015. Mit der Endabrechnung wurde der Urlaubszuschuss von der Bekl mit den offenen Entgeltforderungen des Kl aufgerechnet, den Urlaubszuschuss für zwei konsumierte Urlaubstage bekam der Kl bezahlt.

Der KVAÜ sieht hinsichtlich des Urlaubszuschusses vor, dass dieser grundsätzlich bei Urlaubsantritt, spätestens jedoch mit der Juniabrechnung fällig ist. Nach Abschnitt XVI Pkt 5 KVAÜ haben AN, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubes und Erhalt des Urlaubszuschusses, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahres endet, den auf den restlichen Teil des Kalenderjahres entfallenden Anteil des Urlaubszuschusses zurückzuzahlen, wobei die Rückzahlungsverpflichtung auf den noch nicht verbrauchten Teil des Urlaubs eingeschränkt ist. Pkt 6 sieht schließlich für AN, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch des Urlaubs endet, einen aliquoten Anspruch auf den Urlaubszuschuss vor. Dieser Anspruch entfällt bei Entlassung aus Verschulden des AN sowie bei Austritt ohne wichtigen Grund.

Einigkeit zwischen den Parteien besteht darüber, dass die Bekl den für den Zeitraum 22.7. bis 31.12.2015 – also nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses – aliquot berechneten Urlaubszuschuss zu Recht zurückgefordert hat. Mit seiner Klage begehrt der Kl den für den Zeitraum des aufrechten Arbeitsverhältnisses von 27.4. bis 21.7.2015 gebührenden Urlaubszuschuss.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren statt. Der OGH schloss sich im Ergebnis dem Berufungsgericht an, die ordentliche Revision der Bekl sei zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach seinem eindeutigen Wortlaut gilt Pkt 5 des Abschnitts XVI KVAÜ für AN, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs und Erhalt des Urlaubszuschusses endet, während Pkt 6 jene AN erfasst, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet. Pkt 5 regelt auch den nur teilweisen Urlaubsverbrauch; Pkt 6 gilt für den Fall, dass gar kein Urlaub verbraucht wurde. Die Kollektivvertragsparteien haben bewusst diese Differenzierung vorgenommen, wonach der Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses (der der im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit entspricht) bei Entlassung aus Verschulden des AN und Austritt ohne wichtigen Grund nur hinsichtlich jener AN entfällt, deren Arbeitsverhältnis vor Verbrauch eines Urlaubs endet. Für AN, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs(teiles) und Erhalt des Urlaubszuschusses endet (Abschnit XVI Pkt 5 KVAÜ), findet sich hingegen keine Regelung, die den grundsätzlichen Anspruch des AN auf den der zurückgelegten Dienstzeit entsprechenden Urlaubszuschuss bei bestimmten schädlichen Beendigungsarten wieder entfallen lässt.

Zusammengefasst haben AN iSd Abschnitts XVI Pkt 5 des KVAÜ, deren Arbeitsverhältnis nach Verbrauch eines Urlaubs(teiles) und Erhalt des Urlaubszuschusses, jedoch vor Ablauf des Kalenderjahres endet, auch dann Anspruch auf den aliquoten Teil des Urlaubszuschusses entsprechend ihrer jeweils im Kalenderjahr zurückgelegten Dienstzeit (je Woche 1/52), wenn das Arbeitsverhältnis wie im vorliegenden Fall durch Austritt ohne wichtigen Grund beendet wurde.