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Keine Rückforderung des Arbeitslosengeldes bei entschuldbarem Rechtsirrtum

BIRGITSDOUTZ

Einer Arbeitslosen wurde durch das Arbeitsmarktservice (AMS) am 30.6.2014 Arbeitslosengeld zuerkannt. Bei einem Kontrolltermin am 7.8.2014 teilte die Arbeitslose dem AMS (wie auch schon anlässlich der Antragstellung) mit, dass sie einer geringfügigen Beschäftigung nachgehe und ab September 2014 eine Aufstockung auf 30 Stunden in Aussicht habe. Im Zuge der jährlichen Bestandsprüfung erlangte das AMS am 4.7.2015 Kenntnis darüber, dass die Arbeitslose bereits seit 26.6.2014 in einem vollversicherten Dienstverhältnis stand. Bei der niederschriftlichen Einvernahme am 23.9.2014 teilte die Arbeitslose mit, dass sie ab 26.6.2014 einem geringfügigen Dienstverhältnis nachgegangen sei und erst seit 1.9.2014 in einem vollversicherten Dienstverhältnis stehe. Mit Bescheid vom 19.10.2015 wurde der Leistungsbezug für den Zeitraum 30.6. bis 31.8.2014 widerrufen und die Beschwerdeführerin gem § 25 Abs 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes verpflichtet.

In der dagegen eingebrachten Beschwerde führte die Arbeitslose aus, dass sie im Zeitraum 30.6. bis 31.8.2014 nur ein geringfügiges Dienstverhältnis vereinbart und dieses dem AMS auch gemeldet hätte. Die Vollzeitbeschäftigung hätte laut ihren Kenntnissen erst ab 1.9.2014 begonnen. Erst im Zuge des Verfahrens habe sie erfahren, dass es laut DG (trotz ursprünglicher Vereinbarung einer geringfügigen Beschäftigung) schon ab 26.6.2014 zu einer Vollversicherung gekommen sei, weil ihr nach dem KollV ein höherer Stundenlohn zugestanden sei und ausbezahlt wurde. Sie hätte aufgrund des ausbezahlten Nettobetrages (in der Höhe von € 439,48 brutto bzw € 373, 24 monatlich) auch nicht erkennen können, dass die Geringfügigkeitsgrenze überschritten worden sei und sich dadurch ein vollversichertes Dienstverhältnis ergeben habe.

Das BVwG gab der Beschwerde statt und hob den angefochtenen Bescheid mit der Begründung auf, dass der Arbeitslosen aufgrund der geringfügigen Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze (um € 44,17) nicht bewusst war und sie auch nicht erkennen musste, dass sie die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hat und ihr das Arbeitslosengeld nicht gebührte. Das BVwG führte dazu weiters aus, dass die Arbeitslose, die das bestehende Beschäftigungsverhältnis gegenüber dem AMS von Anfang an offengelegt hat, zu keinem Zeitpunkt „schlechtgläubig“ war, so dass sie aus diesem Grund schutzwürdig und der ihr vorhaltbare Sorgfaltsmaßstab entsprechend anzupassen sei. Die Arbeitslose befand sich in einem Rechtsirrtum, der allerdings entschuldbar war, weil sie die Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens nicht einsehen konnte, so dass die Rückforderung des Arbeitslosengeldes nicht zu Recht erfolgte.