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Unterschiedliche Höhe des Überweisungsbetrags für Männer und Frauen nicht verfassungswidrig

MONIKAWEISSENSTEINER

Eine Vertragsbedienstete wurde in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis zum Land Tirol aufgenommen. Das Land Tirol stellte daraufhin als DG bei der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) den Antrag, ihm für die beteiligte Partei gem § 308 ASVG einen Überweisungsbetrag zu leisten. Diesem Antrag gab die PVA mit Bescheid vom 20.10.2010 statt und erkannte dem Land Tirol einen Überweisungsbetrag iHv € 10.538,04 zu. Dabei zog sie als Berechnungsgrundlage die in § 308 Abs 6 ASVG normierten Prozentsätze heran. Dagegen erhob das Land Tirol Einspruch und brachte vor, dass bei der Berechnung des Überweisungsbetrages unsachlich zwischen Frauen und Männern differenziert worden sei, weil sich der Bescheid auf die „verfassungs- und europarechtswidrige“ Bestimmung des § 308 Abs 6 ASVG gestützt habe.

Diese Vorschrift knüpfe für die Berechnung des Überweisungsbetrages an unterschiedliche Prozentsätze an, je nachdem, ob eine Frau oder ein Mann in ein pensionsversicherungsfreies Dienstverhältnis zum Land übernommen würde. Da die Prozentsätze für Frauen niedriger seien, habe das zur Konsequenz, dass der Überweisungsbetrag bei weiblichen Angestellten immer niedriger als bei männlichen Angestellten in vergleichbaren Positionen und mit einem identen Einkommen bzw Versicherungsverlauf sei. Dies widerspreche nicht nur tatsächlichen Gegebenheiten, sondern diskriminiere weibliche DN zumindest auch mittelbar.42

Das BVwG hatte die Beschwerde des Landes Tirol gegen die Berechnung des Überweisungsbetrags unter Bezugnahme auf ein Erk des VwGH abgewiesen. Mit Urteil vom 24.2.2016 hatte der VwGH in einem gleich gelagerten Sachverhalt entschieden, dass die unterschiedliche Höhe des Überweisungsbetrags nicht europarechtswidrig ist (VwGH2013/08/0125DRdA-infas 2016/4, 225 [Weißensteiner]).

Gegen dieses Erk des BVwG erhob das Land Tirol Beschwerde an den VfGH gem Art 144 B-VG. Der VfGH stellt klar, dass im Gesetzesprüfungsverfahren gem Art 140 B-VG die genannten Normen des europäischen Sekundärrechts kein Prüfungsmaßstab sind. Diese Frage wäre ebenso von den Verwaltungsgerichten zu entscheiden wie die davor liegende Frage, ob ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zu richten ist. Zu den verfassungsrechtlichen Bedenken wegen Verletzung des Gleichheitssatzes wird Folgendes ausgeführt: Dem Gesetzgeber steht in der Frage, ob und in welcher Höhe im Zusammenhang mit der Anrechnung von Versicherungszeiten an eine Gebietskörperschaft ein Überweisungsbetrag zu leisten ist, ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Ob die Berechnung nach dem tatsächlichen Einkommen oder nach einem Durchschnittseinkommen bemessen wird, liegt ebenso im gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum. Die Regelung muss nur sachlich sein. Bei einer pauschalierenden Heranziehung unterschiedlicher Durchschnittswerte von Einkommen für bestimmte Gruppen müssen diese aus entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ableitbar sein. Die seit der 29. Novelle zum ASVG bestehende pauschalierende Variante ist auch heute nicht unsachlich, da auch derzeit in den maßgeblichen Durchschnittseinkünften zwischen Männern und Frauen – wie auch die sozialstatistischen Auswertungen der Statistik Austria zeigen – noch keine Angleichung besteht. Der Hinweis der Beschwerde auf die Änderung von § 311 ASVG kann daran nichts ändern. Diese Bestimmung betrifft den umgekehrten Vorgang (das Ausscheiden aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis) und ist somit nicht ohne Weiteres vergleichbar. Ein Ausscheiden aus einem pensionsversicherungsfreien Dienstverhältnis erfolgt in der Regel wesentlich später in der Berufslaufbahn und ist im Allgemeinen mit der Übertragung beträchtlich höherer und relativ zeitnah zu realisierender Pensionsansprüche in der Zahlungslast der gesetzlichen PV verbunden.

§ 308 Abs 6 ist daher nicht verfassungswidrig und die Beschwerde abzuweisen.