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Anmeldung zur Sozialversicherung durch den Dienstgeber nicht als „schriftliche Angabe des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger“ iSd § 358 ASVG zu werten

MURATIZGI

Mit Bescheid vom 27.3.2015 lehnte die Pensionsversicherungsanstalt (PVA) den Antrag des Kl auf Gewährung der Alterspension ab 1.1.2015 mit der Begründung ab, dass er ausgehend von seinem Geburtsdatum am 1.7.1956 das Regelpensionsalter von 65 Lebensjahren zum Stichtag nicht erfülle. Der in der Türkei geborene Kl nahm erstmals im November 1986 eine pflichtversicherte Erwerbstätigkeit in Österreich auf. Die Erstanmeldung zur SV erfolgte bei der Burgenländischen Gebietskrankenkasse am 3.11.1986 (in Papierform) und danach erstmalig elektronisch am 26.7.2004. Es handelte sich um DG-Anmeldungen, bei welchen jeweils das Geburtsdatum mit 1.1.1956 angegeben war. Beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger wurde das amtliche Geburtsdatum mit 1.1.1956 gesetzt und dazu die Sozialversicherungsnummer vergeben. Mit Urteil des türkischen Zivilgerichtes vom 26.1.2010 wurde das Geburtsdatum des Kl mit 1.1.1950 festgestellt. Am 15.7.2010 sprach der Kl bei der PVA zwecks Korrektur der Versicherungsnummer vor. Eine Berichtigung des Geburtsdatums wurde mit Schreiben der PVA vom 1.9.2010 unter Berufung auf § 358 ASVG abgelehnt. Nach dieser Bestimmung darf vom Grundsatz, dass für die Feststellung des Geburtsdatums des Versicherten die erste schriftliche Angabe des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger heranzuziehen ist, nur abgewichen werden, wenn entweder ein offensichtlicher Schreibfehler vorliegt oder sich aus einer Urkunde, deren Original vor dem Zeitpunkt der ersten Angabe des Versicherten an den Versicherungsträger ausgestellt worden ist, ein anderes Geburtsdatum ergibt.

Die gegen den Bescheid vom 27.3.2015 erhobene Klage wurde von den Unterinstanzen abgewiesen. Der OGH erachtete die ordentliche Revision des Kl als zulässig und iSd eventualiter gestellten Aufhebungsantrags auch für berechtigt.

Zentrale Rechtsfrage war in diesem Verfahren, ob die Angabe eines Versicherten gegenüber seinem AG zwecks Anmeldung zur SV als „erste schriftliche Angaben gegenüber dem Versicherungsträger“ iSd § 358 ASVG gewertet werden kann. Die teilweise in der Literatur vertretene Ansicht, dass die Angabe des AG als gesetzlicher „Bote“ des DN gegenüber der SV genüge, hat der OGH bereits in der E vom 8.6.2004, 10 ObS 200/03i, abgelehnt.43Von dieser Rsp abzugehen, sah sich der OGH im nun vorliegenden Fall nicht veranlasst.

Das ASVG sieht eine An- und Abmeldepflicht des DG für jede von ihm beschäftigte, nach dem ASVG pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger vor (§ 33 Abs 1 ASVG). Der DN selbst ist zur Erstattung der Meldung nur ausnahmsweise verpflichtet (§ 35 Abs 4 ASVG), nämlich bei Exterritorialität des DG oder Fehlen einer inländischen Betriebsstätte.

In der Regel wird daher die Meldung des Geburtsdatums des DN gegenüber dem Krankenversicherungsträger häufig durch den DG erfolgen. Da diese Situation dem Gesetzgeber bei Einfügung des § 358 ASVG mit der 59. ASVG-Novelle, BGBl I 2002/1, bekannt war, spricht dies nach Ansicht des OGH deutlich dafür, dass nicht die Angaben des Versicherten gegenüber seinem DG als maßgeblich anzusehen sind, sondern die erste schriftliche Angabe des Versicherten (direkt) gegenüber dem Versicherungsträger. Die in den DG-Meldungen aus den Jahren 1986 und 2004 enthaltenen Angaben zum Geburtsdatum des Kl seien daher nicht als „erste schriftliche Angabe des Versicherten gegenüber dem Versicherungsträger“ iSd § 358 ASVG anzusehen. Da die von den Sozialversicherungsträgern erfassten Daten nicht die Qualität von Personenstandsdaten haben, spiele auch das in der für den Kl erstellten Versicherungsnummer enthaltene Geburtsdatum 1956 für die Klärung des Geburtsdatums nach § 358 ASVG keine Rolle.

Von dieser Rechtsansicht ausgehend war die Rechtssache aber noch nicht entscheidungsreif, da der Kl zuvor bei der PVA bereits zweimal die Invaliditätspension beantragt und gegen die jeweils abschlägigen Bescheide Klage beim Arbeits- und Sozialgericht Wien erhoben hatte. Im Zeitpunkt der Entscheidung des OGH stand noch nicht fest, ob bzw welches Geburtsdatum der Kl bei diesen Antragstellungen oder allenfalls in weiteren an die PVA gerichteten Schreiben angegeben hatte. Das Erstgericht wird deshalb im fortzusetzenden Verfahren mit den Parteien die Frage der im Zuge dieser Antragstellungen zum Geburtsdatum gemachten Angaben zu erörtern haben.