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Bildungsteilzeitgeld steht dem Bezug von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld nicht entgegen

MURATIZGI

Die Kl hatte mit ihrer AG für den Zeitraum von 1.10.2013 bis 31.3.2015 Bildungsteilzeit mit einer Reduktion des wöchentlichen Stundenausmaßes von 38,5 auf 28,5 Stunden vereinbart. Während des Zeitraums der Bildungsteilzeit erhielt die Kl vom Arbeitsmarktservice Bildungsteilzeitgeld in der Höhe von € 7,60 täglich. Ab 12.6.2015 bezog die Kl von der Bekl Wochengeld. Ihre Tochter wurde am 7.8.2015 geboren. Die Bekl lehnte die Gewährung von Kinderbetreuungsgeld mit der Begründung ab, dass der vorherige Bezug von Bildungsteilzeitgeld als Leistung aus der AlV einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens verhindere. Das Erstgericht wies die dagegen erhobene, auf Gewährung von Kinderbetreuungsgeld gerichtete Klage ab. Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren dem Grunde nach statt und sprach eine vorläufige Zahlung zu. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl mangels einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurück.

Der OGH hat sich bereits in der E vom 22.2.2016, 10 ObS 153/15w, ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob der Bezug von Bildungsteilzeitgeld die negative Anspruchsvoraussetzung des § 24 Abs 1 Z 2 KBGG (kein Bezug einer Leistung aus der AlV in den letzten sechs Monaten unmittelbar vor der Geburt des Kindes) erfüllt, und ist unter Bezugnahme auf die Gesetzesmaterialien zu dem Ergebnis gelangt, dass Bildungsteilzeitgeld dem Bezug von einkommensabhängigem Kinderbetreuungsgeld nicht entgegensteht. Mit der Novelle des KBGG durch das Bundesgesetz (BG) BGBl I 2016/53 wurde § 24 Abs 1 Z 2 KBGG dahin geändert, dass die Wortfolge „6 Monate[n]“ durch „182 Kalendertage[n]“ ersetzt wird. Die Bekl stützt ihre Rechtsansicht im Wesentlichen auf die Gesetzesmaterialien zu diesem BG. Darin werde eindeutig klargestellt, dass der vorherige Bezug von Bildungsteilzeitgeld einen Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld als Ersatz des Erwerbseinkommens verhindere.

Dem wird nun vom OGH entgegengehalten, dass er in der E vom 22.2.2016, 10 ObS 153/15w, § 24 Abs 1 Z 2 KBGG teleologisch reduziert hat. Diesem Ergebnis könnte der Gesetzgeber mit einer authentischen Interpretation entgegentreten, nicht jedoch bloß mit einer anderslautenden Erklärung in späteren Gesetzesmaterialien. Eine authentische Interpretation iSd § 8 ABGB durch den Gesetzgeber ist, wie die Bekl in der Revision selbst einräumt, durch die nachfolgende Novelle zum KBGG nicht erfolgt. Bloße Äußerungen in den Erläuterungen im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens sind keine authentische Interpretation durch den Gesetzgeber. Eine Aussage über die authentische Interpretation muss demnach, auch wenn sie schlüssig erfolgt, stets (zumindest auch) im kundgemachten Text des „erklärenden Gesetzes“ enthalten sein. Daher sieht der OGH keinen Anlass, von der ausführlich begründeten Ansicht in der E 10 ObS 153/15w abzugehen, dass der Bezug von Bildungsteilzeitgeld den Anspruch auf einkommensabhängiges Kinderbetreuungsgeld nicht ausschließt.46