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Mündliche Kündigung des Dienstvertrages in der Gerichtsverhandlung erfüllt nicht vertraglich vereinbartes Schriftlichkeitsgebot

MARTINACHLESTIL

Im Dienstvertrag des kl AN wurde die Vereinbarung getroffen, dass eine Kündigung des Dienstverhältnisses in jedem Fall der Schriftform bedarf. Im vorliegenden Fall wurde die Kündigung in einem gerichtlichen Verfahren vom Vertreter der bekl AG während der Tagsatzung mündlich vorgebracht. Die Aufzeichnung des Protokolls erfolgte durch einen Schallträger und am Ende der Tagsatzung wurde von den Streitteilen nur das Protokollformular unterzeichnet. Da damit das Vollschriftprotokoll – und mit diesem die mündlich vorgetragene Kündigung – aber nicht in Schriftform vorhanden war, lag von der bekl AG keine in Textform erklärte Kündigung und keine darunter gesetzte Unterschrift vor; das im Nachhinein auch dem kl AN zugesandte Vollschriftprotokoll wiederum enthielt keine Unterschrift der bekl AG. Der kl AN verweist auf die Formunwirksamkeit der Kündigung und begehrt die Feststellung des aufrechten Dienstverhältnisses.

Die Vorinstanzen stützten sich auf die Rsp zum Prozessvergleich und erachteten das Schriftformerfordernis als erfüllt: Gerichtliche Vergleiche, die im Rahmen einer Verhandlung nicht sogleich schriftlich im Volltext festgehalten und unterzeichnet würden, erfüllten dennoch das Schriftlichkeitsgebot, wenn der eigentliche Inhalt der Verhandlung, insb auch der Vergleichstext, nur mittels Schallträger erfasst würde, sodann das Verhandlungsprotokoll von den Parteien/ihren Vertretern eigenhändig unterfertigt und im Weiteren eine vom Richter unterzeichnete Protokollabschrift den Vergleichsparteien übermittelt würde. Nach dem OGH ist diese vor dem Hintergrund der Verhandlungs- und Protokollierungssituation vor Gericht ergangene Rsp zur Frage der Formwirksamkeit eines Prozessvergleichs jedoch nicht auf das vertraglich vereinbarte Formgebot für eine Kündigung übertragbar: Da die Vertragsparteien für die Kündigung bei Abschluss des Dienstvertrags ausdrücklich die Schriftform vereinbart hatten, bestehen keine Anhaltspunkte, dass auch die anlässlich einer Tagsatzung erfolgte Protokollierung einer mündlichen Kündigung dem Parteiwillen entspricht und daher vereinbarungskonform ist. Laut OGH ist dies den Parteien auch nicht ohne weiteres zu unterstellen, haben sie ihren Vertragswillen doch fernab einer jeglichen gerichtlichen Verhandlungssituation gebildet. Die bekl AG behauptet auch nicht, dass die gerichtliche Protokollierung einer mündlichen Kündigung der Vorstellung der Streitteile zur Schriftlichkeit entsprochen hätte. Schließlich gibt es keinen Grund zur Annahme, dass der kl AN mit der Unterzeichnung des Protokollformulars auf die Einhaltung des vertraglichen Formgebots verzichten hätte wollen. Das Erfordernis der Schriftlichkeit in der Bedeutung des § 886 Satz 1 ABGB ist danach nicht erfüllt.10