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Berechtigte Entlassung wegen Vertrauensunwürdigkeit knapp vor Ende der Kündigungsfrist

MANFREDTINHOF
§ 27 Z 1 letzter Fall AngG

Ein beim nun bekl Versicherungsunternehmen beschäftigter Außendienstmitarbeiter kündigte sein Arbeitsverhältnis zum 15.8.2014 auf. Ab 10.7.2014 war er dienstfrei gestellt. Dem Wunsch, seinen Kundenstock mitnehmen zu dürfen, kam die AG nicht nach. Vielmehr wies sie den AN unter Androhung dienstrechtlicher Konsequenzen ausdrücklich darauf hin, dass er keinen Kontakt mehr zu seinen Kunden suchen dürfe.

Am 6.8.2014 versendete der AN an 219 seiner 600 Kunden bei der AG ein Schreiben, in dem er erklärte, ab 16.8.2014 in der Versicherungsagentur seiner Familie tätig zu sein. Er könne dann wegen der Kooperation mit verschiedenen Versicherungsunternehmen künftig noch flexibler für den Kunden agieren und werde sich beim Kunden melden, um einen persönlichen Termin zu vereinbaren. Daraufhin wurde der AN am 13.8.2014, also zwei Tage vor Ablauf der Kündigungsfrist, wegen Vertrauensunwürdigkeit entlassen.

Der OGH hielt die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der AG sei wegen der gravierenden Treuepflichtverletzung des AN eine Weiterbeschäftigung auch nur für den Rest der schon im Lauf befindlichen Kündigungsfrist nicht mehr zumutbar gewesen, nach der Lage des Falls für vertretbar und wies die außerordentliche Revision des AN zurück.

Für eine Vertrauensverwirkung und die Annahme der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung kommt es weder auf die Dauer der noch zur Verfügung stehenden Kündigungsfrist im Einzelfall an, noch darauf, ob der AN in Zukunft noch Gelegenheit hätte, die dienstlichen Interessen neuerlich zu verletzen. Jeder gerechtfertigten Entlassung ist immanent, dass dem AG die Weiterbeschäftigung des AN wegen des Entlassungsgrundes so unzumutbar geworden ist, dass eine sofortige Abhilfe erforderlich wird.11