62KollV für Bauindustrie und Baugewerbe: Bei entsprechender Tätigkeit Anspruch auf Fassaderlohn auch für Maurer ohne Lehrabschluss
KollV für Bauindustrie und Baugewerbe: Bei entsprechender Tätigkeit Anspruch auf Fassaderlohn auch für Maurer ohne Lehrabschluss
Ein AN wurde von der AG als Fassader aufgenommen und verrichtete auch tatsächlich Fassadertätigkeiten. Auf das Dienstverhältnis war der KollV für Arbeiter in Bauindustrie und Baugewerbe (in Folge: KollV) anzuwenden. Der AN hat keinen österreichischen Lehrabschluss als Maurer vorzuweisen. Er erhielt den Lohn für Facharbeiter (Maurer), begehrte jedoch den erhöhten Lohn als Fassader nach dem Zusatz-KollV für Spezialisten.
Nachdem das Erstgericht der Klage noch stattgegeben hatte, wies das Berufungsgericht das Klagebegehren ab. Der OGH gab der Revision des AN Folge und stellte die erstinstanzliche Entscheidung wieder her.
Die Entlohnung hat sich nach dem im vorliegenden Fall zu beurteilenden KollV nach der Tätigkeit zu richten, für die der AN aufgenommen wurde, unabhängig von dessen Qualifikation („Einstelllohn“). Der Zusatz-KollV sieht für Maurer, die mit Arbeiten an Fassaden beschäftigt sind, einen gegenüber dem Facharbeiterlohn erhöhten Stundenlohn vor. Betrachtet man diese Regelung im systematischen Gesamtzusammenhang mit dem Rahmen-KollV, lässt sich kein nachvollziehbarer Grund erkennen, warum gerade für die im Zusatz-KollV genannten Arbeiten von der Grundregel abgewichen werden sollte, dass derjenige, der als Facharbeiter aufgenommen wurde oder die entsprechende Facharbeitertätigkeit verrichtet, auch die entsprechende Entlohnung erhalten soll. Andernfalls hätte dies zur Konsequenz, dass der AN, ohne einen Lehrabschluss als Maurer zu haben, zwar den Facharbeiterlohn als Maurer erhält, weil er als Fassader Maurerarbeiten verrichtet, aber nicht den Lohn als Fassader, weil er nicht Maurer ist.
Es erscheint überzeugender, dass die Kollektivvertragsparteien durch die erhöhten Stundensätze die Erschwernisse, die mit bestimmten Arbeiten etwa im Hinblick auf Konzentration und Ausführungsgenauigkeit verbunden sind, honorieren wollten, nicht eine bestimmte Qualifikation. Der im Zusatz-KollV verwendete Begriff „Maurer“ verdeutlicht in diesem Kontext nur, dass Personen, die als Maurer eingestellt wurden und zu den im Zusatz-KollV genannten Arbeiten herangezogen werden, Anspruch auf eine Entlohnung nach dem Zusatz-KollV haben. Da der AN als „Fassader“ und damit grundsätzlich für die Facharbeitertätigkeit eines Maurers eingestellt wurde und solche Arbeiten auch verrichtete, hat er Anspruch auf eine Entlohnung nach dem Zusatz-KollV.