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Pensionsteilung zwischen Ehegatten nach BSVG ist nicht verfassungswidrig

MONIKAWEIßENSTEINER

Der VfGH hatte im vorliegenden Verfahren über einen auf Art 140 B-VG (Bundes-Verfassungsgesetz) gestützten Antrag des OGH zu entscheiden. Dem Kl des Anlassverfahrens wurde von der Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) ab 1.10.2013 eine Erwerbsunfähigkeitspension in Höhe von € 1.059, 36 zuerkannt.

Mit Bescheid vom 2.12.2014 wurde ausgesprochen, dass die Pension des Kl über Antrag der Ehegattin gem § 71 Abs 4 BSVG (Bauern-Sozialversicherungsgesetz) geteilt ausbezahlt werde und der Auszahlungsanspruch des Kl nun € 515,96 betrage. Gem § 71 Abs 4 BSVG kann die „Pensionsteilung“ vom Ehegatten beantragt werde, wenn der Betrieb mindestens 120 Kalendermonate auf gemeinsame Rechnung und Gefahr geführt wurde. Der Kl brachte im Verfahren vor, das Begehren auf geteilte Auszahlung bestehe nicht zu Recht, weil seine Gattin ohnehin gem § 2a BSVG pflichtversichert gewesen sei und einen eigenen Pensionsanspruch erworben habe.

Der OGH stellte den Gesetzesprüfungsantrag wegen gleichheitsrechtlicher Bedenken und sieht in einer Konstellation wie der vorliegenden einen verfassungswidrigen Eingriff in das Eigentumsrecht des Kl. Die Bestimmung führe einseitig zu Lasten des zeitlich früher pensionsberechtigten Ehegatten dazu, dass der andere an dessen Pension teilhaben kann, obwohl die gemeinsame Betriebsführung oder die hauptberufliche Mitarbeit bereits zu einer Teilung der Beitragsgrundlage und damit zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage der Pension führte. Der früher pensionsberechtigte Ehegatte hat hingegen keinen Anspruch auf Auszahlung der Hälfte der Bauernpension des anderen Ehegatten.111

Der VfGH teilt diese Bedenken nicht: Die Bestimmung ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes nicht zu beanstanden. § 71 Abs 4 BSVG hatte ursprünglich die Funktion, erwerbslosen Bäuerinnen, die trotz gemeinsamer Betriebsführung nicht pflichtversichert waren, den fehlenden Pensionsanspruch zu ersetzen. Seit 1991 sind die mitarbeitenden Ehegattinnen ebenfalls pflichtversichert in der PV. Es gibt allerdings „Übergangsfälle“, die 1991 älter als 45 Jahre waren und von der Befreiung von der Pflichtversicherung Gebrauch gemacht haben (und somit immer noch keinen eigenen Pensionsanspruch haben). Diese Gruppe stellt die größte Zahl der „Pensionsteilungsfälle“ dar. Es ist aber auch nicht verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber die Pensionsteilung nicht auf diese Übergangsfälle beschränkt hat. Es gibt eine geringe Anzahl von Neufällen pro Jahr, die nicht auf die Übergangsbestimmung zurückzuführen sind. In allen Fällen wurden die Erträge aus dem landwirtschaftlichen Betrieb und damit auch die Aufwendungen für die Beiträge zur PV zumindest durch zehn Jahre durch beide Ehegatten gemeinsam erwirtschaftet. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber für die zehn Jahre Arbeitsleistung im gemeinsamen Betrieb einen Anspruch auf die Pension des anderen Ehegatten ableitet. Auf Grund der gesetzlichen Voraussetzungen kommt die erworbene Pensionsversorgung nach der Betriebsaufgabe zunächst nur einem Ehegatten zu (in dessen Interesse somit die Betriebsaufgabe liegt). Überdies darf der andere Ehegatte keine andere pensionsversicherungspflichtige oder pensionsversicherungsfreie Erwerbstätigkeit ausüben und noch keinen eigenen Pensionsanspruch aus der gemeinsamen Bewirtschaftung haben. Die geteilte Auszahlung hat die erkennbare Funktion als Überbrückungshilfe für Zeiten der Arbeitslosigkeit zu dienen und stellt eine Abgeltung der langjährigen Mitarbeit dar, weshalb die Regelung weiterhin sachlich gerechtfertigt ist, auch wenn die ursprüngliche sozialpolitische Funktion in der seinerzeitigen Intensität nicht mehr gegeben ist.

Im Hinblick auf die dargelegten Erwägungen zum Gleichheitssatz würde auch die Prüfung der Unversehrtheit des Eigentums zur Verfassungsmäßigkeit der Regelung führen.112