Das Sozialversicherungsänderungsgesetz 2016 und Begleitgesetze
Das Sozialversicherungsänderungsgesetz 2016 und Begleitgesetze
Gegen Ende des Jahres 2016 wurde mit dem Sozialversicherungsänderungsgesetz 2016 (SVÄG 2016, BGBl I 2017/29) und einigen Begleitgesetzen wichtige Punkte des Pensionsgipfels vom 29.2.2016 (vgl Panhölzl, DRdA-infas 2016, 175 ff) umgesetzt. Im Zentrum des SVÄG 2016 stehen der Aufschubbonus, die erhöhte Ausgleichszulage bei 30 Erwerbsjahren, die präventive Rehabilitation, die Neuordnung der Pensionskommission, die leichtere Erfüllung der Voraussetzungen für eine Alterspension und die flexiblere Regelung beim Splitting der Beitragsgrundlagen bei Kindererziehung. Wichtige Ergänzungen und Verbesserungen im Bereich der Rehabilitation wie die Verbindung von medizinischer und beruflicher Rehabilitation, die berufliche Rehabilitation von RehabilitationsgeldbezieherInnen durch die PV, etc konnten im SVÄG 2016 aus terminlichen Gründen nicht mehr berücksichtigt werden. Diese Anpassungen werden nunmehr mit dem SVÄG 2017 vorgenommen (Beschluss NR 1484 BlgNR 25. GP). Da die beiden Gesetze im Bereich der Rehabilitation aufs Engste verbunden sind, werden sie auch in dieser Ausgabe gemeinsam dargestellt. Abgesehen von SVÄG 2016 und SVÄG 2017 wurden die Einmalzahlung (Pensionistenhunderter), BGBl I 2017/13, und der Beitragsrabatt der Bauern, BGBl I 2017/17, in jeweils eigenen Bundesgesetzen beschlossen.
Im § 51 Abs 7 ASVG, § 27 Abs 6 GSVG und § 24 Abs 6 BSVG wurde der sogenannte Aufschubbonus geregelt, der einen zusätzlichen positiven Anreiz für einen freiwilligen längeren Verbleib im Erwerbsleben über das derzeitige Regelpensionsalter hinaus setzen soll. Zu diesem Zweck soll dann, wenn die Pension in der sogenannten Bonusphase (die sich idR bei Frauen derzeit vom vollendeten 60. bis zum vollendeten 63. Lebensjahr und bei Männern vom vollendeten 65. bis zum vollendeten 68. Lebensjahr erstreckt) nicht in Anspruch genommen wird, künftig der Anteil des/der DG (12,55 %) und des/der DN (10,25 %) am Pensionsversicherungsbeitrag auf die Hälfte reduziert werden; diese Vergünstigung gebührt zum bereits bestehenden „Aufschubbonus“ von 4,2 % der Leistung pro Jahr. In gleicher Weise wird der Eigenanteil der selbstständig Erwerbstätigen (18,5 % bei gewerblich Selbstständigen und 17,5 % bei Bauern/Bäuerinnen) am Pensionsversicherungsbeitrag herabgesetzt.
Dies bedeutet, dass die Gutschrift am Pensionskonto weiterhin auf Basis der (ungekürzten) Beitragsgrundlagen für den vollen Pensionsversicherungsbeitrag erfolgt. Die Finanzierung der reduzierten Beitragsanteile erfolgt aus Mitteln der PV (= Bundesmittel oder allgemeine Steuern).
Dieser Maßnahme ist mit einer gewissen Skepsis zu begegnen, weil eher Mitnahmeeffekte zu befürchten sind als ein dadurch bewirkter Anstieg des faktischen Pensionsalters zu erwarten ist. Die Fakten sind derzeit, dass rund 30.000 Personen neben ihrer Alterspension ein versicherungspflichtiges Erwerbseinkommen erzielen. Davon sind mehr als 20.000 Personen selbstständig erwerbstätig (vgl R. Haydn, Personenbezogene Statistiken 2015, SozSi 2016, 65). Hinzukommen rund 11.000 Personen, die schon derzeit ihren Alters-Pensionsantritt – die meisten eher kurzfristig – aufschieben. Auch von dieser Gruppe sind rund die Hälfte Selbstständige. Der Effekt der Beitragshalbierung besteht nun jedenfalls darin, dass diejenigen Personen, die ihren Pensionsantritt ohnehin aufgeschoben hätten, künftig einen zusätzlichen Bonus erhalten. Die überwiegende Anzahl der Personen nützt jedoch die Möglichkeit, zur Alterspension unbeschränkt dazu zu verdienen. Diese Personen üben ihre Erwerbstätigkeit weiter aus und beziehen gleichzeitig die Alterspension. Dieses Doppeleinkommen aus Alterspension und Erwerbstätigkeit ist attraktiver und rentabler als der Aufschub der Alterspension, weil man unmittelbar über ein beträchtlich höheres Nettoeinkommen verfügen kann. Die Beitragshalbierung wird daran wenig ändern. Das Konzept halber Beitrag und volle Beitragsgrundlagen verursacht jedoch hohe Kosten, die aus Bundesmitteln zu finanzieren sind. Unterm Strich zahlen den zusätzlichen Bonus, von dem überwiegend Selbstständige und DG profitieren, vor allem jene ArbeiterInnen und Angestellten, die keine Möglichkeit haben, bis zum 65. Lebensjahr erwerbstätig zu sein, geschweige denn darüber hinaus.125
In § 53a Abs 3b ist zur Unterstützung der heimischen (Gast-)Wirtschaft ein Fördermodell für temporäre Aushilfen durch Vollversicherte geschaffen worden, das allerdings erst mit 1.1.2018 in Kraft treten und mit 31.12.2020 außer Kraft treten soll. Bis zum 31.3.2020 sind die Auswirkungen des Gesetzes für die Jahre 2018 und 2019 zu evaluieren.
Das Modell bietet Abgabenvorteile für AG im Ausmaß von rund 9 % des Entgelts (rund 7,5 % Steuer und 1,3 % Unfallversicherungsbeitrag) durch Entfall des Familienlastenausgleichsfonds-(FLAF-)Beitrages, der Kommunalsteuer und des Unfallversicherungsbeitrages und erhebliche Einkommensvorteile für den/die AN durch die völlige Steuerbefreiung der Entgelte. Hinzukommt als Vorteil für den/die AN, dass sämtliche Beiträge sowie die Arbeiterkammerumlage vom/von der DG einzubehalten und abzuführen sind.
Das Modell gilt für Aushilfskräfte, die neben der Aushilfstätigkeit in einem die Vollversicherung nach dem ASVG begründenden Dienstverhältnis stehen und die geringfügige Aushilfstätigkeit noch nicht mehr als 18 Tage im Kalenderjahr (bei allen DG zusammengerechnet) ausgeübt haben sowie bei einem DG tätig sind, der an noch nicht mehr als 18 Tagen im jeweiligen Kalenderjahr Personen als Aushilfskräfte geringfügig beschäftigt hat (es sind alle geringfügigen Dienstverhältnisse zu berücksichtigen).
Für die Krankenversicherungsträger stellt die Doppelkontrolle der 18-Tage-Grenze eine besondere Herausforderung dar, weil dafür eine eigene Meldeschiene festzulegen ist. Es ist für den/die DN ebenso wesentlich zu erkennen, ob der/die DG sein/ihr 18-Tage-Kontingent erschöpft hat, wie es umgekehrt für den/die DG wesentlich ist zu erkennen, ob der/die DN sein/ihr Quantum bereits ausgeschöpft hat. Denn nur dann gebührt die Förderung.
Zeitgleich mit dem Aushilfskräftemodell soll ab 1.1.2018 auch die monatliche Beitragsgrundlage umgesetzt werden, an der die Sozialversicherungsträger derzeit mit Hochdruck arbeiten. Von Seiten der SV wurde daher kommuniziert, dass der frühestmögliche Einsatz mit 1.1.2019 in Frage kommt. Ergänzend wurde noch darauf hingewiesen, dass die Anwendung der „18-Tage-Regelung“ in der Vollziehung für den/die DG äußerst kompliziert sei. Die Umsetzung im Bereich der Steuer habe ähnliche Probleme.
Befristet für die Kalenderjahre 2017 bis 2019 ist es möglich, Aushilfskräfte iSd § 3 Abs 1 Z 11 lit a EStG 1988 steuerfrei zu beschäftigen. Der/die AG hat für diese Personen auch keine Kommunalsteuer (§ 5 Abs 2 lit c KommSt), keinen DG-Beitrag oder Zuschlag zum DG-Beitrag (§ 41 Abs 4 lit c FLAG) zu leisten.
Diese Regelungen gelten bereits und sind am 1.1.2017 in Kraft getreten. Genaueres zur Abwicklung mit Anwendungsbeispielen ist den Lohnsteuerrichtlinien unter Z 71a zu entnehmen (https://findok.bmf.gv.at). Damit ist für Beschäftigung von Aushilfskräften im Steuerrecht ein durchaus attraktives – wenn auch kompliziertes – Modell in Kraft getreten. Für DG besteht ein Steuervorteil durch die Befreiung von der Kommunalsteuer und den FLAF-Beiträgen im Ausmaß von ca 7,5 % und für den/die DN durch die gänzliche Befreiung von der Lohnsteuer.
Gemäß den Lohnsteuerrichtlinien dient die Aushilfskraft zur Abdeckung eines temporären zusätzlichen Arbeitsanfalls in Spitzenzeiten („Stoßzeiten“, wie etwa an Einkaufssamstagen in der Vorweihnachtszeit). Das Erfordernis der zusätzlichen Beschäftigung ergibt sich hier aus der Notwendigkeit, (betriebsspezifische) Nachfragespitzen abdecken zu können; demgemäß darf die Beschäftigung nur innerhalb dieser Spitzenzeiten erfolgen. Oder die Aushilfskraft wird zur (zeitlich begrenzten) Substitution einer Arbeitskraft beschäftigt. Das Erfordernis der Beschäftigung ergibt sich hier aus dem Umstand, dass der reguläre Betriebsablauf einen raschen Ersatz einer ausgefallenen Arbeitskraft erfordert, was auch außerhalb von Spitzenzeiten erforderlich sein kann. Die sonstigen Rahmenregelungen (18 Tage etc) sind die gleichen wie im ASVG.
Der Grundsatz Rehabilitation vor Pension ist ein zentraler Ansatz zur Steigerung des faktischen Pensionsantrittsalters. Nach zwei Jahren seit Inkrafttreten der Reformmaßnahmen hat sich gezeigt, dass weiterer Handlungsbedarf vor allem im Bereich der beruflichen Rehabilitation besteht, weil die Zahl der UmschulungsgeldbezieherInnen deutlich hinter den Erwartungen zurückblieb. Als Hauptursache dafür wurde das geringe Restleistungskalkül der vorübergehend invaliden Personen ausgemacht. MaW hat man erkannt, dass man zu spät ansetzt, wenn man die berufliche Rehabilitation mit Rechtsanspruch nur für Personen vorsieht, bei denen die vorübergehende Invalidität bereits eingetreten ist. Der Rechtsanspruch auf berufliche Rehabilitation sollte gem § 253e vor allem für jene Personen geöffnet werden, bei denen der Eintritt der Invalidität droht oder wahrscheinlich ist. Leider wurde der Personenkreis im SVÄG 2016 zu eng gefasst, weil er mit dem Verweis auf § 254 Abs 1 nur die dauerhaft Invaliden erfasst. Mit dem SVÄG 2017 erfolgt dann die Klarstellung, dass § 253e generell auf drohende und wahrscheinliche Invalidität abstellt, unabhängig da-126von, ob eine dauernde Invalidität droht oder eine vorübergehende (Näheres unten im SVÄG 2017).
Im § 222 wurde als Leistung der PV in Abs 4 aufgenommen, dass die Pensionsversicherungsträger, wenn sie in einem Pensionsverfahren (§ 367 Abs 4 Z 1) feststellen, dass bei Versicherten mit aufrechtem Dienstverhältnis bei Fortsetzung der bisherigen Erwerbstätigkeit in absehbarer Zeit Invalidität (Berufsunfähigkeit) eintreten wird, eine Zuweisung zu Fit2work (§ 1 Abs 1 des Arbeit-und-Gesundheit-Gesetzes [AGG]), mit dem Ziel vorzunehmen ist, das Dienstverhältnis zu erhalten.
Ab 1.1.2017 beträgt der Ausgleichszulagenrichtsatz für alleinstehende PensionsbezieherInnen € 889,84. Für Personen, die mindestens 30 Jahre sozialversicherungspflichtig erwerbstätig waren, gilt ein höherer Richtsatz im Ausmaß von € 1.000,-. Liegt die Pension unter den genannten Richtsätzen, wird sie bei Bedarf bis zum Richtsatz aufgestockt.
Das Wesen der Ausgleichszulage als ergänzende Fürsorgeleistung liegt in ihrer grundsätzlichen Subsidiarität. Die Ausgleichszulage wird nur dann gewährt, wenn unter Berücksichtigung aller sonstigen Einkommen der Richtsatz nicht erreicht wird. Es werden alle Erwerbseinkommen (auch eine geringfügige Beschäftigung), Unterhaltsansprüche, Zinseinkünfte, etc auf die Ausgleichszulage angerechnet.
Die Ausgleichszulage ist grundsätzlich eine Sozialhilfeleistung im Vollziehungsbereich der Länder. Aus verwaltungsökonomischen Gründen wurde die Vollziehung den Pensionsversicherungsträgern zugewiesen und über den Finanzausgleich die Finanzierung geregelt (§ 299 ASVG). Im Finanzausgleich wurde vereinbart, dass der Bund den Aufwand für die Ausgleichszulage trägt (§ 2 Finanzausgleichsgesetz [FAG]). Weder am Sozialhilfecharakter noch an der Finanzierung der Ausgleichszulage wird durch die Ausgleichszulage plus etwas geändert, trotzdem wird die Abstufung der Ausgleichszulage kritisiert. Befürchtet werden einerseits eine Exportverpflichtung der Ausgleichszulage und andererseits eine Zunahme des Sozialtourismus.
Laut Abschätzung des BMASK profitieren geschätzte 20.700 Personen monatlich im Durchschnitt mit ca € 104,-. Rund 84 % dieses Personenkreises beziehen schon derzeit eine Ausgleichszulage. Die restlichen rund 16 % beziehen eine Pension, die zwischen dem derzeit geltenden Richtsatz für Alleinstehende und € 1.000,- liegt. Die besondere Ausgleichszulage für Alleinstehende wird zu 64 % an Frauen ausgezahlt.
Die besondere Ausgleichszulage gebührt 14-mal jährlich. Die Mehraufwendungen belasten im Ergebnis den Bund über die Ausfallshaftung in der PV.
Mit dieser Frage werden jene PensionsbezieherInnen angesprochen, die mit einer österreichischen Teilpension im EU-Ausland leben. Argumentiert wird, dass sich durch die Bezugnahme auf Beitragsjahre der Erwerbstätigkeit der Charakter der Ausgleichszulage von einer Sozialleistung hin zu einer Versicherungsleistung wandle.
Nach EU-Recht gilt die Ausgleichszulage als „beitragsunabhängige Geldleistung“ und ist daher von der Exportverpflichtung ausgenommen. Damit eine Leistung als „beitragsunabhängige Geldleistung“ qualifiziert werden kann, müssen drei Voraussetzungen vorliegen, die auch von der Ausgleichszulage plus erfüllt werden.
1. Die Leistung muss beitragsunabhängig sein, was vor allem dann vorliegt, wenn die Finanzierung ausschließlich durch obligatorische Steuern erfolgt. Dies ist bei der Ausgleichszulage plus als gegeben anzusehen und wurde vom EuGH bereits hinsichtlich der bisherigen normalen Ausgleichszulage auch bestätigt (EuGHC-160/02, Skalka, EU:C:2004:269).
2. Es muss sich um einen zusätzlichen, ersatzweisen oder ergänzenden Schutz handeln und für die betreffenden Personen ein Mindesteinkommen zur Bestreitung des Lebensunterhaltes garantieren. Auch die Ausgleichszulage plus erfüllt dieses wesentliche Element einer Sozialhilfeleistung (Prüfung der Bedürftigkeit). Dass der Richtsatz für Personen mit einer langen Erwerbskarriere höher ist als jener für andere, liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers.
3. Die Leistung muss im Anhang der entsprechenden EU-Verordnung eingetragen sein. Da der Anhang bereits derzeit die „Ausgleichszulage nach dem ASVG, GSVG und BSVG“ enthält, ist auch diese Voraussetzung erfüllt.
Das Argument, die Abstufung der Ausgleichszulage anhand von 30 Erwerbsjahren mache die Ausgleichszulage zu einer Versicherungsleistung, erscheint wenig stichhaltig. Wie die Analyse zeigt, bleibt der Charakter einer beitragsunabhängigen Sonderleistung erhalten.
Wenn eine Exportverpflichtung auch als unwahrscheinlich anzusehen ist, kann sie jedoch mit letzter Sicherheit nicht ausgeschlossen werden. Darüber entscheidet in einem etwaigen Verfahren der EuGH.127 In diesem Fall müsste das Ausgleichszulagenrecht wohl neu geregelt werden.
Befürchtet wird hier, dass Menschen mit einer rein ausländischen Pension oder mit einer kleinen österreichischen Teilpension nach Österreich zuwandern, um hier die erhöhte Ausgleichszulage zu beziehen.
Grundsätzlich gilt, dass die Ausgleichszulage nur Personen zu gewähren ist, die ihren rechtmäßigen Aufenthalt in Österreich haben und eine Pension beziehen. Der rechtmäßige Aufenthalt wird von der Fremdenpolizei streng geprüft (Meldezettel reicht nicht aus), sämtliche Bescheinigungen sind auch der PV vorzulegen, und die PV prüft während der gesamten Bezugsdauer in Zusammenarbeit mit dem Innenministerium die Rechtmäßigkeit des Bezuges.
Entscheidend ist jedoch, dass sich die aktuelle Rsp des EuGH gegen den sogenannten „Sozialtourismus“ wendet. Demnach können EU-Bürger, die nicht erwerbstätig sind und nur zum Zwecke des Leistungsbezuges mobil sind, auf der Grundlage des Unionsrechts keine Ansprüche auf Sozialleistungen wie die Ausgleichszulage geltend machen. Auch der OGH hat in seinen jüngsten Entscheidungen die Gewährung der Ausgleichszulage an Personen, die mit geringen Eigenpensionen nach Österreich zugewandert sind, abgelehnt. Wenn der Aufenthalt in Österreich nur denkbar ist, wenn er aus öffentlichen Kassen unterstützt wird, fällt er in die Kategorie Armutszuwanderung (vgl zB OGH 10.5.2016, 10 ObS 15/16b).
Eine Zuwanderung nach Österreich, die vom Hauptmotiv getragen ist, hier die Ausgleichszulage zu beziehen, ist rechtlich kaum möglich. Für Personen mit einer hohen Eigenpension, die aus anderen Gründen zuwandern, kann jedoch die Ausgleichszulage keinen Anreiz darstellen. Zudem lebt man wohl mit einer guten Eigenpension aufgrund der niedrigeren Lebenshaltungskosten in den meisten zur Diskussion stehenden Ländern besser als in Österreich mit der Ausgleichzulage.
In § 4 Abs 1 Allgemeines Pensionsgesetz (APG) wurde der Ausdruck „nach diesem Bundesgesetz“ durch die Formulierung „nach diesem oder einem anderen Bundesgesetz“ geändert. Damit gilt die Mindestversicherungszeit des APG (180 Versicherungsmonate, davon 84 Beitragsmonate der Pflichtversicherung der Erwerbstätigkeit) für alle ab dem 1.1.1955 geborenen Personen für alle Versicherungszeiten, unabhängig davon, ob diese vor oder nach 2005 erworben wurden. Das eröffnet insb Frauen mit Kindererziehungszeiten, die zumindest sieben Erwerbsjahre vorweisen, einen leichteren Zugang zur Alterspension. Hinzukommt, dass Zeiten der Pflege eines behinderten Kindes oder eines nahen Angehörigen ab der Pflegestufe 3 als Erwerbszeiten zählen.
Mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz wurde die Möglichkeit eines freiwilligen Pensionssplittings zwischen Elternteilen eingeführt (§ 14 APG). Danach kann derjenige Elternteil, der sich nicht der Kindererziehung widmet und erwerbstätig ist, für die ersten vier Jahre bis zu 50 % seiner Teilgutschrift auf das Pensionskonto jenes Elternteils übertragen lassen, der sich der Kindererziehung widmet, vorausgesetzt, dass dieser Elternteil im Jahr der Übertragung in der gesetzlichen PV auf Grund der Kindererziehung teilpflichtversichert war.
In der Vergangenheit wurde diese Möglichkeit der (teilweisen) Übertragung von Teilgutschriften nur sehr wenig genützt; in rund 300 Fällen wurden auf diese Weise Teilgutschriften übertragen. Aus diesem Grund soll nun diese Möglichkeit des freiwilligen Pensionssplittings erweitert werden.
Mit dem SVÄG 2016 wurde beschlossen, die Übertragung von Teilgutschriften von derzeit bis zu vier Jahren (Mehrlingsgeburten: fünf Jahren) auf bis zu sieben Jahre pro Kind auszuweiten, wobei eine Gesamtobergrenze von maximal 14 Übertragungen pro Elternteil gilt. Der Antrag auf Übertragung kann bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres des Kindes, also drei Jahre länger als davor, gestellt werden.
Mit der Einrichtung der Alterssicherungskommission wurde die bisherige Pensionskommission aufgelöst. Die Aufgabe der neuen Kommission besteht darin, ab dem Jahr 2017 alle drei Jahre ein Langfristgutachten bis zum Jahr 2050 über die voraussichtliche Kostenentwicklung der gesetzlichen PV (ASVG, GSVG, BSVG) und die der Beamten (des Bundes, der Länder, der Gemeinden) zu erstatten. Hinzukommt, dass jährlich ein Mittelfristgutachten für die nächsten fünf Jahre zu erstatten ist.
Im Vergleich zur bisherigen Kommission ist die neue wesentlich verschlankt, statt 34 Mitgliedern sind nunmehr nur zehn stimmberechtigte Mitglieder vorgesehen. Neben den ExpertInnen der Sozialpartner (1 Arbeiterkammer, 2 ÖGB, 1 Wirtschaftskammer, 1 Industriellenvereinigung, 1 Landwirtschaftskammer) entsenden der Seniorenrat und die Bundesjugendvertretung je zwei ExpertInnen. Je ein/e ExpertIn des Bundeskanzleramts und des Finanzministeriums haben ein Teilstimmrecht bezüglich des Beamtengutachtens. Ansonsten sind noch einige nationale und zwei internationale ExpertInnen ohne Stimmrecht zu entsenden.128
Die Bundesregierung hat auf der Grundlage der Berichte und Vorschläge der Alterssicherungskommission dem Nationalrat jedes dritte Kalenderjahr einen „Bericht über die langfristige Entwicklung der gesetzlichen Pensionsversicherung“ sowie einen „Bericht über die langfristige Entwicklung der Pensionen der Beamten und Beamtinnen des Bundes, der Länder und der Gemeinden“ vorzulegen.
Die Zusammensetzung und Arbeitsteilung der Alterssicherungskommission folgt einer Rollenaufteilung in drei Bereiche; erstens in den Bereich der wirtschaftlichen und demografischen Expertise, dann in den Bereich der BeitragszahlerInnen und PensionsbezieherInnen und schließlich in den Bereich der VerantwortungsträgerInnen.
Die Grundlage der Arbeit der Kommission bilden die von WIFO und dem Institut für Höhere Studien (IHS) erstellten wirtschaftlichen Szenarien und die von der Statistik Austria getroffenen demografischen Annahmen dar. Diese Institutionen entsenden ExpertInnen ohne Stimmrecht in die Kommission. Die Büros der Ministerien erstellen auf Basis dieser Szenarien Einnahmen- und Ausgabenpfade. Die stimmberechtigten Mitglieder als VertreterInnen der BeitragszahlerInnen und Betroffenen bewerten diese Annahmen und erstellen einen Bericht. Schließlich liegt es an der Bundesregierung und dem Nationalrat zu entscheiden, ob und wenn ja, welche Maßnahmen zu setzen sind.
Die Pensionsanpassung 2017 – resultierend aus den durchschnittlichen Inflationsraten August 2015 bis Juli 2016 – beträgt 0,8 %; jener Wert, der laut Gesetz vorgesehen ist. Die Pensionistenverbände haben kritisiert, dass die Pensionsanpassung im Ausmaß von 0,8 % die Teuerung der PensionistInnen gemessen an den Gütern des täglichen Bedarfs nicht abdeckt, diese liege bei 1,3 %. Umstritten war, ob der Teuerungsausgleich über eine prozentuelle Höheranpassung oder eine Einmalzahlung vorgenommen werden soll. Letztlich hat man sich für eine Einmalzahlung im Ausmaß von € 100,- brutto für netto entschieden (BGBl I 2017/33). Betroffen davon sind rund 1,8 Mio BezieherInnen einer gesetzlichen Pension in Österreich, rund 200.000 BezieherInnen einer Pension im EU-Ausland, sowie rund 200.000 BezieherInnen einer Beamtenpension des Bundes und die BezieherInnen von Beamtenpensionen der Länder.
In vier Bundesländern (Tirol, Vorarlberg, Salzburg, Oberösterreich) erhalten LandesbeamtInnen den Pensionistenhunderter nicht. Diese Gruppen haben jedoch auch eine abweichende Anpassungsregelung (über die 0,8 % höher liegende Anpassungen). Die Gesamtkosten betragen rund 220 Mio € als Einmaleffekt. Davon werden rund 200 Mio € im Inland unmittelbar konsumwirksam. Dieser Einmaleffekt wirkt in der anhaltenden Wirtschaftskrise als positive Stimulanz.
Den Bauern wurde entsprechend einer Regierungsvereinbarung eine Beitragsgutschrift gewährt, die aus der allgemeinen Rücklage der KV der Bauern zu finanzieren ist. Anspruch haben vollversicherte Betriebsführerlnnen auf die im vierten Quartal 2016 zu entrichtenden Beiträge zur KV, zur PV und UV und auf Beiträge nach dem Betriebshilfegesetz. Der Anspruch auf Beitragsgutschrift umfasst 53 % der genannten Beiträge. Der Anspruch auf Beitragsgutschrift besteht für die für das vierte Quartal 2016 vorzuschreibenden Beiträge, die zum 31.1.2017 fällig werden. Nachträgliche Sachverhaltsänderungen haben keinen Einfluss auf die Höhe der Beitragsgutschrift. Das Gesamtvolumen der Beitragsgutschrift beträgt in etwa 85 Mio €. Im Gegenzug zum Beitragsrabatt wurde das Gesundheits- und Sozialbereich- Beihilfengesetz (GSBG), BGBl 1996/746, geändert, sodass nunmehr 100 % der pauschalierten Beihilfe in den Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen fließen.