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Anscheinsvollmacht bei Begründung eines Arbeitsverhältnisses?

MARGITMADER

Der Kl wurde von einem Bekannten angeworben, um für eine Baufirma zu arbeiten. Dieser Bekannte fungierte während der gesamten Dauer der Beschäftigung des Kl als alleiniger Ansprechpartner und war ein Verwandter des Geschäftsführers der Schuldnerin. Der Kl ging davon aus, für seinen Ansprechpartner selbst oder für „dessen Firma“ zu arbeiten. Von der Existenz der Schuldnerin hatte der Kl erst nach Ende seines Arbeitsverhältnisses erfahren. Der Kl wurde ohne sein Wissen von der Schuldnerin zur SV gemeldet. Sein Ansprechpartner hatte ihm gegenüber nie erklärt oder vorgegeben, für einen anderen einzuschreiten oder zu handeln. Während der gesamten Dauer der Beschäftigung war nie die Rede von der Schuldnerin. Es gab auch keinerlei sonstige Hinweise auf die Schuldnerin.

Fraglich ist, ob der Ansprechpartner des Kl als Vertreter der Schuldnerin anzusehen ist und ein Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin zustande gekommen ist.

Eine Anscheinsvollmacht iSd § 1029 ABGB darf nach der Rsp nur dann angenommen werden, wenn aus dem Verhalten des Vertretenen der Schluss abgeleitet werden kann, er habe dem Handelnden Vollmacht erteilt. Der die Vertretungsmacht begründende Anschein hat demnach nicht vom Vertreter, sondern vom Verhalten des Vertretenen bzw eines vertretungsbefugten Organs auszugehen. Der auf diese Weise vom Handelnden erzeugte äußere Tatbestand muss so beschaffen sein, dass er das Vertrauen des Dritten in das Vorhandensein einer Vertretungsvollmacht rechtfertigt. Das Vorliegen der genannten Voraussetzungen ist nach den Umständen des Einzelfalls einer strengen Überprüfung zu unterziehen (RIS-Justiz RS0020331; RS0020145; RS0019609).

Im Anlassfall waren dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Anscheinsvollmacht der Schuldnerin zu entnehmen. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der ein Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin nicht begründet worden sein könne, weil der Kl erst nach dem Ende seines Vertrags erstmals von deren Existenz erfahren habe, erwies sich somit als nicht korrekturbedürftig. Die außerordentliche Revision des Kl war daher zurückzuweisen.