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Bei Übernahme des Sbg Gem-VBG 2001 als Vertragsschablone gilt die günstigere zwingende Bestimmung des § 19 Abs 2 AngG weiter

RICHARDHAWAX

Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständliche, die Monatsfrist des § 19 Abs 2 AngG übersteigende Probezeitvereinbarung für den Kl günstiger gewesen wäre als die gesetzliche Regelung, lagen im konkreten Fall nicht vor. Umso weniger wäre die teilnichtige Probezeitvereinbarung einer Auslegung dahin gerecht geworden, dass anstelle des unbefristet vereinbarten Dienstverhältnisses ein bloß befristetes Dienstverhältnis zu treten habe.162

SACHVERHALT

Der Kl war von 1.3. bis 30.6.2015 bei der Bekl, die als Gesellschaft ein Krankenhaus betreibt, als Primar und Leiter einer Abteilung beschäftigt.

Mit schriftlichem Dienstvertrag vom 25.2.2015 vereinbarten die Parteien ein unbefristetes Dienstverhältnis sowie die Anwendung des Salzburger Gemeinde-Vertragsbedienstetengesetzes 2001 (SbG Gem-VBG) samt der in dessen § 10a geregelten dreimonatigen Probezeit. Zudem verpflichtete sich die Bekl, dem Kl eine freiwillige Abfertigung zu zahlen, sofern das Dienstverhältnis innerhalb der ersten fünf Jahre durch DG-Kündigung oder Entlassung aufgelöst wird, ohne dass ein vom DN zu vertretender Kündigungs- oder Entlassungsgrund vorliegt bzw von diesem gesetzt wurde.

Anfang Mai 2015 ersuchte der Kl den Geschäftsführer der Bekl um eine Gehaltserhöhung. Dieser wies darauf hin, dass dafür ein Beschluss des Aufsichtsrats notwendig sei, die nächste Aufsichtsratssitzung aber erst Anfang Juni stattfände. Da die Entscheidung über die vertragliche Gehaltsanpassung nicht vor Ablauf der für drei Monate vereinbarten Probezeit entschieden werden konnte, unterfertigten die Parteien am 21.5.2015 folgende Zusatzvereinbarung zum Dienstvertrag vom 25.2.2015: „Unter Bezugnahme auf Punkt 5 Dauer des Dienstverhältnisses wird einvernehmlich vereinbart, dass die Probezeit gemäß § 10 Gem-VBG um ein weiteres Monat bis inklusive 30.6.2015 verlängert wird.“

Zu einer Einigung über die vom Kl begehrte Gehaltserhöhung kam es nicht. Mit Schreiben vom 23.6.2015 teilte die Bekl dem Kl mit, dass der Dienstvertrag samt Zusatzvereinbarung vom 21.5.2015 „gemäß der durch den Dienstnehmer gewünschten Verlängerung der Probezeit bis 30.6.2015 über diesen Zeitraum hinaus nicht fortgesetzt wird“.

Der Kl begehrte daraufhin von der Bekl die vereinbarte Abfertigung. Die Probezeitverlängerung sei wegen § 10a Sbg Gem-VBG unzulässig gewesen und das unbefristete Dienstverhältnis von der Bekl ohne gerechtfertigten Grund beendet worden.

Die Bekl bestritt das Klagebegehren und wendete ein, dass das Dienstverhältnis durch Fristablauf geendet habe. Abgesehen davon lägen Kündigungsgründe iSd § 116 Sbg Gem-VBG vor.

VERFAHREN UND ENTSCHEIDUNG

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kl erhobenen Berufung Folge, hob die angefochtene E auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurück. § 10a Sbg Gem-VBG sei nach Ansicht des Berufungsgerichts zwingend, so dass die Vereinbarung eines weiteren Probemonats unwirksam gewesen sei. Das unbefristet vereinbarte Dienstverhältnis sollte durch die unzulässige Probezeitverlängerung auch nicht in ein befristetes Dienstverhältnis umgewandelt werden. Das unbefristete Dienstverhältnis habe daher durch Kündigung der Bekl geendet. Das Erstgericht habe im ergänzend durchzuführenden Verfahren die von der Bekl behaupteten Kündigungsgründe zu prüfen.

Den Rekurs ließ das Berufungsgericht zur Frage zu, ob § 10a Sbg Gem-VBG einer vereinbarten Probezeit von über drei Monaten entgegenstehe. Der OGH wies den Revisionsrekurs der Bekl – allerdings unter Verweis darauf, dass das Sbg Gem-VBG nicht originär anzuwenden sei – ab.

ORIGINALZITATE AUS DER ENTSCHEIDUNG

„[…] Mit den seit 1.12.2006 in Kraft stehenden Neuregelungen der Probezeit durch das LGBl 2006/122 wollte der Landesgesetzgeber zum einen die bisherige nicht verpflichtend vorgesehene höchstzulässige Probezeit von einem Monat auf drei Monate verlängern, und zum anderen erreichen, dass diese Probezeit von drei Monaten schon kraft Gesetzes für jedes (neues) Dienstverhältnis gilt. Für die Auslegung der Rekurswerberin, dem Gesetz sei das Verbot der Verlängerung der dreimonatigen Probezeit nicht zu entnehmen, weshalb die Verlängerung der Probezeit um ein Monat zulässig sei, bleibt damit kein Raum. Sie stünde auch dem Ziel der (engen) zeitlichen Begrenzung der Zulässigkeit der Vereinbarung einer Probezeit, eine Umgehung des arbeitsrechtlichen Bestandschutzes zu vermeiden (vgl RIS-Justiz RS0028444), entgegen.

[…] Durch Abschluss eines die gesetzlich zulässige Dauer übersteigenden Probedienstverhältnisses kann unter Umständen ein befristeter Dienstvertrag zustande kommen (RIS-Justiz RS0028263). Nicht jede derartige Vereinbarung bewirkt aber diese Folge. Vielmehr hängt es vom Willen der Parteien ab, ob bei teilnichtiger Vereinbarung einer hier mehr als dreimonatigen Probezeit ab dem Beginn des vierten Monats (insgesamt gesehen) ein befristetes Dienstverhältnis oder aber ein Dienstverhältnis auf unbestimmte Zeit anzunehmen ist (9 ObA 173/07t; 9 ObA 118/13p; RIS-Justiz RS0028231).

Die gegen die Auslegung des Berufungsgerichts vorgetragenen Argumente der Rekurswerberin überzeugen nicht. Sie zeigen insbesondere nicht auf, weshalb der Kläger, der zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zusatzvereinbarung bereits in einem unbefristeten Dienstverhältnis zur Beklagten stand, nunmehr zur ‚Überbrückung‘ bis zur Entscheidungsfindung des Aufsichtsrats der Beklag-163ten über seinen Gehaltswunsch ab dem vierten Monat ein befristetes Dienstverhältnis abschließen hätte sollen, hätte er doch damit seine Rechtsposition erheblich verschlechtert. Wäre der Kläger nicht bereit gewesen, sein Dienstverhältnis zur Beklagten ohne Gehaltserhöhung fortzusetzen, hätte er es ohnedies unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von nur einer Woche beenden können (§ 117 Sbg Gem-VBG 2001).

[…] Zudem wird von den Parteien und den Vorinstanzen übersehen, dass das Sbg Gem-VBG 2001 nach dessen § 1 Abs 1 und 2 originär nur auf Personen anzuwenden ist, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zu einer Gemeinde des Landes Salzburg mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg oder zu einem Gemeindeverband stehen. Beides war hier nicht der Fall. Das Arbeitsverhältnis des Kl unterlag grundsätzlich dem Angestelltengesetz.

[…] Die Übernahme des Sbg Gem-VBG 2001 als Vertragsschablone hat […] zur Konsequenz und ändert nichts daran, dass die für den Kl – günstigeren (§ 40 AngG) – zwingenden Bestimmungen des AngG weiter gelten (vgl RIS-Justiz RS0116309). Anhaltspunkte dafür, dass die gegenständliche, die Monatsfrist des § 19 Abs 2 AngG übersteigende Probezeitvereinbarung für den Kl günstiger gewesen wäre als die gesetzliche Regelung, liegen hier nicht vor. Umso weniger würde die teilnichtige Probezeitvereinbarung einer Auslegung dahin gerecht werden, dass anstelle des unbefristet vereinbarten Dienstverhältnisses ein bloß befristetes Dienstverhältnis zu treten habe.

[…] Da das Erstgericht zum abfertigungsschädlichen Einwand der Bekl, die Kündigung des Kl sei aus einem von diesem zu vertretenden Grund iSd § 116 Abs 2 Z 1 und 6 Sbg Gem-VBG 2001 erfolgt, kein Beweisverfahren durchgeführt und keine Feststellungen getroffen hat, erfolgte die Aufhebung und Rückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht durch das Berufungsgericht zu Recht.“

ERLÄUTERUNG

Das Arbeitsverhältnis des Kl unterlag grundsätzlich dem Angestelltengesetz (AngG). Das Sbg Gem-VBG wurde hier nur kraft einzelvertraglicher Vereinbarung Vertragsinhalt.

Der OGH befasste sich bereits zuvor – insb im Zusammenhang mit Ausgliederungsgesetzen – in mehreren Entscheidungen mit der Frage, in welchem Verhältnis das AngG zu einem als Vertragsschablone übernommenen Bundes-, Landes- oder Gemeindedienstrecht steht (siehe RIS-Justiz RS0081830).

Die Anwendung einer derartigen Vertragsschablone kann einzelvertraglich nur insoweit vereinbart werden, als dadurch nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen des allgemeinen Arbeitsrechts verletzt werden würden. Die in § 40 AngG angeführten Rechte eines Angestellten können durch Einzelvereinbarung der Parteien nicht beschränkt werden. Es handelt sich dabei um zugunsten des Angestellten einseitig zwingende Bestimmungen. Eines der in § 40 AngG angeführten Rechte ist die in § 19 Abs 2 AngG geregelte Höchstdauer von einem Monat für eine allenfalls vereinbarte Probezeit, in welcher beide Parteien das Dienstverhältnis jederzeit lösen können.

Die hier vorliegende Vereinbarung einer über die Monatsfrist des § 19 Abs 2 AngG hinausgehenden Probezeit und umso mehr die darauffolgende Vereinbarung der Probezeitverlängerung auf insgesamt vier Monate war – zumindest im gegenständlichen Fall – für den Kl nicht günstiger und daher unzulässig.

In weiterer Folge stellte sich jedoch die Frage, ob diese unzulässige Probezeitvereinbarung als Abschluss eines befristeten Dienstverhältnisses umgedeutet werden kann. Denn grundsätzlich lässt sich bei einer vereinbarten dreimonatigen „Probezeit“ die Absicht der Parteien erkennen, dass zumindest vorläufig keine über die drei Monate hinausgehende Bindung eingegangen werden soll. Deshalb hätte man auch annehmen können, dass die Parteien eine an die einmonatige Probezeit anschließende zweimonatige Befristung vereinbaren wollten.

Der OGH war allerdings, wenn auch ohne eingehende Begründung, der Ansicht, dass sich der Kl bereits zum Zeitpunkt des Abschlusses der Zusatzvereinbarung in einem unbefristeten Dienstverhältnis befand. Dies erscheint plausibel, als beide Parteien wohl lediglich eine den üblichen gesetzlichen Bestimmungen entsprechende Probezeit vereinbaren wollten und von der Zulässigkeit einer Probezeit nach dem § 10a Sbg Gem-VBG ausgingen.

Darüber hinaus lässt auch die Vereinbarung einer freiwilligen Abfertigung im Falle einer innerhalb der ersten fünf Jahre ausgesprochenen unbegründeten DG-Kündigung oder Entlassung erkennen, dass die Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses sich sehr wohl über einen längeren Zeitraum als drei Monate binden wollten.164