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Beschwerdeaufnahme durch AMS-Sachbearbeiterin

BIRGITSDOUTZ
§ 28 VwGVG iVm § 71 AVG
BVwG 12.1.2017, I407 2102231-1

Eine Arbeitslose bezog von 6.9.2013 bis 15.3.2014 Arbeitslosengeld. Sie informierte das Arbeitsmarktservice (AMS) im Dezember 2013 vom Vorliegen eines Dienstverhältnisses im Ausmaß einer geringfügigen Beschäftigung. Vom AG war sie von 6.12.2013 bis 31.1.2014 als geringfügig beschäftigt bei der SV gemeldet; tatsächlich überschritt das Dienstverhältnis aber im Dezember 2013 aufgrund geleisteter Mehrstunden die Geringfügigkeitsgrenze um einen Betrag von € 49,29. Der Arbeitslosen wurde diese Tatsache allerdings erst ein halbes Jahr später durch das AMS zur Kenntnis gebracht. Das AMS hat daraufhin mit Bescheid vom 13.8.2014 das Arbeitslosengeld für den Zeitraum von 6.12.2013 bis 31.1.12014 widerrufen und zurückgefordert.

In der erst am 16.1.2015 schriftlich gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde brachte die Arbeitslose vor, dass ihr bei einem Meldetermin erklärt worden sei, dass sie neben einer geringfügigen Beschäftigung weiterhin zum Bezug des Arbeitslosengeldes berechtigt sei. Nach Erhalt des Bescheides vom 13.8.2014 habe sie bei einem neuerlichen Termin beim AMS von der zuständigen Sachbearbeiterin Informationen zur Beschwerdemöglichkeit erhalten. Die Sachbearbeiterin habe ihr bei diesem Termin die Möglichkeit einer sofortigen Beschwerdeaufnahme und entsprechender interner Weiterleitung angeboten, was die Arbeitslose auch angenommen habe. Aus diesem Grund sei sie der Meinung gewesen, rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht zu haben.

Das AMS hat mit Beschwerdevorentscheidung die als Wiedereinsetzungsantrag gewertete Beschwerde vom 16.1.2015 abgewiesen und die gleichzeitig eingebrachte Beschwerde vom 16.1.2015 gegen den Bescheid vom 13.8.2014 als verspätet zurück-168gewiesen. Die Arbeitslose habe nicht glaubhaft machen können, dass sie sich in einem Irrtum befunden habe und davon ausgegangen sei, dass sie bei der Sachbearbeiterin eine formulierte schriftliche Beschwerde gegen den Bescheid vom 13.8.2014 rechtzeitig eingebracht habe.

Das BVwG hat der gegen diese Entscheidung gerichteten Beschwerde stattgegeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt. Im Rahmen der Feststellungen setzt sich das BVwG zunächst mit der Frage auseinander, ob die Beschwerdeführerin den Überbezug hätte erkennen müssen und kommt hier zum Ergebnis, dass eine Vorwerfbarkeit des unberechtigten Überbezuges angesichts der nur geringfügigen Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze nach den Lebens- und Rechtsverhältnissen der Beschwerdeführerin nicht gegeben sei. Zur Wiedereinsetzung führt das BVwG aus, dass es nach dem Wortlaut des Gesetzes bei einer Wiedereinsetzung nicht darauf ankommt, ob die Beschwerdeführerin dartun konnte, dass sie in einem Irrtum gehandelt habe. § 71 Abs 1 Z 1 AVG sieht die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ua dann vor, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der Einhaltung der Frist verhindert war und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Dazu verweist das BVwG auf die stRsp des VwGH, wonach auch sogenannte psychologische Vorgänge als Ereignis iSd § 71 Abs 1 Z 1 AVG zu verstehen sind. Das in Frage stehende Ereignis (Anmerkung der Bearbeiterin: gemeint ist offensichtlich die irrtümliche Annahme der Arbeitslosen, rechtzeitig eine Beschwerde eingebracht zu haben) sei für die Beschwerdeführerin auch unvorhergesehen, da sie unter Bedachtnahme auf die ihr zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht von einer wirksamen Beschwerdeerhebung ausgegangen sei. Der Arbeitslosen könne ferner kein Fehlverhalten, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht, vorgehalten werden, so dass die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorliegen würden.