110Keine Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten bei der Kontoerstgutschrift
Keine Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten bei der Kontoerstgutschrift
Strittig vor dem OGH war allein die Rechtsfrage, ob die in Deutschland erworbenen Versicherungszeiten des 1955 geborenen Kl bei der Kontoerstgutschrift gem § 15 APG zu berücksichtigen sind. Diese Frage wurde in allen Instanzen verneint, der OGH begründet die Abweisung der Revision des Kl im Wesentlichen wie folgt:
Eine unmittelbare Antwort auf die Frage, ob auch ausländische Versicherungszeiten bei der Berechnung der Kontoerstgutschrift zu berücksichtigen sind, fehlt sowohl im Gesetz (BGBl I 2012/35) als auch in den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1685 BlgNR 24. GP 53 f). Die Berücksichtigung ausländischer Versicherungszeiten würde eine entsprechende internationale Regelung erfordern. Die einschlägige VO 883/2004 regelt in Art 6 den Grundsatz der Zusammenrechnung von Versicherungszeiten, allerdings eingeschränkt einerseits im Rahmen anspruchsbegründender und anspruchserhaltender Normen, die bestimmte Mindestzeiten voraussetzen, und andererseits im Hinblick auf Zugangs- und Beendigungsbarrieren bei der Pflichtversicherung. Von der Zusammenrechnung von Zeiten zu unterscheiden ist die Leistungsberechnung. Die grundsätzlichen Regelungen dafür enthält Art 52 der VO 883/2004. Besteht ein Leistungsanspruch allein nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften, so ist prinzipiell eine doppelte Berechnung vorzusehen. Zunächst ist eine innerstaatliche Leistung nur mit den im eigenen Staat erworbenen Versicherungszeiten zu ermitteln, im nächsten Schritt ist eine Berechnung pro rata temporis durchzuführen. (Anmerkung der Bearbeiterin: Dabei wird zunächst ein „theoretischer Betrag“ ermittelt, der zustehen würde, wenn sämtliche, auch die ausländischen Versicherungszeiten im Inland zurückgelegt worden wären; dann wird jener Anteil als „tatsächlicher Betrag“ berechnet, der dem Verhältnis der Versicherungszeiten im Inland zur Gesamtdauer der in allen Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten entspricht.)
Da die Berechnung nach der pro rata temporis-Methode aufwändig ist, ermöglicht es die Verordnung, von dieser zwischenstaatlichen Berechnung abzugehen. Nach Art 52 Abs 5 VO 883/2004 kann eine anteilige Berechnung unterbleiben, wenn Zeiträume für die Berechnung einer Leistung an sich keine Rolle spielen. Ein Beispiel dafür ist die Alterspension nach dem APG, da bei dieser die Leistung durch Division der Gesamtgutschrift durch 14 ermittelt wird und169nicht durch Bezugnahme auf Versicherungszeiten. Voraussetzung für das Unterbleiben der anteiligen Berechnung ist die Eintragung in Anhang VII, Teil 2 – die Alterspension nach APG wurde hier eingetragen. Bei den Alterspensionen nach APG kommt also ausschließlich das österreichische Pensionskontorecht zur Anwendung. Insgesamt ist daraus der Schluss zu ziehen, dass die VO 883/2004 in einem APG-Pensionsfall keine Einbeziehung ausländischer Versicherungszeiten in die Kontoerstgutschrift fordert.
Die Beantwortung der hier zu lösenden Frage ist im Fall des Kl im österreichischen Recht zu suchen. § 15 APG verweist auf Versicherungszeiten nach APG, ASVG, GSVG, BSVG und FSVG. § 11 APG stellt auf Beitragsgrundlagen nach den österreichischen Sozialversicherungsgesetzen ab. Dies muss konsequenterweise auch für die Kontoerstgutschrift gelten, da es sich dabei um eine Art Eintrag auf dem Pensionskonto handelt. Diese Auffassung wird auch in der Literatur vertreten. Dazu kommt, dass die Kontoerstgutschrift schon nach dem Gesetzeswortlaut nur vorläufigen Charakter hat. Die Berücksichtigung ausländischer Zeiten erfolgt – soweit sie überhaupt in Österreich relevant werden – erst aus Anlass der Berechnung der Pension unmittelbar für die Leistungserbringung; in diesem Fall sind die Regelungen des internationalen und des europäischen Sozialrechts heranzuziehen.