Zur Gestaltung eines Antrages nach § 54 Abs 2 ASGG

THOMASKALLAB
Der OGH hat sich mittlerweile in einer langen Reihe von Entscheidungen mit den Voraussetzungen für ein besonderes Feststellungsverfahren gemäß § 54 Abs 2 ASGG und dem erforderlichen Inhalt des Antrages auseinandergesetzt. Der folgende Beitrag bietet eine Zusammenfassung für die Praxis.

§ 54 Abs 2 ASGG bestimmt, dass kollektivvertragsfähige Körperschaften der AG und der AN im Rahmen ihres Wirkungsbereichs gegen die jeweils andere kollektivvertragsfähige Körperschaft beim OGH einen Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen anbringen können, die einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Der Antrag muss eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 zum Gegenstand haben, die für mindestens drei AG oder AN von Bedeutung ist.

Das Verfahren gem § 54 Abs 2 ASGG ist dabei vom Verfahren gem § 54 Abs 1 ASGG zu unterscheiden. Im Verfahren nach Abs 1 sollen arbeitsrechtliche Fragen, die in einem bestimmten Betrieb oder Unternehmen strittig sind, auf Grund einer Feststellungsklage in einem (mehrinstanzlichen) „Testprozess“ zwischen dem AG und den zuständigen Organen der Arbeitnehmerschaft geklärt werden. Im Verfahren nach Abs 2 hingegen können abstrakte arbeitsrechtliche Fragen, die zwischen kollektivvertragsfähigen Körperschaften der AG und AN strittig sind, von der betreffenden Körperschaft185durch Antrag unmittelbar an den OGH zur Entscheidung herangetragen werden; dieses außerstreitige Feststellungsverfahren betrifft also die überbetriebliche Ebene (Neumayr in

Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 54 ASGG Rz 1).

Ziel beider Verfahrensarten ist einerseits eine Schutzwirkung für AN festzuschreiben, die es (abgesichert durch eine besondere Verjährungshemmung) vorziehen, den Ausgang des Feststellungsverfahrens abzuwarten, bevor sie selbst die Klage einbringen, und andererseits eine streitvermindernde Wirkung der Testverfahren auf die Ansprüche der Betroffenen, die von der entschiedenen Streitfrage abhängen, zu erzielen (OGH 16.11.1994, 9 ObA 614/93; Gamerith,

).

In einer langen Reihe von Entscheidungen hat der OGH die Voraussetzungen für einen Antrag gem § 54 Abs 2 ASGG präzisiert, damit er auch inhaltlich über den Antrag entscheidet. AntragstellerInnen scheiterten in der Vergangenheit immer wieder an den „formalen“ Vorgaben. In der Folge sollen diese Voraussetzungen im Überblick dargestellt werden.

1.
Antragsteller – Antragsgegner gem § 54 Abs 2 ASGG

Antragsberechtigt gem § 54 Abs 2 ASGG sind kollektivvertragsfähige Körperschaften im Rahmen ihres Wirkungsbereiches. Das Kriterium der Kollektivvertragsfähigkeit richtet sich nach den §§ 4 ff ArbVG. Mit der Wendung „für ihren Wirkungsbereich“ in § 54 Abs 2 ASGG wird nicht auf die Berechtigung zum Abschluss eines KollV abgestellt, sondern zum Ausdruck gebracht, dass eine kollektivvertragsfähige Körperschaft nur dann als Antragsteller aufzutreten befugt ist, wenn sie zur Klärung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Frage berufen ist. Das ist jedenfalls dann gegeben, wenn ein entsprechendes Naheverhältnis zu dem vom Antrag betroffenen Personenkreis besteht, die Körperschaft also nach ihrem sachlichen und persönlichen Wirkungsbereich auch als zur Beteiligung bei Klärung der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Frage berufen angesehen werden kann (OGH8 ObA 95/05mDRdA 2007, 146 = Griesser, DRdA 2008, 11).

Auf AN-Seite ist zB der ÖGB kollektivvertragsfähig und damit grundsätzlich antragsberechtigt. Auf Grund der im § 12 ArbVG angeordneten Außenseiterwirkung der Kollektivverträge ist es aber nicht notwendig, dass die betroffenen AN tatsächlich Mitglied des ÖGB sind. Der Wirkungsbereich der einzelnen Fachgewerkschaften erstreckt sich nicht nur auf ihre Mitglieder, sondern auch auf nichtkollektivvertragsangehörige AN eines/einer kollektivvertragsangehörigen AG (OGH9 ObA 519/88JBl 1990, 391). Der Wirkungsbereich erfasst in diesem weiteren Rahmen nicht nur aktive AN, sondern auch Personen, die zu einem kollektivvertragsangehörigen AG früher in einem Arbeitsverhältnis gestanden sind (§ 51 Abs 1 ASGG), also im Zeitpunkt der Antragstellung bereits PensionistInnen waren, wenn das Verfahren zumindest Nachwirkungen aus dem seinerzeitigen Arbeitsverhältnis betrifft.

Auf AG-Seite ist eine Außenseiterwirkung nicht im ArbVG vorgesehen. Grundsätzlich wird daher gefordert sein, dass der im Antrag genannte Antragsgegner nicht bloß Mitglied in einem kollektivvertragsfähigen AG-Verband ist, sondern selbst Kollektivvertragsfähigkeit besitzt. Dass ein KollV tatsächlich abgeschlossen wurde, ist nicht unbedingtes Erfordernis (OGH8 ObA 95/05mDRdA 2007, 146 = Griesser, DRdA 2008, 11).

Aber auch der Antragsgegner muss eine kollektivvertragsfähige Körperschaft im Rahmen ihres Wirkungsbereiches sein. Es gelten die gleichen Bedingungen und Voraussetzungen wie für den Antragsteller.

Aus der Rsp des OGH ergibt sich auch, dass eine Antragsberechtigung nicht gegeben ist, wenn die Möglichkeit zum Abschluss eines KollV mangels Gegnerunabhängigkeit und Gegnerfreiheit (Ärztekammern, OGH9 ObA 604/92

[Eypeltauer]
) oder auf Grund des gesetzlich normierten Vorrangs der freien Berufsvereinigung (OGH9 ObA 513/89RdW 1990, 122) praktisch nicht möglich ist. Insb Letzteres wurde in der Literatur kritisiert (Neumayr in
Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 54 ASGG Rz 22 mwN).

Die Antragslegitimation ist auf Grundlage des vom Antragsteller behaupteten Sachverhaltes von Amts wegen zu prüfen (OGH 13.9.1989, 9 ObA 502/89).

2.
Inhalt des Antrages
2.1.
Sachverhalt

Gem § 54 Abs 2 ASGG kann der Antrag auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens von Rechten oder Rechtsverhältnissen gerichtet sein, die einen von namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Der Antrag muss eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben, die für mindestens drei AG oder AN von Bedeutung ist.186Gem § 54 Abs 4 ASGG hat der OGH über den Feststellungsantrag auf der Grundlage des darin angegebenen Sachverhalts zu entscheiden (RIS-Justiz RS0085712; zuletzt OGH9 ObA 18/16mecolex 2016/439, 1003 = DRdA-infas 2016/199, 329).

Es handelt sich dabei zwar formal nicht um eine Feststellungsklage iSd § 228 ZPO, sondern um die Geltendmachung eines eigenständigen Antragsrechtes. Die beiden Bestimmungen sind jedoch in Teilen wortgleich, so dass einige grundlegende Regeln für beide Vorschriften gelten.

Feststellungsklagen sind von den sogenannten Leistungs- und Rechtsgestaltungsklagen abzugrenzen. Feststellungsurteile sind bloß deklarativ. Sie schaffen nicht neues Recht, sondern stellen Rechte oder Rechtsverhältnisse bloß fest. Im Gegensatz dazu wird bei Leistungsurteilen die Leistungsverpflichtung zB aufgrund eines Rechtsanspruches ausgesprochen und der Bekl zur Leistung verurteilt (zB Zahlung von Entgelt). Im Fall von Rechtsgestaltungsurteilen wird neues Recht geschaffen (Aufhebung einer Kündigung im Fall einer Sozialwidrigkeitsanfechtung gem § 105 ArbVG). Für die Qualifikation eines Begehrens als Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsbegehren ist entscheidend, unter welchen gesetzlichen Tatbestand der vorgetragene Sachverhalt zu reihen ist. In den Fällen, in denen das Gesetz die Unwirksamkeit eines Rechtsverhältnisses ex lege automatisch an das Vorhandensein eines bestimmten Tatbestandes knüpft, ohne dass es dazu eines Richterspruches bedarf, wirkt eine gerichtliche Entscheidung über Bestand oder Nichtbestand dieses Rechtsverhältnisses lediglich deklarativ; das Begehren muss also ein Feststellungsbegehren sein. Das Gleiche gilt auch dort, wo das Gesetz die Aufhebung eines Rechtsverhältnisses bei Vorliegen eines bestimmten Tatbestands durch außergerichtliche Parteierklärung ermöglicht; auch hier hat das Urteil lediglich feststellenden Charakter, denn es stellt lediglich fest, ob das Rechtsverhältnis durch die Parteierklärung wirksam gelöst werden konnte. Wird die Aufhebung des Rechtsverhältnisses aber vom Gesetz ausdrücklich dem Richterspruch vorbehalten, dann liegt immer eine Rechtsgestaltungsklage vor (siehe im Detail Fasching in

Fasching/Konecny
, Zivilprozessgesetze2 § 228 ZPO Rz 15).

Diese grundlegenden Unterscheidungen sind auch bei Anträgen gem § 54 Abs 2 ASGG zu beachten.

Im Gegensatz zur Klage gem § 54 Abs 1 ASGG muss der OGH ausschließlich vom im Antrag genannten Sachverhalt ausgehen (§ 54 Abs 4 ASGG). Er führt weder ein Beweisverfahren noch eine Interpretation des Sachverhalts zB dahingehend durch, dass er den im Antrag geschilderten Sachverhalt nach Varianten gliedert.

Der OGH hat wiederholt ausgesprochen, dass es nicht Aufgabe der Rsp ist, den Anwendungsbereich unbestimmter Gesetzesbegriffe ohne Berücksichtigung der im Einzelfall gegebenen besonderen Umstände generell und abstrakt einzugrenzen oder die möglichen Fallgruppen zu variieren und jeweils rechtlich zu beurteilen (zuletzt OGH9 ObA 63/15bDRdA-infas 2016/86, 138; RIS-Justiz RS0085664). Auch führen bloß kursorische Sachverhaltsbehauptungen, die die näheren Umstände der zu beurteilenden Frage nicht angeben, zur Abweisung des Antrags (OGH9 ObA 168/05dDRdA 2007/34, 315 [Weiß]). So wurde in Zusammenhang mit einer globalen, undifferenziert einen gesamten KollV betreffenden Fragestellung ausgesprochen, dass „es nicht Aufgabe des OGH sein kann, alle … Bestimmungen des Vertrags auf ihren Inhalt und ihren rechtlichen Hintergrund zu analysieren und die in jedem Einzelfall relevanten Fragestellungen von sich aus zu erarbeiten und – obwohl sich der Antrag in keiner Weise damit auseinandersetzt – aufzuarbeiten und zu lösen (zuletzt OGH 9 ObA 63/15b DRdA-infas 2016/86, 138; RIS-Justiz RS0120613). Für ein Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 2 ASGG eignen sich daher nur Sachverhalte, aus denen eindeutige Rechtsfolgen abgeleitet werden können. Sachverhalte, bei deren Beurteilung die Rechtsordnung dem richterlichen Ermessen Spielraum gewährt, die etwa ‚nach Billigkeit‘ oder ‚nach den Umständen des Einzelfalls‘ zu entscheiden sind, eignen sich in der Regel nicht für ein besonderes Feststellungsverfahren“ (OGH9 ObA 18/16mecolex 2016/439, 1003 = DRdA-infas 2016/199, 329; Neumayr in

Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 54 ASGG Rz 26 mwH).

Ebenso sind Feststellungsanträge zur Klärung abstrakter Rechtsfragen, denen bloß theoretische Bedeutung zukommt, grundsätzlich nicht feststellungsfähig. Der Antrag nach § 54 Abs 2 ASGG muss ebenso wie eine Feststellungsklage der Prävention und der Prozessökonomie dienen. Insofern unterscheidet sich das Modell des besonderen Feststellungsverfahrens nach § 54 Abs 2 ASGG von einer reinen Gutachtertätigkeit (zuletzt OGH9 ObA 18/16mecolex 2016/439, 1003 = DRdA-infas 2016/199, 329; RIS-Justiz RS0109383).

So hat der OGH (9 ObA 18/16mecolex 2016/439, 1003 = DRdA-infas 2016/199, 329) einen Antrag ebenso mangels Feststellungsfähigkeit (abstrakte Rechtsfrage) abgewiesen, mit welchem187begehrt wurde festzustellen, dass es sich bei einer BV (Zielgruppenprämien-Modell) mit den Prämienkomponenten Quantität und Qualität, welche je zur Hälfte die Höhe der Prämie beeinflussen können, um ein leistungs- und erfolgsbezogenes Prämiensystem iSd § 97 Abs 1 Z 16 ArbVG handle; wie auch, dass die Rechtswirkung einer BV gem § 97 Abs 1 Z 16 ArbVG nach ihrem Erlöschen durch Kündigung (§ 32 Abs 3 ArbVG) durch eine Vereinbarung zwischen dem BR und dem/der BetriebsinhaberIn nicht ausgeschlossen werden können.

Der maßgebliche Sachverhalt muss auch vollständig im Antrag angeführt werden. Unvollständigkeiten oder Lücken führten immer wieder zur Abweisung des Antrages. Ein Beispiel für unvollständige Sachverhaltsdarstellung im Antrag, die zur Abweisung des Antrages führten, ist die nachstehende E des OGH (9 ObA 168/05dDRdA 2007/34, 315 [Weiß]). Soweit der OGH-E zu entnehmen ist, beanstandete der Antragsteller die unvollständige Aufklärung jener Anwartschaftsberechtigten, denen von der AG ein Opting-Out, also die Möglichkeit, eine Pensionskassenregelung nicht in Anspruch zu nehmen, sondern die bisherige Regelung beizubehalten, eingeräumt worden sei. Hätten sie gewusst, dass sie sich in die Gefahr namhafter Pensionskürzungen begeben, hätten sie vom Opting-Out Gebrauch gemacht. Den mangelnden Informationsstand der betroffenen AN habe der Antragsteller allein aus zwei Schreiben ableiten wollen, von denen sich eines nicht einmal an die AN richtete. Gleichzeitig ging aus den vorgelegten Urkunden hervor, dass es nicht nur diese beiden Schreiben, sondern darüber hinaus fünf Informationsveranstaltungen und eine Betriebsversammlung gab. Deren Inhalt habe der Antrag verschwiegen. Dass diese Informationsveranstaltungen in Wahrheit nicht stattgefunden hätten oder AN der Zugang dazu verwehrt worden wäre, sei nicht behauptet worden. Es liege somit insoweit unvollständiges Antragsvorbringen vor, das schon deshalb einem Verbesserungsauftrag nicht zugänglich wäre, weil erkennbar Sachverhaltselemente von zentraler Bedeutung ausgeklammert worden wären, die nach dem Willen der Antragstellerin offenkundig der Beurteilung durch den OGH nicht zu Grunde gelegt hätten werden sollen. Dieser Umstand wäre ohne weitere Erhebungen wahrzunehmen, liege es doch gem § 54 Abs 4 ASGG ausschließlich am Antragsteller, dem OGH einen den dargestellten Zulässigkeitskriterien entsprechenden Sachverhalt vorzutragen.

Vom OGH wird es vereinzelt zugelassen, dass der Antragsteller Verbesserungen zum Antrag vornimmt. Der OGH hat den Antragsteller in einem solchen Fall nicht zu belehren, was er behaupten müsste, damit sein Antrag erfolgreich sein könnte (Neumayr in

Neumayr/Reissner
[Hrsg], ZellKomm2 § 54 ASGG Rz 27, unter Hinweis auf Gamerith, ).

2.2.
Rechte oder Rechtsverhältnisse

Der Antrag muss eine Rechtsfrage des materiellen Rechts auf dem Gebiet der Arbeitsrechtssachen nach § 50 ASGG zum Gegenstand haben (§ 54 Abs 2 ASGG; OGH 20.1.1999, 9 ObA 222/98g; zuletzt OGH 29.3.2016, 8 ObA 19/16a). Verfahrensrechtliche Fragen sind daher ausgeschlossen. § 54 Abs 2 ASGG verweist auf § 50 ASGG. Dieser beschreibt in einer Liste von mittlerweile neun Aufzählungen, was Arbeitsrechtssachen als bürgerliche Streitigkeiten sind. Gem Abs 2 sind Arbeitsrechtssachen auch Streitigkeiten über Rechte oder Rechtsverhältnisse, die sich aus dem II., V., VI., VII. oder VIII. Teil des ArbVG (betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten) oder aus gleichartigen österreichischen Rechtsvorschriften ergeben. Es muss sich also nicht unbedingt um eine Frage zu Rechten oder Rechtsverhältnissen aus Kollektivverträgen handeln, sondern kann auch zB Betriebsvereinbarungen oder Einzelverträge betreffen. Antragsgegner muss aber eine kollektivvertragsfähige Körperschaft sein (siehe oben).

2.3.
Feststellungsinteresse

Eine weitere Voraussetzung für Feststellungsklagen allgemein ist, dass eine gewisse „Gefährdung“ der Rechtsposition gegeben ist. Im Verfahren nach § 54 Abs 2 ASGG äußert sich dies dadurch, dass sich zum einen die Bestreitung aus dem Antrag ergibt oder zum anderen aus der Gegenschrift des Antragsgegners zumindest erschließen lassen muss, dass bestimmte Rechte oder Rechtsverhältnisse strittig sind. Ist dies nicht der Fall oder ist zB zwischen den Parteien kein Recht oder Rechtsverhältnis auf Basis des behaupteten Sachverhalts strittig, sondern nur der Sachverhalt selbst, ist der Antrag mangels Feststellungsinteresses abzuweisen (zuletzt OGH 27.6.2013, 8 ObA 14/13m).

Der OGH prüft das Vorliegen eines Feststellungsinteresses von Amts wegen (zuletzt OGH9 ObA 18/16mecolex 2016/439, 1003 = DRdA-infas 2016/199, 329).

2.4.
Mindestens drei Personen betroffen

Die strittigen Rechte oder Rechtsverhältnisse müssen einen von mindestens drei namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen. Eine Namensnennung im Antrag ist nicht notwendig. Es genügt die Behauptung, dass die dem Antrag zugrundelie-188gende Rechtsfrage für mindestens drei AG oder AN (zumindest zum Zeitpunkt der Entscheidung des OGH (9 ObA 501/89JBl 1991, 811) von Bedeutung ist. Eine derartige Behauptung muss aber im Antrag enthalten sein. Der Einwand des Antragsgegners, der gegenständliche Antrag wäre zB für keinen einzigen AN von Bedeutung, bleibt vom OGH unbeachtet (insb OGH 23.6.2004, 9 ObA 150/03d).

Ein Beispiel für ein Verfahren, in dem der OGH den Antrag (auch) mangels Vorliegens des Kriteriums eines von mindestens drei namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalts abgewiesen hat, bietet OGH9 ObA 168/05d(DRdA 2007/34, 315 [Weiß]). Der OGH begründet darin, dass in diesem Fall nicht eine Vereinbarung zwischen AG und Belegschaftsvertretung unmittelbarer Gegenstand des zu beurteilenden Antrags, sondern die den betroffenen AN jeweils individuell eingeräumte Möglichkeit, sich durch Erklärung von den Wirkungen der BV auszunehmen, wäre. Damit käme es aber entscheidend auf den Wahrnehmungshorizont des einzelnen AN und die Erkennbarkeit allfälliger Auffassungsdefizite für den AG an. Es liege somit hier ein Fall vor, für dessen Beurteilung individuelle Elemente prägend wären, so dass wohl nicht davon gesprochen werden könne, der Sachverhalt sei – iSd § 54 Abs 2 ASGGvon namentlich bestimmten Personen unabhängig.

3.
Zusammenfassend ist zu betonen, dass das Antragsrecht gem § 54 Abs 2 ASGG durchaus ein geeignetes Instrument für die Praxis darstellt, das Bestehen oder Nichtbestehen von Rechten oder Rechtsverhältnissen, die einen von mindestens drei namentlich bestimmten Personen unabhängigen Sachverhalt betreffen, feststellen zu lassen.

Dabei sind allerdings sowohl formal als auch inhaltlich einige Vorgaben zu beachten. Antragsberechtigt sind nur kollektivvertragsfähige Körperschaften im Rahmen ihres Wirkungsbereiches. Der Antrag muss sich auf die Feststellung von strittigen Rechten oder Rechtsverhältnissen beziehen. Der im Antrag geschilderte Sachverhalt ist grundsätzlich bindend für den OGH und nur in engen Grenzen eine Verbesserung möglich. Nicht jeder Sachverhalt ist für einen derartigen Antrag geeignet.189