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Auslegung des Begriffs der „tätigkeitsbezogenen Vorerfahrung“ gem § 49 Abs 3 Uni-Kollektivvertrag

RICHARDHALWAX

Gem § 49 Abs 3 lit a des KollV für die AN der Universitäten (Uni-KollV) erhöht sich der monatliche Bruttobezug für das in der Gehaltsgruppe B1 eingestufte wissenschaftliche und künstlerische Universitätspersonal nach dreijähriger Tätigkeit. Diese Dreijahresfrist verkürzt sich um Zeiträume, für die tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen nachgewiesen werden.

Mit der am 27.8.2015 eingebrachten Feststellungsklage nach § 54 Abs 1 ASGG begehrte der BR für das wissenschaftliche Personal der Bekl, dass jenen Mitarbeitern mit einem Ausbildungsvertrag zum Anästhesisten (Facharztausbildung), die zuvor als Turnusärzte beschäftigt waren und diese Ausbildung erfolgreich abgeschlossen haben (ius practicandi) sowie den notärztlichen Lehrgang erfolgreich abgeschlossen haben, die Turnuszeiten als tätigkeitsbezogene Vorerfahrungen zur Gänze angerechnet werden.

Das Erstgericht gab der Klage insoweit Folge, dass es die begehrte Feststellung für jene Mitarbeiter aussprach, die während ihrer Arbeitszeit bei der Bekl nicht nur bloß geringfügig tatsächlich Notarztdienste erbracht haben. Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren hingegen zur Gänze ab, weil es eine unvertretbare Ungleichbehandlung wäre, wenn allein das Notarztdiplom, das in einer lediglich 60-stündigen Ausbildung erworben werde, maßgebend für die Anrechnung des gesamten dreijährigen Turnus sei.

In seiner dagegen gerichteten ordentlichen Revision beantragte der Kl die Abänderung des Urteils iS einer Wiederherstellung des Ersturteils. Der OGH wies die Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurück.

Eine selbstständige Tätigkeit als Notarzt würde laut OGH, wenn sie bereits vor der Aufnahme der Facharztausbildung zum Anästhesisten ausgeübt wurde und im nunmehrigen Dienstverhältnis nicht bloß einen geringfügigen Ausschnitt der nunmehrigen Aufgaben umfasst, nicht schon von vornherein ungeeignet sein, als tätigkeitsbezogene Vorerfahrung berücksichtigt zu werden, da das Fach Anästhesie und Intensivmedizin auch das Fach Notfallmedizin erfasst. Mit dem Wort Vorerfahrung ist aber schon begrifflich nur eine Erfahrung angesprochen, die ein Mitarbeiter vor dem maßgeblichen Dienstverhältnis gewonnen hat. Um eine Anrechnung von Zeiten der während der Facharztausbildung ausgeübten Tätigkeit als selbstständiger Notarzt geht es dem Kl auch nicht, weil das Klagebegehren auf die Anrechnung der davorliegenden Turnuszeiten abstellt, in der die Mitarbeiter noch nicht selbstständig als Notärzte praktizieren konnten. Dass die betroffenen Ärzte nun tatsächlich selbstverantwortliche Tätigkeiten als Notärzte im Ausmaß von zwei Mal 24 Stunden im Monat ausüben, ist unerheblich, weil darin schon begrifflich keine tätigkeitsbezogene Vorerfahrung für das aktuelle Facharztausbildungsverhältnis liegt. Weil der Kl nicht behauptet hat, dass die Turnusausbildungszeiten den Betroffenen einen weiteren tätigkeitsspezifischen Erfahrungszugewinn gebracht hätten, konnte die begehrte Feststellung aber nicht aus § 49 Abs 3 Uni-KollV abgeleitet werden.