137

Kündigungsgeschützte Elternteilzeit trotz Beibehaltung der Arbeitszeit vor der Geburt des zweiten Kindes

BIANCASCHRITTWIESER

Die AN ist seit 1995 bei der AG angestellt. Die AG beschäftigt weniger als 20 AN. Die wöchentliche Normalarbeitszeit der AN war mit 38 Stunden vereinbart. Nach der Geburt ihres ersten Kindes am 23.5.2003 nahm die AN Karenz in Anspruch. Ab 25.11.2005 vereinbarte sie mündlich mit dem AG eine wöchentliche Normalarbeitszeit von 24 Stunden (Montag bis Donnerstag jeweils 6 Stunden), um ihr Kind betreuen zu können. Für die AG war auch klar, dass die AN die Teilzeit solange in Anspruch nehmen würde, als sie sie für die Kinderbetreuung brauchte. Die AN konnte die Gleitzeitregelung nutzen, die ihr einen Arbeitsantritt bis spätestens 9:00 Uhr erlaubte.

Nach der Geburt ihres zweiten Kindes am 30.9.2012 nahm die AN eine Karenz bis zum Ablauf des zweiten Lebensjahres des Kindes in Anspruch. Danach wurde ihr angeboten, in den Räumlichkeiten eines Partnerunternehmens zu arbeiten. Die AN vereinbarte (erneut nur mündlich) mit der AG wieder eine Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag (24 Stunden). Da die AN ihr Kind frühestens um 7:50 Uhr im Kindergarten abgeben konnte, war ein früherer Arbeitsbeginn nicht möglich. Spätestens um 15:00 Uhr musste sie ihren Arbeitsplatz auch wieder verlassen. Die AG war mit dieser Arbeitseinteilung auch einverstanden. Ihr war auch klar, dass die AN diese Diensteinteilung für die Kinderbetreuung benötigte. Wie lange diese Vereinbarung gelten sollte, wurde nicht besprochen. Die AN begann schließlich am 1.10.2014 wieder zu arbeiten. Mit Schreiben vom 28.1.2015 sprach die AG ohne vorherige Zustimmung des Gerichts die Kündigung der AN zum 30.6.2015 aus.

Die AN wandte die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung nach dem MSchG ein. Die Vorinstanzen stellten den aufrechten Bestand des Arbeitsverhältnisses über den 30.6.2015 hinaus fest, weil sich die AN in einer kündigungsgeschützten vereinbarten Elternteilzeit nach § 15i MSchG befunden habe. In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision bestreitet die AG das Vorliegen einer Elternteilzeitvereinbarung mangels einer Reduktion der vor der Geburt des zweiten226Kindes zuletzt vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit.

Der OGH wies die außerordentliche Revision der AG zurück. In Übereinstimmung mit den Vorinstanzen geht der OGH in diesem Fall von einer kündigungsgeschützten vereinbarten Elternteilzeit aus. Er wiederholt dazu die bisherige Rsp zur vereinbarten Elternteilzeit: Demnach ist maßgebend, ob die Elternteilzeit von der AN deshalb begehrt wird, weil eine Vollzeitbeschäftigung nicht die erforderliche Zeit für die Kleinkinderbetreuung zulassen würde, die gewünschte Teilzeit also der Betreuung des Kleinkindes dient. Kommt diese Zweckbestimmung zum Ausdruck und sind die relevanten Umstände dem AG auch bekannt, so ist bei der gebotenen objektiven Betrachtung grundsätzlich der Schluss zu ziehen, dass eine Vereinbarung über die Elternteilzeit iSd MSchG zustande gekommen ist. Ebenso führt eine nur mündlich vereinbarte Elternteilzeit zum Kündigungsschutz, wenn sich der AG auf Verhandlungen über dieses Begehren einlässt, es letztlich zu einer Vereinbarung über die Teilzeit kommt und am objektiven Erklärungswillen, eine Elternteilzeit nach MSchG zu vereinbaren, kein ernster Zweifel bestehen kann. Im vorliegenden Fall betrug die wöchentliche Normalarbeitszeit der Kl ursprünglich 38 Stunden. Die erste Reduktion der Arbeitszeit erfolgte aufgrund der Kinderbetreuung. Auch die Vereinbarung der zweiten Teilzeitarbeit verfolgte dieses Ziel, was auch der AG bekannt war. Somit handelte es sich auch bei der zweiten Teilzeitvereinbarung um eine solche iSd § 15i MSchG. Dem Umstand, dass das Ausmaß der Arbeitszeit der AN bereits vor der zweiten Teilzeitbeschäftigung wöchentlich 24 Stunden betrug, ist aus Sicht des OGH nicht von Bedeutung, weil auch die zweite Vereinbarung nur der Ermöglichung einer kinderbetreuungsbedingten Elternteilzeit – gleich, ob diese zur Gänze oder nur zum Teil dem MSchG unterlag – diente, ohne dass dadurch das Ausmaß der eigentlichen Normalarbeitszeit der AN (38 Stunden-Woche) in Frage gestellt worden wäre.