145Ruhen der Pension während der Flucht aus der Strafhaft
Ruhen der Pension während der Flucht aus der Strafhaft
Seit 1.5.2007 bezieht der Kl eine (unbefristete) Invaliditätspension. Ab 25.7.2013 verbüßte er eine Freiheitsstrafe, die voraussichtlich am 25.5.2016 geendet hätte. Für den Zeitraum von 16.12.2013 bis 17.12.2013 wurde ihm Ausgang aus der Strafhaft gewährt. Diesen trat er an, kehrte jedoch nicht in die Justizvollzugsanstalt zurück, sondern setzte sich ins Ausland ab. Am 1.7.2015 kehrte der Kl nach Österreich zurück und verbüßt seit 2.7.2015 wieder seine Haftstrafe.
Die Bekl sprach aus, dass die Pension ab 18.12.2013 für die weitere Dauer des Auslandsaufenthalts ruhe, weil sich der Kl widerrechtlich dem Strafvollzug entzogen habe und sich ohne Zustimmung der Bekl im Ausland befand. Das Klagebegehren auf Weitergewährung der Invaliditätspension über den 18.12.2013 hinaus wies das Erstgericht ab. Das Berufungsgericht vertrat die Ansicht, dass die Flucht die Strafhaft unterbreche, der Pensionsanspruch aber auf Grund des Auslandsaufenthalts gem § 89 Abs 1 Z 3 ASVG bis 31.12.2014 dennoch ruhe. Da der Ruhenstatbestand des Auslandsaufenthaltes für Leistungsansprüche aus der PV mit 1.1.2015 außer Kraft trat, habe der Kl Anspruch auf Nachzahlung seiner Pension für den Zeitraum ab der Rückkehr aus dem Ausland bis zum Wiederantritt der Strafhaft.
Der Revision der Bekl wurde Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt. Gem § 89 Abs 1 Z 1 ASVG ruhen Leistungsansprüche aus der PV, solange der Anspruchsberechtigte eine Freiheitsstrafe verbüßt. Zwar ist § 89 ASVG als Ruhensbestimmung nicht ausdehnend auszulegen, doch liegt nach Ansicht des OGH für die vorliegende Konstellation eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch Analogie zu schließen ist. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er den Fall der Flucht aus der Strafhaft bewusst nicht als weiteren Ruhenstatbestand in § 89 Abs 1 Z 1 ASVG angeordnet hat. Dies ergibt sich schon daraus, dass dieser Fall von der Rechtsordnung verpönt ist.
Nach der klaren Absicht des Gesetzgebers sollen die Leistungsansprüche aus der PV bei Verbüßung einer Strafhaft ruhen, weil für die Dauer einer Strafhaft die Versorgung des Anspruchsberechtigten aus öffentlichen Mitteln in anderer Weise sichergestellt wird. Der OGH stellt klar, dass die Flucht eines Strafgefangenen nicht als Unterbrechung der Haft angesehen werden kann, in der der Strafgefangene ein Sicherungsbedürfnis hat, weil die öffentlich-rechtlichen Versorgungsleistungen, die ihm im Rahmen der Strafhaft gewährt werden, weggefallen sind. Entzieht sich der Strafgefangene auf widerrechtliche Weise dieser Versorgung, so würde es nach Ansicht des OGH einen unerträglichen Wertungswiderspruch darstellen, von einem Wiederaufleben des Pensionsanspruchs des flüchtigen Strafgefangenen auszugehen. Die Flucht aus der238Strafhaft ist somit als Verbüßen einer Freiheitsstrafe iSd § 89 Abs 1 Z 1 ASVG anzusehen; der Pensionsanspruch des Kl ruhte daher während des gesamten Zeitraums der Flucht. Auf den Auslandsaufenthalt kommt es in der gegebenen Konstellation nicht an.