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Der in § 113 Abs 1 Z 1 ASVG geregelte Beitragszuschlag wegen nicht rechtzeitiger Anmeldung zur Sozialversicherung ist keine Strafe. Eine Verhängung neben einer Verwaltungsstrafe widerspricht daher nicht dem Doppelstrafverbot.

MONIKAWEISSENSTEINER

In den Verfahren vor dem BVwG waren jeweils über die meldepflichtigen DG wegen Verletzung der Meldepflicht von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde Verwaltungsstrafen gem § 111 ASVG in Höhe von € 730,- bzw € 365,- verhängt worden. Von den jeweils zuständigen Gebietskrankenkassen wurden zusätzlich Beitragszuschläge in Höhe von € 1.300,- bzw € 2.300,- vorgeschrieben.

Die DG bekämpften diese Bescheide der Krankenkassen mit Beschwerde an das BVwG. Das BVwG stellte zwei Anträge gem Art 140 Abs 1 Z 1 lit a B-VG sowohl § 113 Abs 1 Z 1 ASVG als auch § 113 Abs 2 ASVG als verfassungswidrig aufzuheben. Gem § 113 ASVG können meldepflichtigen Personen (Anmerkung der Bearbeiterin: insb DG) Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur SV nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde.

Das BVwG begründet seine Anträge an den VfGH mit einem „Verstoß gegen Art 6 EMRK in239Verbindung mit Art 4 7. ZPEMRK“ (Verbot gegen das Doppelstrafverbot); darüber hinaus werden Bedenken wegen Eingriffs in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Eigentumsrecht und den Gleichheitssatz geltend gemacht.

Die Bedenken werden vom VfGH nicht geteilt und die Anträge abgewiesen bzw zT als zu weitgehend zurückgewiesen. Dazu führt der VfGH in der Begründung aus: Der Beitragszuschlag stellt ebenso wenig eine Strafe dar wie Verzugszinsen. Das BVwG übersieht, dass der Beitragszuschlag – anders als eine Verwaltungsstrafe – nicht der betreffenden Gebietskörperschaft (hier: dem Bund) zufließt, sondern jenem Krankenversicherungsträger, der den Aufwand der Kontrolle nicht angemeldeter Beschäftigung („Schwarzarbeit“) zu tragen hat. Es ist ein im Einzelfall zu den Regelbeiträgen hinzutretender Teil der vom DG geschuldeten Sozialversicherungsbeiträge. Die Beschäftigung nicht zur SV angemeldeter DN ist nur durch unangemeldete Kontrollen am jeweiligen (potenziellen) Beschäftigungsort feststellbar. Das Vorliegen einer „strafrechtlichen Anklage“ nach Art 6 Abs 1 EMRK ist nach der mit der im Fall Engel beginnenden Rsp des EGMR nach der Einordnung im innerstaatlichen Recht, nach der Natur des Vergehens und nach der Art und Schwere der Strafe zu beurteilen. Die ausdrückliche Qualifikation als Straftatbestand ist nicht erfolgt. Der Titel „Strafbestimmungen“ des Abschnitts VIII des Zweiten Teils des ASVG stammt offenbar (noch) daher, dass ursprünglich neben § 111 ASVG auch in § 114 ASVG eine Strafbestimmung enthalten war. Es handelt sich auch um keine Sanktion strafrechtlichen Charakters, sondern um einen Pauschalersatz für den zusätzlichen Verwaltungsaufwand für die Bereithaltung und den Einsatz des Personals zur Kontrolle der Arbeitsstätten. Diese sind nach dem Willen des Gesetzgebers zumindest zum Teil von jenen DG zu tragen, bei denen nicht angemeldete DN angetroffen werden; auch die durchaus empfindlichen Höhen machen sie noch nicht zur Strafnorm. Die Möglichkeit einer Herabsetzung oder eines Erlasses des Beitragszuschlags macht deutlich, dass die Verhängung des Kostenbeitrages im Unterschied zu einer Verwaltungsstrafe nicht obligatorisch ist.

Auch die vorgebrachten Bedenken, dass dem DG im Fall der Betrauung eines Steuerberaters fremdes Verschulden zugerechnet wird und deswegen das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums sowie auf Gleichheit vor dem Gesetz verstoßen würde, treffen nicht zu. Es bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Meldepflichten solange in der Verantwortung des DG bleiben, als eine Bekanntgabe eines Verantwortlichen gem § 35 Abs 3 ASVG an den Versicherungsträger nicht erfolgt ist.