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Übertragung der Pensionsanwartschaft an eine Pensionskasse – Höhe des Schadenersatzes bei Verletzung der Aufklärungspflichten

MARTINACHLESTIL

Der 1948 geborene Kl (ehemaliger AN) war von 1976 bis 2003 bei der bekl (ehemaligen) AG in unterschiedlichen Funktionen, zuletzt als Geschäftsführer für Tschechien und die Slowakei, beschäftigt. Er hatte ursprünglich aus der Versorgungsordnung der bekl AG eine Anwartschaft auf eine leistungsorientierte Betriebspension, die er regulär ab dem 65. Lebensjahr, frühestens aber ab Vollendung des 60. Lebensjahres hätte beziehen können. Im Jahr 1999 stimmte er dem Umstieg auf ein beitragsorientiertes Pensionskassenmodell zu, das ua die Möglichkeit eines Pensionsanfalls ab dem 55. Lebensjahr vorsah. Das Dienstverhältnis zur bekl AG endete durch einvernehmliche Auflösung zum 31.7.2003, wobei Beweggrund für den Kl ua der Pensionsbezug ab 55 Jahren war. Seit August 2004 bezieht er monatlich214Pensionsleistungen der Pensionskasse, deren Höhe sich seither rückläufig entwickelt hat (August 2004: € 4.531,74; März 2015: € 3.244,-).

Aufgrund einer rechtskräftigen Vorentscheidung (OGH 29.1.2013, 9 ObA 92/12p) steht fest, dass die bekl AG für den Ersatz aller Schäden haftet, die aus der Übertragung ihrer Pensionszusage an die Pensionskasse entstehen, weil sie beim Übertritt des Kl in das Pensionskassenmodell ihre Aufklärungspflichten verletzt hatte.

Darauf gestützt begehrt der Kl den Ersatz eines Schadens in Höhe von € 31.028,15 brutto sA für den Zeitraum September 2011 bis Juli 2012 als Differenz der tatsächlich ausbezahlten Beträge zu jenen Beträgen, auf die er nach dem alten Pensionssystem der bekl AG Anspruch gehabt hätte.

Das Berufungsgericht sprach einen Teilbetrag von € 13.713,51 zu und bejahte den Rechtswidrigkeitszusammenhang so weit, als sich die Differenzen aus dem Absinken der Pensionsleistung gegenüber der gewährten erstmaligen Pension von € 4.531,74 ergeben. Die ordentliche Revision wurde zur Frage zugelassen, ob ein AN, der aufgrund einer unzutreffenden Information des AG der Übertragung einer gegenüber dem AG bestehenden Pensionsanwartschaft auf eine Pensionskasse zustimme und in der Folge eine ihm erst durch diese Übertragung eröffnete Möglichkeit eines vorzeitigen Pensionsantritts in Anspruch nehme, einen Schadenersatzanspruch in Höhe der Differenz zwischen der tatsächlich bezogenen Pensionskassenleistung und einem fiktiven Pensionseinkommen habe, das er aus der direkten Leistungszusage des AG bei späterem Pensionsantritt bezogen hätte.

Nach dem OGH ist die Revision zwar zulässig, aber nicht berechtigt. Das haftungsbegründende Verhalten der bekl AG besteht hier nicht schon darin, dass sie dem Kl im Jahr 1999 die Möglichkeit zum Umstieg von der Firmenpensionsanwartschaft auf eine Pensionskassenzusage mit der Option bot, eine Pension bereits ab dem 55. Lebensjahr in Anspruch zu nehmen, sondern darin, dass sie den Kl vor der Übertragung der Pensionsanwartschaften nicht darüber aufklärte, dass seine einmal gewährte Pension je nach Veranlagungsergebnis der Pensionskasse auch sinken könne. Aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens ist aber nur für jene Schäden zu haften, die die übertretene Verhaltensnorm gerade verhindern wollte; bei Verletzung von Aufklärungspflichten im Besonderen ist entscheidend, ob sich jenes Risiko verwirklicht hat, über das aufzuklären gewesen wäre.

Der OGH teilt daher die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass eine allfällige, aus dem früheren Pensionsantritt resultierende Differenz in der monatlichen Pensionshöhe, soweit sie nur auf den früheren Pensionsantritt zum 55. Lebensjahr zurückgeht, nicht schon durch die Aufklärungspflicht der bekl AG über das Sinken der Pension hätte verhindert werden sollen. Sie steht folglich nicht im Zusammenhang mit der Verletzung ihrer Aufklärungspflicht. Unter der Annahme, dass der Kl unter der Geltung des Firmenpensionsstatuts zum 60. Lebensjahr in Pension gegangen wäre (was nicht feststeht), wäre der Schaden des Kl der bekl AG daher nur insoweit zurechenbar, als eine von der Pensionskasse gewährte Pension, auf die der Kl bei einem Pensionsantritt zum 60. Lebensjahr für den hier geltend gemachten Zeitraum (September 2011 bis Juli 2012) Anspruch hätte, hinter der fiktiven Pension nach dem alten Pensionsstatut zurückbliebe. Entsprechende Rechenwerte wurden aber weder vorgebracht noch festgestellt. Das Berufungsgericht hat jedenfalls jenen Betrag als ersatzfähig erkannt, der auf das aus den Feststellungen hervorgehende Absinken der Pensionshöhe der tatsächlich ausbezahlten Beträge zurückgeht. Da dies die Parteien in den Revisionen auch nicht weiter in Frage gestellt haben, musste auf weitere Fragen der Schadensberechnung nicht eingegangen werden.