Löwisch/RiebleTarifvertragsgesetz
4. Auflage, Franz Vahlen Verlag, München 2017, XXIX, 1.504 Seiten, Leinen, € 159,-
Löwisch/RiebleTarifvertragsgesetz
Der Titel des vorliegenden Bandes stellt ein Understatement dar. Es handelt sich bei diesem Werk nicht um einen knapp gehaltenen Kommentar, denn das deutsche Tarifvertragsrecht wird auf 1.504 Buchseiten ausführlich dargestellt. Allein das umfangreiche Stichwortregister nimmt 45 Seiten ein.
In der aktuellen Auflage wurden das Tarifautonomiestärkungsgesetz und das Tarifeinheitsgesetz eingearbeitet. Für österreichische LeserInnen ist es zudem vorteilhaft, dass die Kommentierung das Tarifvertragsgesetz, die dazugehörige Durchführungsverordnung und auch das Arbeitnehmerentsendegesetz enthält.
Besonders beeindruckt hat den Rezensenten, dass der Grundlagenteil umfassendes statistisches Material zu Organisationsgrad, Flächentarifbindung der Beschäftigten – aufgegliedert in Westen und Osten im Land – enthält sowie auch Tabellen zur Tarifbindung der Betriebe, aufgegliedert nach deren Größe, anführt. Die Auswirkungen grundsätzlicher Unterschiede des österreichischen Kollektivvertragssystems zum deutschen Kollektivvertragsrecht werden durch den statistischen Fokus für den österreichischen Rechtskundigen plastisch dargestellt.
Weiters handeln die Autoren im Grundsatz die Rechtsgrundlagen des Tarifvertrags, die Dimension der Internationalisierung von Arbeitsverhältnissen mit der Behandlung des Territorialitätsprinzips im Tarifvertragsrecht sowie Anknüpfungsmöglichkeiten des internationalen Kollisionsrechts ab.
Nicht außer Acht gelassen wurde bei den Grundlagen auch das deutsche Arbeitskampfrecht, welches aufgrund der Verrechtlichung in Deutschland – Stichwort: Kampfgarantie bei Beachtung eines Übermaßverbots unter Beibehaltung einer staatlichen Neutralität – anders als das traditionell ungeregelte Arbeitskampfrecht in Österreich, spannende Einblicke bietet.
Ebenfalls besonders interessant stellt sich das Kapitel über Tarifkollisionen dar, da aufgrund konkurrierender Gewerkschaften und einer Vielzahl von tarifvertragsabschließenden AG-Verbänden dieses Problem – anders als in Österreich – von starker Praxisrelevanz ist. Aufgrund der Ereignisse der jüngsten Vergangenheit mit kämpferischen Minderheitsgewerkschaften wurde dieses deutsche Problem einer neuen gesetzlichen Lösung zugeführt. Nachdem das Bundesarbeitsgericht 2010 unter Beachtung der (deutschen) Ausprägung der Koalitionsfreiheit den Grundsatz der Tarifeinheit aufgab, wurde dieser durch das Tarifeinheitsgesetz, welches 2015 in Kraft trat, wiedereingeführt.
Insgesamt liegt mit diesem Werk eine sehr gut verständliche Kommentierung des deutschen Tarifvertragsrechts vor, das den Blick auf die Praxis nie aus den Augen lässt. Weiters macht auch die schöne Ausgabe und das gelungene Druckbild große Freude. So stellt der Kommentar selbst die beste und eindeutige Empfehlung für Interessierte und RechtsanwenderInnen dar.