23

Unfallversicherungsschutz bei Stolpern am Arbeitsplatz nach Einräumen des Geschirrspülers

CRHSITAMARISCHKA

Der Kl ist bei der ÖBB Infrastruktur AG als Energietechniker und Energiehändler tätig. Er verrichtet gemeinsam mit einem Kollegen abwechselnd einen zwölfstündigen Tag- und Nachtdienst, wobei keine konkreten Pausen vorgesehen sind. Am Unfalltag hatte der Kl während seines Nachtdienstes Hunger und da es die Arbeitsbelastung gerade zuließ, machte er eine kurze Pause. Der Kl ging in die unmittelbar an seinen Arbeitsplatz angrenzende Betriebsküche, um sich einen Teller und ein Messer zu holen, kehrte dann unverzüglich an seinen Arbeitsplatz zurück und nahm dort sein Essen ein, wobei er die Augen stets auf den Bildschirm gerichtet hatte. Er räumte danach den Teller und das Besteck in den in der Betriebsküche befindlichen Geschirrspüler; als er sich anschließend wieder aufrichtete und umdrehte, um zu seinem Arbeitsplatz zurückzukehren, stolperte er, stürzte und verletzte sich. Die Ursache des Stolperns steht nicht fest.

Die Unterinstanzen bejahten das Vorliegen eines Arbeitsunfalles.

In der außerordentlichen Revision bezieht sich die Bekl auf bestehende Rsp, wonach die zur Befriedigung der lebensnotwendigen Bedürfnisse zählende Nahrungsaufnahme im Allgemeinen zumindest überwiegend dem privaten unversicherten Lebensbereich zuzuordnen ist. Der OGH weist die Revision aber mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück:

Es handelt sich in der Mehrzahl der von der Bekl ins Treffen geführten Entscheidungen um nicht vergleichbare Fallkonstellationen, weil31sich die Unfälle in der eigenen Wohnung oder außerhalb der Arbeitszeit ereignet haben oder die Tätigkeit weder betrieblichen Interessen noch der Verfolgung eines lebensnotwendigen Bedürfnisses gedient hat. Eine zitierte E betraf das Aufsuchen der Wohnung zur Versorgung eines kranken Kindes, eine weitere Entscheidung beschäftigte sich mit dem vormittäglichen Trinken aus einer (vermeintlich) mit Wein gefüllten Flasche während der Arbeitszeit (keine der Befriedigung lebensnotwendiger Bedürfnisse dienende Betätigung) oder mit dem Einkauf von Lebensmitteln für den folgenden Tag (keine unaufschiebbare Verrichtung).

Der OGH führt in der gegenständlichen E aus, dass selbst wenn auch das vorliegende Unfallgeschehen – nämlich der Sturz nach dem Einräumen des Geschirrspülers – in dem von der Bekl begehrten Sinn als rein eigenwirtschaftliche Tätigkeit anzusehen wäre, diese nach Art und Dauer nur zu einer geringfügigen Unterbrechung der versicherten Tätigkeit führt, die den Versicherungsschutz iSd Rsp nicht entfallen lässt, weil noch ein innerer Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit besteht. Zudem wird für Verrichtungen, die sowohl privaten als auch betrieblichen Interessen dienen – sogenannte gemischte Tätigkeiten – Versicherungsschutz bejaht, wenn diese Tätigkeit im Einzelfall dazu bestimmt war, auch betrieblichen Interessen wesentlich zu dienen. Es ist keine unvertretbare Fehlbeurteilung, wenn das Berufungsgericht das Freihalten eines Bildschirmarbeitsplatzes von benutztem Essgeschirr und das Einräumen in den Geschirrspüler in der unmittelbar daneben befindlichen Betriebsküche entweder als geringfügige Unterbrechung oder als im nicht gänzlich untergeordneten betrieblichen Interesse erfolgt ansieht und daher das Geschehen unter § 175 Abs 1 ASVG subsumiert hat.

Die ungeklärte Ursache des Stolperns geht zu Lasten der Bekl, weil sie nicht nachweisen konnte, dass kein in der betrieblichen Sphäre liegender Umstand kausal war und der betriebliche Zusammenhang gelöst worden sei.