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Tätigkeit als Behindertenbetreuer in einer Werkstätte ist keine Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsVO

WERNERPLETZENAUER
§ 1 Abs 1 Z 5 Schwerarbeits-VO

Die PVA lehnte mit Bescheid die Anerkennung von Schwerarbeitszeiten für den Zeitraum 1.7.1997 bis 31.8.2016 ab. Das Erstgericht wies die gegen den Bescheid gerichtete Klage ab. Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil. Die Revision des Kl wurde zugelassen, sie ist aber nicht berechtigt.

Der Kl hat den Beruf eines Behindertenfachbetreuers erlernt und übt ihn seit 1.9.1996 mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden aus. Die Aufgabenstellung des Kl umfasst die Kontrolle und Betreuung von behinderten Personen bei deren – als reine Beschäftigungstherapie anzusehenden – Arbeitstätigkeiten. Gemeinsam mit einem Kollegen betreut er durchschnittlich elf Personen in der sogenannten „Montagegruppe“. Diese Gruppe umfasst Personen mit einem Pflegebedarf der Stufen 3 oder 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG). Höherer Pflegebedarf ist nicht gegeben, Schwerstbehinderte sind nicht zu betreuen.

Die Tätigkeiten des Kl als in einer Werkstätte eingesetzter Behindertenbetreuer bestehen nicht überwiegend in Pflegetätigkeiten unmittelbar am Patienten, sondern in erster Linie in der Betreuung und Kontrolle behinderter Personen im Zusammenhang mit deren Beschäftigungstherapie bei der Durchführung diverser kleinerer Montagearbeiten (zB Befüllen von Säckchen mit Schrauben). Neben dieser – im Vordergrund stehenden – Tätigkeit umfasst die Aufgabe des Kl auch Arbeiten im Zusammenhang mit der Körperpflege und der Nahrungs-45aufnahme der zu betreuenden Personen, indem er sie fallweise auf die Toilette hebt, sie nach epileptischen Anfällen reinigt und sie bei der Nahrungsaufnahme unterstützt. Bis vor vier Jahren musste er sie auch in den Zubringerbus heben. Der Kl verbraucht während eines achtstündigen Arbeitstages 1.692 kcal.

Die SchwerarbeitsVO stellt ganz allgemein nicht auf konkrete Berufe ab, sondern auf berufsbedingt belastende Tätigkeiten. Der Grund hierfür liegt in den unterschiedlichen Tätigkeiten innerhalb eines Berufsbildes, die – je nach Anforderungsprofil – mehr oder weniger belastend sind. Innerhalb der Berufsgruppe der medizinischen Berufe hat der Gesetzgeber bestimmte – als besonders belastend angesehene – Pflegetätigkeiten herausgenommen. Aus der Verwendung des Begriffs „berufsbedingte Pflege“ ergibt sich, dass der Gesetzgeber als Indikator für das besondere Ausmaß der psychischen Belastung in § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsVO an den besonderen Behandlungs- oder Pflegebedarf der Patienten und deren besonders schwierige Lebenssituation anknüpft (beispielsweise Pflegetätigkeiten an Schwerstkranken in der Hospiz- oder Palliativmedizin). Unter die SchwerarbeitsVO fällt auch die berufsbedingte Pflege von Personen mit einem Pflegebedarf zumindest der Stufe 5 nach § 4 Abs 2 BPGG, also von Personen, deren Pflegebedarf längerfristig andauert („Langzeitpflege“) und bei denen ein außergewöhnlicher Pflegebedarf gegeben ist.

Wenngleich, so der OGH, auch alle Tätigkeiten des Kl in ihrer Gesamtheit mit erheblichen psychischen Belastungen und Stress verbunden sein mögen, sind sie nicht als die vom Gesetzgeber umschriebene „besonders belastende“ Schwerarbeit iSd § 1 Abs 1 Z 5 SchwerarbeitsVO zu qualifizieren, weil sie Pflegetätigkeiten an Schwerstkranken in der Hospiz- oder Palliativmedizin, einer Langzeitpflege an Pfleglingen mit einem Pflegebedarf zumindest der Stufe 5 des BPGG oder der Pflege demenzerkrankter Patienten im geriatrischen Bereich nicht gleichzuhalten sind.46