Sozialrechtliche Änderungen 2018

MONIKAWEISSENSTEINER
Im Folgenden werden wesentliche Änderungen im Sozialrecht, die im Jahr 2018 in Kraft treten, zusammengefasst. Einige dieser Novellen wurden schon früher beschlossen, andere noch knapp vor der Auflösung des Nationalrats im Sommer als Abänderungsanträge zu noch zur Beschlussfassung im Parlament liegenden Gesetzen.
1.
Verbesserungen für Gewerbetreibende

Bereits im Frühjahr war eine Novelle mit Änderungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) und Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) in Begutachtung (317 ME), mit der eine finanzielle Erleichterung für Kleinbetriebe hinsichtlich der Entgeltfortzahlung im Falle einer Erkrankung oder eines Arbeitsunfalls der DN umgesetzt werden sollte. Weiters sollte die Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit (sogenanntes Krankengeld für Selbständige) ausgebaut werden. Infolge der Beendigung der Koalition wurde keine Regierungsvorlage (RV) im Ministerrat mehr beschlossen.

Stattdessen findet man diese Regelungen jetzt im Pensionsanpassungsgesetz 2018 (BGBl I 2017/151): Zur RV des Pensionsanpassungsgesetzes (1767 dB) wurden zwei Abänderungsanträge, nämlich AÄ-241 und AÄ-242, mit wechselnden Mehrheiten beschlossen.

§ 53b ASVG sah schon bisher Zuschüsse für DG zur Entgeltfortzahlung im Fall der Arbeitsunfähigkeit ihrer DN vor. Diese Zuschussleistung wird nun verbessert. Gebührten nach der geltenden Rechtslage DG, die nicht mehr als 50 DN beschäftigen, Zuschüsse im Ausmaß von 50 % der Entgeltfortzahlung aus den Mitteln der UV, wird jetzt in einem neuen § 53b Abs 2a ASVG dieser Zuschuss für DG mit nicht mehr als zehn DN auf 75 % erhöht. Nach den Erläuterungen zum Begutachtungsentwurf diene diese Maßnahme indirekt auch dem Schutz der DN, weil damit Kündigungen von erkrankten DN hintangehalten werden können. Der geschätzte finanzielle Mehraufwand für die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) wurde im Begutachtungsentwurf mit rund 26 Mio € pro Jahr beziffert. Die Neuregelung gilt für Versicherungsfälle, die nach dem 30.6.2018 eingetreten sind (§ 712 Abs 3 ASVG).

Eine weitere Verbesserung betrifft die Absicherung aus der SV für erkrankte KleinunternehmerInnen selbst. Gem § 104a GSVG haben Selb-56ständige, bei denen die Aufrechterhaltung des Betriebes von ihrer persönlichen Arbeitsleistung abhängt und die keinen oder weniger als 25 DN beschäftigen, Anspruch auf die Unterstützungsleistung bei lang andauernder Krankheit. Diese gebührte bisher ab dem 43. Tag der Arbeitsunfähigkeit für höchstens 20 Wochen. Mit der Novelle des § 104a GSVG gebührt die Leistung rückwirkend ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit. Die Bestimmung gilt ab 1.7.2018 bis 30.6.2022 (§ 370 GSVG), wobei eine Evaluierung durch den Hauptverband vorgesehen ist. Ergibt die Evaluierung messbare positive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung von Klein- und Mittelunternehmen, kann die Bundesministerin für Gesundheit und Frauen das Außerkrafttreten durch Verordnung neu festsetzen. Eine nähere Definition, welche Kriterien für die Evaluierung heranzuziehen sind bzw was der Gesetzgeber als positive Entwicklung von Klein- und Mittelunternehmen sieht, fehlt; ebenso erscheint eine Verschiebung der Geltungsdauer einer gesetzlichen Regelung durch eine Verordnung des/der MinisterIn bedenklich. Die Leistungshöhe wurde nicht verändert, die pauschale Unterstützungsleistung beträgt täglich € 29,93 (Wert 2018).

Im Zusammenhang mit diesen Änderungen wird § 319b ASVG, der bisher den Ersatz der Aufwendungen der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) für die Unterstützungsleistung durch die AUVA vorsah, mit Ablauf des 30.6.2018 aufgehoben. Dieser Kostenersatz gebührte bis zu einer jährlichen Höhe von 21,5 Mio € (aufgewertet für 2018). Insgesamt ergibt sich jedenfalls aus diesen beiden Änderungen eine finanzielle Mehrbelastung für die AUVA, die im Zusammenhang mit der zuletzt durchgeführten Beitragssenkung Auswirkungen auf die Leistungen der AUVA haben kann.

2.
Abschaffung Pflegeregress

Ebenfalls mit einem Abänderungsantrag (AÄ-225 XXV) wurde eine wesentliche Änderung im Bereich der Pflege beschlossen: Mit dem genannten Abänderungsantrag zum Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz (SV-ZG, BGBl I 2018/125) wird ein neuer Abschnitt IIa in das ASVG eingefügt (§§ 330a und 330b ASVG), mit dem der Pflegeregress verboten wird. § 330a ASVG steht in Verfassungsrang und bestimmt, dass ein Zugriff auf das Vermögen von in öffentlichen stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen und deren Angehörigen, ErbInnen und GeschenknehmerInnen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist. § 330b ASVG regelt, dass aus dem Bundesbudget jährlich 100 Mio € zur Abgeltung den Ländern zur Verfügung zu stellen und nach dem Schlüssel der Wohnbevölkerung gemäß dem Finanzausgleichsgesetz zu verteilen sind. Das Inkrafttreten ist mit 1.1.2018 festgelegt (siehe dazu bereits Weißensteiner/Ivansits, DRdA-infas 2017, 324 ff).

Diese Regelung umfasst sämtliches Vermögen ohne Berücksichtigung von dessen Höhe. Jegliches Vermögen, das nach österreichischer Rechtsordnung unter den Vermögensbegriff fällt, bleibt unangetastet. Darunter fallen auch Immobilien, Liegenschaften, Wohnungseigentum, Barvermögen und Sparbücher. Sämtliche wiederkehrende Leistungen und Ansprüche (wie Pensionen, Unterhaltsansprüche) sind weiterhin zur Kostendeckung heranzuziehen und vom Verbot des Pflegeregresses nicht erfasst. Bei Unterbringung in einem Heim auf Kosten der Sozialhilfe verbleiben wie schon bisher den HeimbewohnerInnen 20 % der Pension samt Sonderzahlungen sowie 10 % des Pflegegeldes der Stufe 3 (derzeit € 45,20) monatlich.

Es ist davon auszugehen, dass auch stationäre Einrichtungen, die primär der Betreuung von Menschen mit Behinderungen dienen, von den Bestimmungen über das Verbot des Pflegeregresses umfasst sind.

Eine weitere im SV-ZG auffindbare Verbesserung betrifft die Erweiterung der rückwirkenden Selbstversicherung in der PV bei Pflege eines behinderten Kindes (§ 669 Abs 3 ASVG idF SV-ZG) und tritt ebenfalls am 1.1.2018 in Kraft (siehe dazu ebenfalls Weißensteiner/Ivansits, DRdA-infas 2017, 324 ff).

3.
Weitere Änderungen

3.1. Änderungen, die am 1.1.2018 in Kraft treten, findet man auch im Mutterschutzgesetz (MSchG), in den §§ 120 Z 3 sowie § 162 Abs 1 ASVG (BGBl I 2017/126) und der MutterschutzVO (BGBl II 2017/310). Besteht bei Fortdauer der Beschäftigung – unabhängig von der Art der Beschäftigung – Gefahr für Leben und Gesundheit von Mutter und Kind, ist eine völlige Dienstfreistellung möglich. Dazu brauchten werdende Mütter bisher eine fachärztliche Bestätigung, die dann einer Arbeitsinspektionsärztin bzw einem Arbeitsinspektionsarzt vorgelegt werden musste, die das sogenannte Freistellungszeugnis ausstellten. Jetzt können direkt FachärztInnen für Gynäkologie oder Innere Medizin dieses Freistellungszeugnis ausstellen. Die zuständige Krankenkasse bezahlt dann das vorgezogene Wochengeld.

3.2. Die monatliche Beitragsgrundlagenmeldung, die mit dem Meldepflicht-Änderungsgesetz (BGBl I 2015/79) eingeführt wurde, wurde57– zum zweiten Mal – jetzt auf den 1.1.2019 verschoben (§ 689 Abs 1 Z 2 ASVG idF BGBl I 2017/66). Der Hauptverband muss allerdings die technischen Voraussetzungen bis Ende 2017 schaffen. Im Kalenderjahr 2018 ist ein Testbetrieb mit LohnsoftwareherstellerInnen sowie ein organisierter Produktionsbetrieb mit DG durchzuführen (§ 689 Abs 6 und 7 ASVG).

3.3. Ab 1.1.2018 bis 31.12.2020 gilt die sogenannte Aushilfskräfteregelung (§ 53a Abs 3b ASVG idF BGBl I 2017/29) im Sozialversicherungsrecht, die zur Unterstützung der heimischen Wirtschaft für temporäre Aushilfen durch Vollversicherte Erleichterungen in der Beitragsabfuhr und den Entfall des Unfallversicherungsbeitrags beim/bei der DG vorsehen. Sie gilt für nach dem ASVG Vollversicherte, die neben ihrem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis eine geringfügige Aushilfstätigkeit ausüben, die nicht mehr als 18 Tage dauert und bei einem/einer DG ausgeübt wird, der/die ebenfalls keine anderen Aushilfskräfte länger als 18 Tage im Kalenderjahr beschäftigt hat. In diesen Fällen haben die DG den Pauschalbeitrag gem § 53a Abs 3 ASVG direkt einzubehalten, wodurch die DN mit keinen Beitragsvorschreibungen durch die Krankenversicherungsträger am Jahresende mehr rechnen müssen. Der Unfallversicherungsbeitrag der DG wird aus den Mitteln der UV getragen. Auch für diese Neuregelung ist eine Evaluierung vorgesehen (§ 700 Abs 4 ASVG).

Im Steuerrecht gilt die Aushilfskräfteregelung bereits seit 2017 (bis 2021). Es gilt eine Befreiung für den/die AG für Kommunalsteuer, DG-Beitrag zum Familienlastenausgleichfonds (FLAF) und DG-Zuschlag („Kammerumlage 2“) und eine Befreiung von der Lohnsteuerpflicht für die AN.58