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Unwirksame Versetzung eines Betriebsratsmitglieds? – Richtige Formulierung des Klagebegehrens

MARTINACHLESTIL

Mit der vorliegenden Klage bekämpfte die Kl, die auch als stellvertretende Vorsitzende des BR tätig ist, die von der Bekl geplante Versetzung an eine andere Dienststelle unter Berufung auf das Beschränkungs- und Benachteiligungsverbot des § 115 Abs 3 Satz 2 ArbVG. Sie begehrte die Feststellung: „… Eine Versetzung der Klägerin an den Dienstort I* beeinträchtigt die Klägerin als Mitglied des Betriebsrates in der Ausübung ihrer Tätigkeit und findet somit nicht statt.

Das Erstgericht erachtete das Begehren als berechtigt und fasste folgenden Urteilsspruch: „... Es wird festgestellt, dass eine Versetzung der Klägerin an den Dienstort I* die Klägerin als Mitglied des Betriebsrats in der Ausübung ihrer Tätigkeit beeinträchtigt.

Der von der Bekl gegen diesen Spruch erhobenen Berufung wurde vom Berufungsgericht Folge gegeben: Die Rechts-(un-)wirksamkeit einer Rechtshandlung (nämlich der Versetzung) sei nicht feststellungsfähig, sondern mit dem Begehren, dass der AN zur Arbeit in der neuen Stellung nicht verpflichtet sei, geltend zu machen. Das ursprünglich erhobene Begehren (mit dem Zusatz „und findet somit nicht statt“) wäre diesen Erfordernissen zwar durchaus gerecht geworden, das Erstgericht habe im Urteilstenor jedoch nur festgestellt, dass eine Versetzung der Kl nach I* sie als Mitglied des BR in der Ausübung ihrer Tätigkeit beeinträchtigt habe, ohne auf den Zusatz Bedacht zu nehmen. Ein in diesem Sinn nicht erledigtes Begehren sei mangels Ergänzungsantrag nach § 423 ZPO oder Berufung der davon betroffenen Partei aus dem Verfahren ausgeschieden und nicht weiter zu beachten. Das vom Berufungsgericht zu entscheidende Klagebegehren, das schlicht die Eigenschaften bzw Konsequenzen einer Rechtshandlung festgestellt haben will, sei aber unzulässig und somit abzuweisen.

Der OGH teilte diese Ansicht nicht. Nach stRsp kann das Gericht dem Urteilsspruch eine dem Gesetz entsprechende, vom Feststellungsbegehren der Partei abweichende Fassung geben, wenn er sachlich nicht mehr oder etwas anderes enthält als das Begehren. Das Begehren ist dabei so zu verstehen, wie es im Zusammenhang mit der Klageerzählung vom Kl gemeint ist; das Gericht hat daher ein nur versehentlich unrichtig formuliertes Klagebegehren richtig zu fassen und den Urteilsspruch an den sachlichen Inhalt des Klagebegehrens anzupassen. Das Berufungsgericht habe seine Entscheidung gefällt, ohne auf die Möglichkeit einer Umfor-12mulierung des Klagebegehrens und einer Urteilsberichtigung iSd § 419 Abs 1 ZPO ausreichend Bedacht zu nehmen: So strebte die Kl nach der Klageerzählung und dem Begehren erkennbar die Feststellung an, dass sie nicht zur Befolgung der Versetzung verpflichtet sei und es war der Entscheidungswille des Erstgerichts klar darauf gerichtet, dem Klagebegehren in diesem Punkt vollinhaltlich stattzugeben, weil es die Versetzung nach § 115 Abs 3 ArbVG als rechtsunwirksam erachtete. Die Abweisung des Klagebegehrens durch das Berufungsgericht war geeignet, eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern. Der Revision war daher Folge zu geben und das Berufungsurteil aufzuheben. Gleichzeitig berichtigte der OGH das Urteil des Erstgerichts dahin, dass zu lauten hat: „Es wird festgestellt, dass die klagende Partei als Mitglied des Betriebsrats nicht zur Arbeit am Dienstort I* verpflichtet ist.“ Mit der Zustellung der berichtigten Ausfertigungen des Ersturteils beginnt hinsichtlich seines stattgebenden Teils die Rechtsmittelfrist für die Bekl zu laufen, um ihre bereits erhobene Berufung zu ergänzen.