44Kollektivvertragliche Fälligkeit des Urlaubszuschusses bei Urlaubsantritt gilt auch bei Urlaubskonsum aus Vorperioden
Kollektivvertragliche Fälligkeit des Urlaubszuschusses bei Urlaubsantritt gilt auch bei Urlaubskonsum aus Vorperioden
Der Kl war von 15.4.2013 bis 9.5.2015 als Betriebsleiter einer Bäckerei beschäftigt. Von 18.8. bis 22.8.2014 sowie von 27.12.2014 bis 4.1.2015 konsumierte er Erholungsurlaub. Nach § 11 Abs 3 des auf das Dienstverhältnis anzuwendenden KollV für Angestellte im Bäckereigewerbe wird das 14. Monatsgehalt (Urlaubszuschuss) bei Antritt eines Urlaubes, bei Konsumation des Urlaubs in mehreren Teilen, bei Antritt des längeren Urlaubsteiles, fällig. Wird ein Urlaub, auf den bereits Anspruch besteht, in einem Kalenderjahr nicht angetreten bzw verbraucht, ist der für dieses Kalenderjahr noch zustehende Urlaubszuschuss mit der Abrechnung für Dezember auszubezahlen.
Im Betrieb bestand die vom KollV abweichende Übung, den Urlaubszuschuss für alle AN, jeweils zur Hälfte im Juli und September eines jeden Jahres abzurechnen. Dem Kl wurde der so abgerechnete Urlaubszuschuss für 2014 aber trotz mündlicher Urgenzen nicht ausbezahlt. Am 5.5.2015 wurde über das Vermögen des AG ein Insolvenzverfahren eröffnet. Auf Grund der Schließung des Unternehmens endete das Arbeitsverhältnis durch berechtigten vorzeitigen Austritt.
Der Kl beantragte für seine offenen Forderungen Insolvenz-Entgelt bei der IEF-Service GmbH. Der Urlaubszuschuss für das Kalenderjahr 2014 wur-92de von der IEF-Service GmbH mit der Begründung abgewiesen, der Anspruch sei laut KollV bereits bei Urlaubsantritt fällig geworden und vom Kl nicht gem § 3a Abs 1 IESG innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit gerichtlich geltend gemacht worden.
In der dagegen erhobenen Klage brachte der Kl zusammengefasst vor, dass es sich bei den konsumierten Urlaubstagen um Urlaub aus dem Vorjahr gehandelt habe. Die Fälligkeit des Urlaubszuschusses für das Kalenderjahr 2014 sei daher durch diesen Urlaubskonsum nicht ausgelöst worden. Der Urlaubszuschuss sei daher laut KollV erst im Dezember 2014 – und somit innerhalb der letzten sechs Monate vor Insolvenzeröffnung – fällig geworden.
Sowohl das Erstgericht als auch das Berufungsgericht folgten der Argumentation des Kl. Der OGH teilte diese Auffassung nicht und gab der dagegen erhobenen Revision der Bekl statt.
Sowohl beim Urlaubszuschuss als auch bei der Weihnachtsremuneration handelt es sich um eine nach dem KollV gebührende Sonderzahlung, die einen laufenden Entgeltbestandteil des jeweiligen Kalenderjahres bildet („13. und 14. Gehalt“). Laut OGH entbehrt die Herstellung einer inhaltlichen Verknüpfung des Urlaubszuschusses – einer pro Kalenderjahr gebührenden Sonderzahlung – mit dem in jedem Urlaubsjahr entstehenden Urlaubsanspruch jeder Grundlage. Nach § 11 Abs 3 des KollV besteht die einzige Verknüpfung der Sonderzahlung mit einem tatsächlichen Urlaubskonsum darin, dass ein Urlaubsantritt innerhalb des Kalenderjahres die Fälligkeit der Sonderzahlung auslöst. Der Sinn der Fälligkeitsregelung des § 11 Abs 3 KollV besteht darin, den Angestellten den Urlaubszuschuss des jeweiligen Kalenderjahres bei Antritt eines (längeren) Urlaubs zur Verfügung zu stellen; nur wenn es im Kalenderjahr zu keinem Urlaubsantritt kommt, tritt die Fälligkeit der Sonderzahlung erst zum Jahresende ein. Es ist weder mit dem Wortlaut der Fälligkeitsregelung („bei Antritt eines Urlaubs“) noch mit ihrem Zweck vereinbar, denjenigen Angestellten, die im laufenden Kalenderjahr noch Urlaub aus einem früheren Urlaubsjahr verbrauchen, den Urlaubszuschuss bei Antritt vorzuenthalten. Der Urlaubszuschuss des Kl wurde daher am 18.8.2014 mit Antritt des ersten, längeren Urlaubsteils fällig. Darauf, ob die im Betrieb übliche Abrechnung des Urlaubszuschusses mit den Gehältern für Juli bzw September 2014 im Fall des Kl zu einer (anteilig) noch früheren Fälligkeit geführt hat, kommt es im Ergebnis nicht mehr an.
Mangels rechtzeitiger gerichtlicher Geltendmachung ist der eingeklagte Anspruch daher nicht nach § 3a Abs 1 IESG gesichert.
ANMERKUNG DER BEARBEITERIN: Der OGH hat die hier geäußerte Rechtsansicht bereits in einer weiteren E zu einem inhaltlich gleich gelagerten Fall zum KollV für Arbeiter im eisen- und metallverarbeitenden Gewerbe bestätigt (29.11.2017, 8 ObS 3/17z). |