53Strafe für Zubringen der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit im Fahrzeug ist EU-rechtskonform
Strafe für Zubringen der regelmäßigen wöchentlichen Ruhezeit im Fahrzeug ist EU-rechtskonform
Eine belgische Strafvorschrift sieht eine Geldbuße von € 1.800,– vor, wenn ein Lkw-Fahrer seine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit im Fahrzeug verbringt. Die Kl – ein belgisches Transportunternehmen – klagte auf Nichtigerklärung dieser Vorschrift. Das belgische Gericht ersuchte im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens den EuGH um Interpretation der zu Grunde liegenden VO 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr sowie um Klärung, ob die belgische Strafnorm mit dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Strafen vereinbar sei.
Art 4 lit h der VO 561/2006 definiert als „wöchentliche Ruhezeit“ den wöchentlichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ und eine „reduzierte wöchentliche Ruhezeit“ umfasst. Eine „regelmäßige wöchentliche Ruhezeit“ ist eine Ruhepause von mindestens 45 Stunden, während eine „reduzierte wöchentliche Ruhezeit“ weniger als 45 Stunden umfasst. Art 8 Abs 6 der VO 561/2006 bestimmt, dass in zwei jeweils aufeinander folgenden Wochen der Fahrer mindestens zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten oder eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit von mindestens 24 Stunden einzuhalten hat. Art 8 Abs 8 der VO 561/2006 legt fest, dass nicht am Standort eingelegte tägliche Ruhezeiten und reduzierte wöchentliche Ruhezeiten im Fahrzeug verbracht werden können (sofern sich der Fahrer dafür entscheidet und das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt).
Aus dem Umstand, dass in Art 8 Abs 8 der VO 561/2006 ausdrücklich von täglichen Ruhezeiten und reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten die Rede ist, leitet der EuGH ab, dass ein Fahrer regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten nicht im Fahrzeug verbringen darf, da ansonsten die getroffene Unterscheidung sinnlos wäre. Diese Auffassung ergibt sich klar auch aus dem Zusammenhang, in den Art 8 Abs 8 eingebettet ist, aus dem historischen Entstehungsprozess der europäischen Regelung und ihrem Zweck, der Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Fahrer und der Straßenverkehrssicherheit.
Die VO 561/2006 untersagt somit Fahrern, die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit iS von Art 8 Abs 6 im Fahrzeug zu verbringen, enthält jedoch selbst keine Sanktion für Verstöße, sondern verpflichtet die Mitgliedstaaten in Art 19, Sanktionen für Verstöße vorzusehen. Somit sind die Mitgliedstaaten nach Art 4 Abs 3 des EU-Vertrags verpflichtet, alle geeigneten Maßnahmen zu treffen, um die Geltung und die Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten. Die Mitgliedstaaten verfügen dabei über einen Ermessensspielraum und haben bei der Wahl der Sanktionen darauf zu achten, dass Verstöße gegen das Unionsrecht nach sachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln geahndet werden, die denjenigen ähneln, die bei nach Art und Schwere gleichartigen Verstößen gegen das nationale Recht gelten, und jedenfalls der Sanktion einen wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Charakter verleihen.