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Keine nochmalige Anwendung der Jugendanwartschaft bei wiederholter Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes

BIRGITSDOUTZ

Der am 17.9.1991 geborene Beschwerdeführer stellte am 5.4.2016 einen Antrag auf Arbeitslosengeld, nachdem er bereits 2013 Arbeitslosengeld und in Folge Notstandshilfe bezogen hatte. Mit Bescheid vom 2.6.2016 hat das Arbeitsmarktservice (AMS) dem Beschwerdeführer unter Zugrundelegung der Bemessungsgrundlage des Jahres 2013 Arbeitslosengeld in Höhe von € 16,12 zuerkannt. In der dagegen eingebrachten Beschwerde beantragte der Beschwerdeführer die Zuerkennung des Fortbezuges der Notstandshilfe (mit einer günstigeren Bemessungsgrundlage) und wies in seiner Beschwerde darauf hin, dass er in den zwölf Monaten vor der Geltendmachung des Anspruches 183 Tage (26,14 Wochen) arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. Das Gesetz sehe jedoch vor, dass bei jeder weiteren Inanspruchnahme für einen neuen Anspruch auf Arbeitslosengeld eine arbeitslosenversicherungspflichtige Beschäftigung im Ausmaß von 28 Wochen vorliegen müsse. Die sogenannte Jugendanwartschaft komme gem § 14 Abs 1 letzter Satz AlVG von insgesamt 26 Wochen nicht noch einmal zur Anwendung, sodass der Tagsatz des Notstandshilfefortbezuges daher € 26,17 betrage. Das AMS hat die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung abgewiesen und begründend ausgeführt, dass eine nochmalige Erfüllung der Jugendanwartschaft sehr wohl möglich und zulässig sei und wies darauf hin, dass der Beschwerdeführer, der zum Antragszeitpunkt das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet gehabt habe, somit eine neue Anwartschaft erworben habe. Der Beschwerdeführer beantragte die Vorlage der Beschwerde an das BVwG.

Das BVwG gab der Beschwerde statt und führte dazu aus, dass durch die Sonderregelung des § 14 Abs 1 zweiter Satz AlVG Versicherte, die in Folge ihrer kurzen Erwerbstätigkeit nach Ende ihre Schulausbildung oder des Studiums die „große“ Anwartschaft nicht erfüllen, in die Lage versetzt werden sollen, Arbeitslosengeld zu beziehen.

Gem § 14 Abs 2 AlVG ist bei jeder weiteren Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes die Anwartschaft erfüllt, wenn der Arbeitslose in den letzten zwölf Monaten vor Geltendmachung des Anspruches insgesamt 28 Wochen im Inland arbeitslosenversicherungspflichtig beschäftigt war. § 14 Abs 2 letzter Satz AlVG verweise alternativ zur Erfüllung der „kleinen“ Anwartschaft ausdrücklich auf die Erfüllung der „großen“ Anwartschaft, eine nochmalige Anwendung der Jugendanwartschaft scheide daher aus.

Die vom AMS gegen diese E eingebrachte Revision wurde vom VwGH als unbegründet abgewiesen. Der Gesetzgeber hat nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs 2 zweiter Satz AlVG nur auf § 14 Abs 1 erster Satz AlVG verwiesen und damit § 14 Abs 1 zweiter Satz AlVG aus dem Verweis ausgeklammert. Der eindeutige Wortlaut der genannten Regelung spricht dafür, dass es sich bei dem eingeschränkten Verweis um eine vom Gesetzgeber gewollte Begrenzung der ohnehin erleichterten weiteren Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld handelt. Durch die Sonderregelung des § 14 Abs 1 zweiter Satz AlVG sollten Jugendliche, die nur eine kurze Erwerbstätigkeit zB nach ihrer Schulausbildung aufweisen und dadurch die „große“ Anwartschaft nicht erfüllen, in die Lage versetzt werden, Arbeitslosengeld beziehen zu können. Bei der wiederholten Inanspruchnahme des Arbeitslosengeldes würde diese Voraussetzung idR nicht mehr zutreffen, was ein mögliches Motiv des Gesetzgebers gewesen sein könnte, die genannte Altersgruppe bei der neuerlichen Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld nicht mehr zusätzlich zu begünstigen. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Ungleichbehandlung jener Arbeitslosen, die das Arbeitslosengeld vor Vollendung des 25. Lebensjahres beantragen, ist nach Ansicht des VwGH nicht erkennbar.