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Keine Entsendung von ArbeitnehmerInnen-Vertreter in den Aufsichtsrat von Theaterunternehmen – kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz

MARTINACHLESTIL

Die Bekl betreibt als GmbH ein Mehrspartentheater sowie ein philharmonisches Orchester. Sie ist ein Theaterunternehmen iSd ArbVG und nicht auf Gewinn gerichtet, sondern dient ausschließlich und unmittelbar der Förderung der Kunst. Sie verfügt über einen gesetzlich zwingenden, aus 13 Kapitalvertretern bestehenden Aufsichtsrat.

Der kl Betriebsausschuss begehrte nun die Feststellung, dass ihm ein Entsenderecht von sieben, in eventu von zwei Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat der Bekl zukomme. Der in § 133 Abs 6 ArbVG normierte absolute Tendenzschutz (Anm Bearbeiterin: danach ist das in § 110 Abs 1 ArbVG normierte Entsenderecht des BR von AN-Vertretern in den Aufsichtsrat auf Theaterunternehmen nicht anzuwenden) sei mangels sachlicher Rechtfertigung und in Anbetracht des § 22 Abs 2 BThOG (BundestheaterorganisationsG), der Bundestheater ausdrücklich vom absoluten Tendenzschutz ausnimmt, verfassungswidrig und unanwendbar, sodass ihm gem § 110 ArbVG ein Entsenderecht in den Aufsichtsrat zustehe. Allenfalls sei § 22 Abs 2 BThOG analog anzuwenden.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren ab. Der vom Kl an den VfGH eingebrachte Antrag auf Normenkontrolle, mit dem er die in § 133 Abs 6 ArbVG normierte Ausnahme des § 110 ArbVG bekämpfte, wurde ebenfalls zurückgewiesen (siehe Beschluss vom 23.2.2017, G 447/2016). Der OGH ließ die Revision zu, erachtete sie jedoch als nicht berechtigt.

In Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung entsendet der (Zentral-)BR gem § 110 Abs 1 ArbVG für je zwei nach dem AktG oder der Satzung bestellte Aufsichtsratsmitglieder einen AN-Vertreter in den Aufsichtsrat. Gem § 113 Abs 2 Z 3 ArbVG wird in Betrieben, in denen ein Betriebsausschuss errichtet ist, diese Befugnis vom Betriebsausschuss ausgeübt. Gem § 133 Abs 6 ArbVG ist (ua) § 110 ArbVG in Theaterunternehmen jedoch nicht anzuwenden (= Tendenzschutz). Anderes gilt bei Bühnengesellschaften: Gem § 22 Abs 2 BThOG ist § 133 Abs 6 ArbVG nicht anwendbar; abweichend von § 110 ArbVG entsendet der jeweilige BR zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat der Bühnengesellschaften.

Mit dem Tendenzschutz reagiert der Gesetzgeber im Hinblick auf die Mitbestimmung der AN darauf, dass auch solche Unternehmen dem Gesetz unterliegen, die primär andere als kaufmännisch-wirtschaftliche Ziele verfolgen. Einige dieser Zielsetzungen – dabei handelt es sich um geistig-ideelle Zielsetzungen, die häufig in einem engen Naheverhältnis zu Grundrechten stehen – hält das ArbVG für so wichtig, dass es ihre Realisierung durch die volle Wahrnehmung der Mitwirkungsrechte der AN nicht gefährden will und deshalb in den §§ 132 ff ArbVG Teilausnahmen durch einfachen oder qualifizierten Tendenzschutz vorsieht. Dieser gilt grundsätzlich auch für die Theaterunternehmen.

Die Revision des Kl richtet sich im Kern auch nicht dagegen, dass Theaterunternehmen überhaupt ein Tendenzschutz zukommt, sondern dagegen, dass die AN-Vertretung der Bekl im Vergleich zu jener der vom BThOG genannten Bühnen ohne ausreichenden Differenzierungsgrund eine Schlechterstellung erfährt, weil bei Letzteren der jeweilige BR nach § 22 Abs 2 BThOG befugt ist, zwei Mitglieder in den Aufsichtsrat der Bühnengesellschaften zu entsenden.

Der OGH sieht in der unterschiedlichen Regelung jedoch keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz: Das BThOG normiert als gesetzliches Ziel, dass die Wiener Staatsoper, die Wiener Volksoper, das Burg- und das Akademietheater die repräsentativen Bühnen der Republik sind und eine wesentliche Rolle innerhalb des österreichischen Kulturlebens spielen. Diese Führungsrolle resultiert aus der Verfolgung ihres kulturpolitischen Auftrags. Schon aus diesen Zielsetzungen ergibt sich, dass den genannten Bühnen aufgrund ihrer leitenden Bedeutung für das österreichische Kulturleben eine Sonderstellung zukommt. Nach dem Willen des Gesetzgebers war in diesem Zusammenhang auch eine Besserstellung der AN-Vertretung im Vergleich zu sonstigen Theaterunternehmen beabsichtigt.

Für eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 BThOG fehlt es an einer planwidrigen gesetzlichen Lücke. Eine Analogie ist jedenfalls dann unzulässig, wenn Gesetzeswortlaut und klare gesetzgeberische Absicht in die Gegenrichtung weisen, was hier der Fall ist. Dass dem Gesetzgeber nämlich der Unterschied zwischen der grundsätzlichen Regelung des § 133 Abs 6 ArbVG und den Bestimmungen des BThOG bewusst war, zeigt nicht zuletzt ein Gesetzesentwurf des BMASK (178/ME BlgNR 24. GP 3), der ua auch angesichts des BThOG den Entfall des § 133 Abs 6 ArbVG als nicht mehr zeitgemäß vorgesehen hatte, weil Theaterunternehmen tendenziell immer mehr zu Wirtschaftsbetrieben würden. Dass der Gesetzgeber diesem Entwurf nicht gefolgt ist, erlaubt jedoch nur den Schluss, dass an der bestehenden Regelung in § 133 Abs 6 ArbVG bewusst festgehalten werden sollte; Raum für eine analoge Anwendung des § 22 Abs 2 BThOG besteht daher nicht.80