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Konkreter Pflegeaufwand ist ausschlaggebend für die Verfügbarkeit, wenn eine Selbstversicherung bei Pflege naher Angehöriger in Anspruch genommen wird

BIRGITSDOUTZ

Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat mit Bescheid vom 14.11.2016 die Notstandshilfe für den Zeitraum von 1.9.2013 bis 31.8.2016 widerrufen und den Arbeitslosen zur Rückzahlung der unberechtigt empfangenen Notstandshilfe verpflichtet. Das AMS hat den Bescheid damit begründet, dass der Arbeitslose die Leistung zu Unrecht bezogen habe, da er eine Selbstversicherung bei Pflege naher Angehöriger gem § 18b ASVG in Anspruch genommen habe und Verfügbarkeit gem § 7 AlVG generell nicht vorliege, da die erhebliche Beanspruchung der Arbeitskraft durch die Pflege eine Grundvoraussetzung für diese Versicherung darstelle.

Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat das BVwG mit dem angefochtenen Erk stattgegeben und den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos behoben. Der Mitbeteiligte habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum mit seiner Mutter im gemeinsamen Haushalt gelebt, die Selbstversicherung habe rückwirkend vom 1.9.2013 bis 31.8.2016 bestanden. Bei der Mutter bestehe ein Pflegebedarf nach Pflegestufe 4. Das „Hilfswerk“ wende täglich eine dreiviertel Stunde bis eine Stunde für ihre Pflege auf. Unter Berücksichtigung dieses Pflegebeitrags durch das Hilfswerk würde dem Mitbeteiligten ein von ihm zu leistender Pflegeaufwand von 24 Stunden pro Woche verbleiben, sohin etwas mehr als drei Stunden am Tag. Dem Vorbringen des AMS, wonach ihm die Aufnahme einer Beschäftigung mit einer wöchentlichen Normalarbeitszeit von mindestens 20 Stunden nicht möglich gewesen wäre, könne deshalb nicht gefolgt werden. Nach der Judikatur des VwGH seien neben einer Versicherung gem § 18b ASVG unselbständige Erwerbstätigkeiten im Umfang von 38,5 bzw 24 Stunden wöchentlich oder eine Erwerbstätigkeit als selbständiger Landwirt im Umfang einer Vollbeschäftigung möglich. Aus dem Umstand einer Selbstversicherung nach § 18b ASVG könne nicht (jedenfalls) abgeleitet werden, dass Verfügbarkeit iSd § 7 Abs 3 Z 1 AlVG nicht gegeben sei.

Der VwGH ließ die außerordentliche Revision zu und hob die E des BVwG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf, da die erforderlichen Feststellungen für die Beurteilung der Verfügbarkeit nicht getroffen wurden. Die aus der bei der zu pflegenden Angehörigen bestehenden Pflegestufe 4 abgeleitete Schlussfolgerung des BVwG, es bestehe ein Pflegeaufwand von 30 Stunden wöchentlich, ist unzutreffend, weil nach § 4 Abs 2 BPGG ein Anspruch auf Pflegegeld in Höhe der169Stufe 4 für Personen besteht, deren Pflegebedarf durchschnittlich mehr als 160 Stunden monatlich beträgt. Der tatsächliche Bedarf der Mutter kann somit 160 Stunden übersteigen. Es bedarf daher einer Feststellung des tatsächlichen Pflegeaufwandes. Aus den bisher getroffenen Feststellungen ergibt sich darüber hinaus weder, zu welchen (allenfalls regelmäßigen) Tageszeiten der Pflegebeitrag des Hilfswerks geleistet wurde, noch wie die vom Mitbeteiligten zu erbringenden Arbeiten zeitlich gelagert waren bzw ob diese Pflegetätigkeiten in einem festen Rhythmus oder unter Berücksichtigung zeitlich unkoordinierbarer Betreuungsmaßnahmen erbracht werden mussten, wobei im zuletzt genannten Fall auch eine notwendige Bereitschaft die Verfügbarkeit des Mitbeteiligten weiter einschränken würde. Erst wenn festgestellt werden kann, zu welchen Tageszeiten der Mitbeteiligte durch seine privaten Pflegetätigkeiten konkret in Anspruch genommen wurde, kann – allenfalls unter Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Gebiet der Berufskunde – ermittelt werden, ob auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu den verbleibenden Zeiten noch Tätigkeiten im Ausmaß von zumindest 20 Wochenstunden, die für den Arbeitslosen zumutbar sind, angeboten wurden. Nur in diesem Fall wäre die Voraussetzung der Verfügbarkeit iSd § 7 Abs 3 Z 1 AlVG zu bejahen.