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Meldepflicht für Bezug eines Ausbildungstaschengeldes bei Inanspruchnahme eines Fachkräftestipendiums

BIRGITSDOUTZ

Die Beschwerdeführerin bezieht seit 2.3.2015 ein Arbeitslosengeld-Schulung in Höhe von € 36,89 täglich sowie Kursnebenkosten, da ihr für ihre Ausbildung ein Fachkräftestipendium gem § 34b AMSG zuerkannt wurde. Die Höhe des Fachkräftestipendiums wird in einer Bundesrichtlinie geregelt und beträgt mindestens ein Dreißigstel des Ausgleichszulagenrichtsatzes für Alleinstehende gem § 293 ASVG täglich. Ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe größer oder gleich dem Fachkräftestipendium-Ausgleichszulagenrichtsatz, kommt anstelle des Fachkräftestipendiums die Weitergewährung des Leistungsbezuges gem § 12 Abs 5 AlVG zum Tragen. Ist der Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe kleiner als der Fachkräftestipendium- Ausgleichszulagenrichtsatz, gebührt parallel zum Leistungsbezug gem § 12 Abs 5 AlVG das Fachkräftestipendium in Höhe des Differenzbetrages. Besteht kein Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe, gebührt nur der Fachkräftestipendium-Ausgleichszulagenrichtsatz. Ein Zuverdienst bis zur Geringfügigkeitsgrenze ist laut Bundesrichtlinie möglich; ein Taschengeld, welches man während der Ausbildung von Schulen für Gesundheits- und Krankenpflege erhält, wird als Einkommen gewertet. Übersteigt das Taschengeld die Geringfügigkeitsgrenze, wird das Fachkräftestipendium weitergewährt, sofern das Taschengeld die Betragsgrenze von € 500,– nicht überschreitet.

Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat mit Bescheid den Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosengeld für den Zeitraum 1.3. bis 30.4.2017 widerrufen und rückwirkend berichtigt und sie zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Arbeitslosengeldes in Höhe von € 650,26 verpflichtet. Begründet hat das AMS den Bescheid damit, dass die Beschwerdeführerin die Erhöhung ihres Taschengeldes ab dem dritten Ausbildungsjahr nicht gemeldet habe. Da die Beschwerdeführerin seit 1.3.2017 ein Taschengeld über der Geringfügigkeitsgrenze bezogen habe, habe sie die Leistung in nicht gebührender Höhe bezogen.

In der gegen diesen Bescheid eingebrachten Beschwerde führte die Beschwerdeführerin aus, dass sie im Rahmen der Ausbildung lediglich ein Taschengeld erhalte und dies keinen Bezug aus einem Dienstverhältnis darstelle. § 12 AlVG sei nicht anwendbar, da diese Bestimmung Arbeitslosengeld bei Bezug von Ausbildungstaschengeld nicht ausschließe. Ergänzend verwies die Beschwerdeführerin auf ein Erk des VwGH vom 24.4.2914, 2013/08/0049, wonach klargestellt worden sei, dass es sich bei Ausbildungsverhältnissen nicht um ein Dienstverhältnis gem § 4 Abs 1 Z 4 ASVG handle und dieses daher nicht unter den Beschäftigungsbegriff des § 26 Abs 3 AlVG falle.

Das BVwG hat die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Im gegenständlichen Fall erhielt die Beschwerdeführerin bis zum 1.3.2017 ein das Fachkräftestipendium übersteigendes Arbeitslosengeld gem § 12 Abs 5 AlVG. Durch das seit 1.3.2017 erhaltene, als Entgelt zu qualifizierende Taschengeld über der Geringfügigkeitsgrenze steht der Beschwerdeführerin nunmehr kein Arbeitslosengeld mehr zu, sodass ihr ab diesem Zeitpunkt das – unter diesem Betrag liegende – Fachkräftestipendium gem § 34b AMSG auszuzahlen ist. Dies steht nach Ansicht des BVwG auch nicht im Gegenspruch zum angeführten Erk des VwGH, wonach es bei der Ge-170währung von Weiterbildungsgeld nur auf die Verfügbarkeit für die Weiterbildung ankommt, die durch die Absolvierung eines der Weiterbildung dienenden, kein Dienstverhältnis darstellenden Praktikums – unabhängig vom erzielten Entgelt – jedenfalls nicht beeinträchtigt wird. Die Beschwerdeführerin erhält – im Einklang mit dem Erk – das Fachkräftestipendium auch weiterhin ausbezahlt, obwohl sie ein Entgelt über der Geringfügigkeitsgrenze bezieht. Die Beschwerdeführerin hat jedoch keinen Anspruch auf ein darüber hinausgehendes Arbeitslosengeld.

Zur Frage der Rechtmäßigkeit der Rückforderung verweist das BVwG auf den zweiten Rückforderungstatbestand des § 25 Abs 1 AlVG, der das Verschweigen maßgeblicher Umstände betrifft und in der Regel durch eine Verletzung der Meldepflicht des § 50 AlVG erfüllt wird. Wer Leistungen aus der AlV bezieht, ist gem § 50 AlVG verpflichtet, die Aufnahme einer Tätigkeit unverzüglich der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des AMS anzuzeigen. Zweck dieser Bestimmung ist es, die Behörde in die Lage zu versetzen, jede Änderung in den Verhältnissen des Arbeitslosen, die zu einer Änderung des Leistungsanspruches führen könnte, daraufhin zu prüfen, ob die Leistung einzustellen oder zu ändern ist. Da die Beschwerdeführerin im verfahrensgegenständlichen Zeitraum Arbeitslosengeld bezogen hat und es unterlassen hat, den Bezug von Taschengeld zu melden, war es unbeachtlich, ob sie erkennen konnte oder nicht, dass sie die Geringfügigkeitsgrenze überschritten hat, denn die Meldepflicht des Bezuges von Taschengeld traf die Beschwerdeführerin jedenfalls.