98Vertragskündigung eines Zahnarztes wegen unzulässiger Delegierung zahnärztlicher Tätigkeiten ohne erforderliche Aufsicht
Vertragskündigung eines Zahnarztes wegen unzulässiger Delegierung zahnärztlicher Tätigkeiten ohne erforderliche Aufsicht
Ein Zahntechniker führte in seinem Zahntechniklabor in mehreren Fällen zahnärztliche Tätigkeiten wie Abdrucknehmen, Anfertigung von Zahnspangen bzw Prothesen, Unterfütterung bzw Reparatur einer Prothese durch. Diese Leistungen wurden der revisionswerbenden Gebietskrankenkasse (GKK) vom mitbeteiligten Vertragszahnarzt verrechnet. Die e-cards der Patientinnen und Patienten wurden vom Zahntechniker zum Teil in die Ordination des Zahnarztes gebracht, wo diese „gesteckt“ wurden.
Daraufhin wurde der Vertrag des Zahnarztes von der GKK wegen schwerwiegender Vertragsverletzung gekündigt. Gegen den Bescheid der GKK erhob der Zahnarzt Beschwerde an das BVwG; dieses gab der Beschwerde Folge und stellte fest, dass die Kündigung unwirksam sei, da die notwendige Aufsicht des Zahntechnikers durch die Anwesenheit des Zahnarztes im Nebenraum gewährleistet gewesen sei.
Der VwGH stellte fest, dass die Revision der GKK zulässig und berechtigt ist. Er schloss sich den Ausführungen des OGH (18.2.2012, 4 Ob 87/12s)an, dass das Anpassen einer Prothese als Heilbehelf als Behandlung einer Erkrankung oder Anomalie zu qualifizieren sei, die auf medizinischwissenschaftlichen Erkenntnissen beruhe. Das Abdrucknehmen und Anpassen von Prothesen könne nur im Rahmen des § 24 Zahnärztegesetz (unter der ständigen Aufsicht des Zahnarztes) an einen Zahntechniker delegiert werden. Nach § 24 Abs 3 letzter Satz Zahnärztegesetz kann die zahnärztliche Aufsicht entfallen, wenn die Regelungen der entsprechenden Gesundheitsberufe bei der Durchführung übertragener zahnärztlicher Tätigkeiten keine zahnärztliche Aufsicht vorsehen. § 148a Gewerbeordnung 1994 sieht bei den für zulässig erklärten „Abformungen und notwendigen Bissnahmen im Mund des Menschen“ und den „notwendigen An- und Einpassungsarbeiten an diesem Zahnersatz“ durch den Zahntechniker einen Entfall der zahnärztlichen Aufsicht aber nicht vor. Die bloße Anwesenheit des Mitbeteiligten „in einem anderen Raum“ der Geschäftsräumlichkeiten des Zahntechnikers ist – jedenfalls ohne unmittelbar vorangehende Untersuchung des betreffenden Patienten durch den Zahnarzt, ohne im Einzelfall erfolgte zahnärztliche Anordnung der zu delegierenden Tätigkeiten oder bei Durchführung der delegierten Tätigkeiten am Patienten außerhalb der Sicht- oder Hörweite des Zahnarztes – keine zahnärztliche Aufsicht iSd § 24 Abs 3 Zahnärztegesetz.
Ob eine Delegierung ohne die erforderliche zahnärztliche Aufsicht vorgelegen ist und somit eine schwerwiegende Vertragsverletzung vorliegt, konnte vom VwGH mangels ausreichender Feststellungen nicht abschließend beurteilt werden. Das angefochtene Erk war daher gem § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.178