99Anspruchsübergang der Ausgleichszulage bei Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
Anspruchsübergang der Ausgleichszulage bei Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher
Der Kl bezieht von der bekl Sozialversicherungsanstalt der Bauern eine Erwerbsunfähigkeitspension samt Ausgleichszulage, die im August 2016 € 367,40 betrug. Für ihn war seit 2011 ein Sachwalter bestellt. Er wurde wegen Verursachung einer Feuersbrunst mit Beschluss des LG für Strafsachen vom 18.8.2016 in einer Landesnervenklinik nach § 429 Abs 4 StPO vorläufig angehalten und anschließend gem § 21 Abs 1 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, wo er seit 20.12.2016 untergebracht ist. Die Justizanstalt beantragte einen Anspruchsübergang gem § 324 Abs 4 ASVG.
Die Bekl stellte die Ausgleichszulage des Kl neu fest, weil die volle freie Station in der Justizanstalt anzurechnen sei. Der Anspruchsübergang von 80 % der Pension war nicht strittig. Der Kl begehrte die Gewährung der Ausgleichszulage ohne Anrechnung der vollen freien Station. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab, die Anrechnung des Sachbezugs der vollen freien Station erfolge zu Recht. Der Zweck der Ausgleichszulage sei, die Sicherung eines Existenzminimums und nicht die Ansparung eines Vermögens zu ermöglichen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Kl teilweise Folge, weil die Leistungspflicht der Bekl für die Zeit der Unterbringung gem § 21 Abs 1 StGB nicht vermindert sei und die Pension inklusive Ausgleichszulage ohne Anrechnung eines Sachbezugs der Anstalt auszuzahlen sei.
Der OGH gibt der Revision der Bekl Folge. Nach § 21 Abs 1 StGB kommt es zu einer Legalzession der Pension einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschüsse (§ 173 Abs 3 und 4 BSVG) zu höchstens 80 %; 20 % müssen dem Kl verbleiben. Strittig im Revisionsverfahren war nur mehr, ob die Legalzession der Ausgleichszulage unter Anrechnung der freien Station zu erfolgen habe. Das wird vom OGH verneint. Die Legalzession nach § 173 Abs 3 und 4 BSVG steht einer Vorwegberücksichtigung der freien Station entgegen. Die Wirkung der Legalzession besteht – wie bei jeder Vollzession – im Wechsel der Rechtszuständigkeit hinsichtlich des betroffenen Teils des Pensionsanspruchs vom Zedenten (dem Pensionsberechtigten) auf den Zessionar (Sozialhilfeträger bzw Bund), der insoweit an die Stelle des bisherigen Berechtigten tritt, wobei der übergegangene Anspruchsteil inhaltlich unberührt bleibt. Der Anspruchsübergang nach § 173 Abs 3 und 4 BSVG ist an keine weiteren Voraussetzungen geknüpft, tritt also „eo ipso“ ab dem Zeitpunkt des Beginns der Unterbringung für die Zeit der Unterbringung ein. Dadurch ist die Gewährung der Sachbezüge aber nicht mehr „frei“, denn der Bund erhält ex lege einen Großteil der Pensionsleistung samt Zulagen. Dies spricht dafür, die Formulierung „einschließlich allfälliger Zulagen und Zuschläge“ nach dem Willen des Gesetzgebers so zu verstehen, dass es zu einem Übergang der Ausgleichszulage in der zum Zeitpunkt der Wirkung der Legalzession aktuellen Höhe kommt, ohne dass vorweg ein Sachbezug für die während der Unterbringung in der Anstalt gewährte Unterkunft und Verpflegung angerechnet wird. Mit anderen Worten erhöht der Bund dafür, dass er im Rahmen der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB Leistungen (ua für Unterkunft, Verpflegung) erbringt, als Ausgleich im Wege der Legalzession sofort 80 % der dem Untergebrachten zustehenden Pension samt Zuschlägen und Zulagen.
Der Kl selbst hat jedoch ab Eintritt der Legalzession nur mehr Anspruch auf 20 % der Ausgleichszulage, weshalb im vorliegenden Fall das einen 20 vH übersteigenden Prozentsatz betreffende Klagebegehren mangels Aktivlegitimation trotzdem abzuweisen ist. Der Kl hat Anspruch auf 20 % der Ausgleichszulage (20 % von € 367,40 = € 73,48). Da die Bekl aber im Bescheid € 85,40 zugesprochen hatte, sind diese auf Grund des Verschlechterungsverbots gem § 71 Abs 2 ASGG zu gewähren.