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Diskriminierende Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses: Schadenersatz bei Insolvenz nicht gesichert

MARGITMADER

Die AG suchte mittels Stellenanzeige in einer Wochenzeitschrift eine Teilzeitkraft als Reinigungshilfe für ein Möbelgeschäft. Die Kl wurde auf die Anzeige aufmerksam und bewarb sich telefonisch. Es wurde ein Bewerbungsgespräch vereinbart. Die AG machte die Kl gleich zu Beginn des Gesprächs darauf aufmerksam, dass in wöchentlichen Wechselschichten gearbeitet werde und erkundigte sich, ob dies für die Kl möglich sei. Die Kl, die zu diesem Termin mit ihrem Kopftuch erschienen war, bekräftigte, dass dies für sie kein Problem darstelle. Nach Abklärung des Ausmaßes und der Lage der Arbeitszeit erkundigte sich die AG, ob die Kl ihr Kopftuch auch bei der Arbeit trage, was diese bejahte. Daraufhin erklärte die AG, dass dies in ihrem Unternehmen nicht möglich sei und beendete abrupt das Gespräch, sodass die Kl trotz Einverständnis hinsichtlich der Arbeitszeit nicht mehr dazu kam, ihre Qualifikation darzulegen oder ihre Bewerbungsunterlagen zu übergeben.

Die Kl wandte sich daraufhin an die Gleichbehandlungsanwaltschaft, die der AG ein Aufforderungsschreiben übermittelte. Kurz danach wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der AG eröffnet. Einige Tage später brachte die Kl eine Klage auf Schadenersatz in der Höhe von € 2.000,– ein und beantragte dafür in weiterer Folge Insolvenz- Entgelt bei der IEF-Service GmbH. Die IEF-Service GmbH lehnte den Antrag der Kl mit der Begründung, dass Schadenersatzansprüche, die aus der Anbahnung eines Arbeitsverhältnisses resultieren, nicht gesichert seien, ab. Gegen diesen Bescheid richtet sich die hier vorliegende Klage. Die Kl brachte vor, durch das Verhalten der AG beim Bewerbungsgespräch sei eine Diskriminierung auf Grund der Religionszugehörigkeit, der ethnischen Zugehörigkeit und der Weltanschauung der Kl sowie damit im untrennbaren Zusammenhang eine Geschlechterdiskriminierung begründet worden. Gem § 17 Abs 1 Z 1 GlBG dürfe jedoch niemand aus den genannten Gründen unmittelbar oder mittelbar bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses diskriminiert werden. Der dafür gem § 26 Abs 1 GlBG gebührende Schadenersatzanspruch der Kl sei daher zu Unrecht abgelehnt worden.

Nach stRsp des OGH besteht der Zweck des IESG in einer sozialversicherungsrechtlichen Sicherung von Entgeltansprüchen und sonstigen aus dem Arbeitsverhältnis erwachsenden Ansprüchen von AN im Fall der Insolvenz ihres AG. Versichertes Risiko ist demnach im Kernbereich die von den AN typischerweise nicht selbst abwendbare und157absicherbare Gefahr des gänzlichen oder teilweisen Verlustes ihrer Entgeltansprüche, auf die sie typischerweise zur Bestreitung des Lebensunterhalts angewiesen sind (RIS-Justiz RS0076409; OGH 24.3.2015, 8 ObS 1/15b; OGH 22.2.2017, 8 ObS 17/16g). Gesichert sind demnach gem § 1 Abs 2 IESG nur aufrechte, nicht verjährte und nicht ausgeschlossene Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, wobei die geltend gemachten Ansprüche einer der in Abs 2 leg cit normierten Anspruchskategorien zuordenbar sein müssen (OGH 26.2.2004, 8 ObS 9/03m; OGH 25.5.2011, 8 ObS 6/11g).

In Bezug auf Schadenersatzansprüche hat der OGH wiederholt ausgesprochen, dass derartige Ansprüche gem § 1 Abs 2 Z 2 IESG nur dann gesichert sind, wenn sie aus dem Arbeitsverhältnis resultieren. Dementsprechend sind Ansprüche, die aus der Zeit vor dem vorgesehenen Arbeitsbeginn, zB aus einem unberechtigten Rücktritt vom Arbeitsvertrag stammen, nicht erfasst. Zudem muss der Schadenersatzanspruch aus der Verletzung einer Haupt- oder Nebenpflicht des Arbeitsverhältnisses ableitbar sein. Dementsprechend sind nur jene Ansprüche gesichert, die mit den ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Haupt- und Nebenpflichten in Zusammenhang stehen und ihren Entstehungsgrund im Arbeitsverhältnis haben. Dies ist nicht der Fall, wenn der Anspruch aus einem gesonderten, außerhalb des Arbeitsverhältnisses gelegenen Verpflichtungsgrund abgeleitet wird (OGH 25.5.2011, 8 ObS 6/11g; OGH 24.3.2015, 8 ObS 1/15b).

Die Kl kann sich auch nicht auf die Insolvenz-RL 2008/94/EG berufen. Die Überlegungen der Kl, wonach bei einer diskriminierenden Nichtbegründung eines Arbeitsverhältnisses eine Begründung des Arbeitsverhältnisses zu unterstellen sei und wonach die Grundsätze für materielle (Vermögens-)Schäden nicht auch für immaterielle Schäden gelten würden, sind nicht stichhaltig.

Die außerordentliche Revision war daher zurückzuweisen.