81

Unzulässigkeit der rechtsgeschäftlichen Abdingung des VBG

RICHARDHALWAX

Der Kl war seit 2.7.1984 Vertragsbediensteter des bekl Bundes. Nach dem Inhalt des Dienstvertrags betätigte er sich als Heizer und Hausarbeiter. In den Jahren 1984 bis 1987 übernahm der Kl laut Nachträgen zum Dienstvertrag zusätzlich zunächst die „Stellung des Hausbesorgers im Sinne des Hausbesorgergesetzes (HbG)“ für ein bundeseigenes Gebäude. 1987 übernahm der Kl mit einem neuerlichen Nachtrag zum Dienstvertrag für ein weiteres bundeseigenes Gebäude, welches iSd § 1 Abs 2 lit d HbG überwiegend Amtszwecken diente, die Stellung des Hausbesorgers iSd HbG gegen ein zusätzliches Hausbesorgerentgelt. Einige Monate später wurde vereinbart, dass die Hausbesorgertätigkeit nur mehr das zuletzt übernommene bundeseigene Gebäude betrifft.

Mit Wirksamkeit vom 1.9.1988 wurde der Kl in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis als Beamter übernommen und zum 31.8.1988 bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet. Für seine Hausbesorgertätigkeit bekam er seit 1.9.1988 – zusätzlich zu seinem Bezug als Beamter – eine „Nebentätigkeitsvergütung“. Der von der Bekl seither monatlich abgezogene Pensionsbeitrag wurde (nur) auf der Basis der aus Grundbezug und Verwaltungsdienstzulage errechneten Beitragsgrundlage abgezogen. Bezogen auf die unter dem Titel „Nebentätigkeit“ geleisteten Beträge wurde ein Pensionsbeitrag weder abgezogen noch an einen gesetzlichen Sozialversicherungsträger abgeführt.

Der Kl begehrte die Feststellung, dass die Bekl verpflichtet sei, dem Kl jeden Schaden zu ersetzen, der diesem daraus entstehe, dass es die Bekl unterlassen habe, ab 1.9.1988 und weiterhin sozialversicherungsrechtliche Beiträge, insb jene zur PV, für seine Tätigkeit als Hausbesorger zu leisten.

Die Unterinstanzen gaben der Klage statt. Der OGH ließ die ordentliche Revision der Bekl zwecks Klarstellung der Rechtslage zum Verhältnis zwischen § 1 VBG und § 1 HbG zu, gab ihr statt und wies die Klage ab.

Gem § 1 Abs 1 Satz 1 VBG in der zum Zeitpunkt der Pragmatisierung des Kl gültigen Fassung ist das VBG „soweit nicht die Abs 3 bis 5 oder die §§ 2b bis 2d etwas anderes bestimmen, auf Personen anzuwenden, die in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis zum Bund stehen“. Gem § 1 Abs 3 lit a VBG (in der am 1.9.1988 geltenden Fassung; heute: § 1 Abs 3 Z 1 VBG) findet das VBG ua keine Anwendung „auf Personen, deren Dienstverhältnis durch das […] Hausbesorgergesetz, BGBl Nr 16/1970geregelt ist“.

Nach § 1 Abs 2 lit d HbG finden die Vorschriften des HbG keine Anwendung auf das Dienstverhältnis von Personen, die Dienste eines Hausbesorgers „in einem Gebäude verrichten, das ausschließlich oder überwiegend unmittelbar Amtszwecken einer Gebietskörperschaft dient, sofern diese Personen in einem Dienstverhältnis zu die-158ser Gebietskörperschaft stehen“. Diese Formulierung des § 1 Abs 2 lit d HbG erfolgte bewusst im Hinblick auf die Bestimmung des § 1 Abs 3 lit a [heute: Z 1] VBG. Der Gesetzgeber bezweckt die Vermeidung von Überschneidungen zwischen den Vorschriften des HbG und solchen des öffentlichen Dienstrechts. Dem Ausschluss von Hausbesorgertätigkeiten in Ämtern und dergleichen aus dem Anwendungsbereich des HbG liegt die sozialpolitische Überlegung zugrunde, dass das anzuwendende Dienstrecht in der Regel günstiger ist als die Bestimmungen des HbG. Die Tätigkeit des Kl als Hausbesorger ist demnach nach Wortlaut und Zweck des HbG nicht von diesem erfasst.

Anlässlich eines Rechtsstreits zwischen dem Finanzamt und dem Kl befand allerdings das in seiner E vom BVwG8.7.2016, W128 2110501-1/4E, dass die Hausbesorgertätigkeit „[…] vertraglich auf den Bestimmungen des HbG fußt“ und dass die Regelung des § 1 Abs 2 lit d HbG „einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarung, die Bestimmungen [des HbG] doch zur Anwendung gelangen zu lassen, nicht entgegensteht“, weshalb das VBG nach seinem § 1 Abs 3 Z 1 [bzw lit a] nicht anzuwenden sei. Diese Rechtsansicht des BVwG entfaltet zum einen – wie bereits vom Berufungsgericht erkannt – keine Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit, der OGH schloss sich aber zum anderen auch inhaltlich ausdrücklich nicht der referierten Rechtsansicht des BVwG an.

Nach Ansicht des OGH kommt es gem § 1 Abs 3 lit a VBG [heute Z 1] auf eine Regelung des Dienstverhältnisses durch das HbG an, nicht darauf, ob im Falle, dass das HbG einen bestimmten Fall nicht erfasst (hier: wegen Erfüllung des Ausnahmetatbestands des § 1 Abs 2 lit d HbG), die Parteien dennoch die Anwendung des HbG vereinbarten. Hier ist das Dienstverhältnis nicht durch das HbG geregelt, sondern bloß durch die Vereinbarung des HbG als Vertragsschablone. Das VBG kann rechtsgeschäftlich aber nicht abbedungen werden. Folglich galt von 1984 bis 1988 für das Dienstverhältnis des Kl – auch in Bezug auf seine Hausbesorgertätigkeit – zum bekl Bund das VBG.

Der Kl wurde mit Wirksamkeit zum 1.9.1988 pragmatisiert, wodurch nach der Bestimmung des § 30 Abs 1 Z 3 VBG das gesamte Dienstverhältnis endete. § 30 VBG lässt das gesamte Dienstverhältnis eines Vertragsbediensteten, der sich pragmatisieren lässt, enden. Für eine Betrachtung, ob eine gewisse Eigenständigkeit aufweisende Bereiche des Dienstverhältnisses unterschiedliche rechtliche Schicksale haben könnten, lässt § 30 Abs 1 Z 3 VBG keinen Raum. Dem Prozessstandpunkt des Kl, der bekl Bund wäre aufgrund eines weiterhin in Bezug auf seine Hausbesorgertätigkeit bestehenden privatrechtlichen Dienstverhältnisses auch nach dem 1.9.1988 verpflichtet gewesen, sozialversicherungsrechtliche Beiträge, insb jene zur PV, abzuführen, ist damit die Grundlage entzogen. Dass bei der Beamtenpension des Kl zu Unrecht dessen Tätigkeit als Hausbesorger unberücksichtigt bleibt, hat der Kl nicht behauptet. Die Festsetzung der Beamtenpension ist im Übrigen keine Angelegenheit iSd § 1 JN und fällt damit nicht in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte.