112

Arbeitsbereitschaft während der „Pause“ – keine Ruhepause iSd § 11 Abs 1 AZG

CHRISTOSKARIOTIS

Mehrere Mitarbeiter eines Zug-Bordservices begehrten die Feststellung, dass die von der Bekl gewährten Ruhepausen nicht den Anforderungen des § 11 Abs 1 AZG entsprechen.

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen stellte sich die „Pausensituation“ wie folgt dar:

Die Kl konnten ihre Pausen lediglich unter Rücksichtnahme auf die Kundenfrequenz absolvieren. Es gab keine auf die Pausen bezogenen Anweisungen der Bekl an die Mitarbeiter. Für die Mitarbeiter in den Zügen, die für die Betreuung des Bordrestaurants und des Trolleys eingeteilt waren, gab es keine benutzbaren reservierten Sitzplätze oder ein Abteil. Im Bistro-Bereich befand sich eine ausklappbare Sitzfläche, die jedoch so positioniert war, dass die dort sitzende Person jederzeit von Kunden, angesprochen werden konnte, wobei bei Benutzung des Klappsitzes die Kaffeemaschine für die anderen Mitarbeiter nicht mehr erreichbar war. Am Ende des Zuges im Ausstiegsbereich war ausreichend Platz vorhanden, um den Trolley abzustellen und sich auf die Stufen zu setzen. Bei guter Kundenfrequenz hatten die Kl bei Trolley-Diensten aber oftmals am Ende des Zuges sofort umzukehren bzw Waren nachzufüllen, um die vorgegebenen Frequenzen einzuhalten. Auch im Ausstiegsbereich konnten sie von Fahrgästen angesprochen werden. Wenn Fahrgäste in diesem Bereich ihr Gepäck holten, sich auf das Aussteigen vorbereiteten oder der Zug hielt, war der Platz freizumachen. Es gab keine Anweisung der Bekl, dass die Uniform oder Teile davon während der Pause abgelegt werden durfte. Es war den Kl auch nicht gestattet, Kunden mit der Begründung, es würde Pause gehalten, abzuweisen. Bei Beschwerden, dass die Mitarbeiter im Zug schlafen, telefonieren, lesen oder sich unterhalten, anstatt die Gäste zu betreuen, führte die Bekl automatisch Mitarbeitergespräche. Versuchten Mitarbeiter, die von der Bekl kostenlos zur Verfügung gestellten Mahlzeiten zu essen, mussten auch während ihrer Einnahme Kunden bedient werden, wenn es erforderlich war. Es bestand jederzeit die Möglichkeit, von einem Gast angesprochen zu werden. Dann hatten die Mitarbeiter unverzüglich ihre Arbeit aufzunehmen. Zeiträume, von denen die Kl im Vorhinein wussten, dass sie für eine bestimmte Dauer nicht arbeiten mussten, gab es nicht. Sie waren stets offensichtlich als Mitarbeiter der Bekl erkennbar und für Fahrgäste ansprechbar und mussten daher auch arbeitsbereit sein.

Nach Maßgabe dieser Feststellungen verneinten die Vorinstanzen, dass die von der Bekl „gewährten Pausen“ die Anforderungen an den Begriff der Ruhepause gem § 11 Abs 1 AZG erfüllen. Der OGH wies die außerordentliche Revision der Bekl mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurück.

In seiner Begründung führte der OGH aus, dass eine „Pause“ dann als Ruhepause gem § 11 Abs 1 AZG anerkannt werden kann, wenn diese ihrer Lage nach für den AN vorhersehbar ist (sich also an einer im Vorhinein definierten zeitlichen Position im Rahmen der Arbeitszeiteinteilung befindet) oder vom AN innerhalb eines vorgesehenen Zeitraums frei gewählt werden kann. Überdies muss sie echte Freizeit sein; der AN muss über diese Zeit nach seinem Belieben verfügen können. Der Zweck der Ruhepausen ist die Erholung des AN. Eine Erholung ist nur dann gewährleistet, wenn diese Pausen im Voraus, spätestens bei ihrem Beginn, umfangmäßig feststehen.

Der OGH führte aus, dass nach Maßgabe der vorinstanzlichen Feststellungen die Rechtsansicht, dass die von der Bekl den Kl „gewährten Pausen“ die genannten Anforderungen an den Begriff der „Ruhepause“ (§ 11 Abs 1 AZG) nicht erfüllen, vertretbar und nicht weiter korrekturbedürftig ist. Er hob zudem hervor, dass die Pausen der Kl in ihrer zeitlichen Position nicht im Vorhinein definiert waren, ihre Lage auch nicht frei bestimmbar war, weil dabei auf die Kundenfrequenz Rücksicht zu nehmen war, und dass sich die Kl selbst während einer „Pause“ arbeitsbereit halten mussten. Da die Kl in der Disposition über ihre Freizeit während einer solchen „Pause“ – entgegen dem Erholungszweck der Ruhepausen – damit gerade nicht frei waren, kommt es auf die Möglichkeit zur – ohnehin beschränkten – Benutzbarkeit der Sitzgelegenheiten daneben nicht weiter an.224