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Organisation der Pflege der Eltern im Ausland während Arbeitslosengeldbezug als Nachsichtgrund

BIRGITSDOUTZ

Das Arbeitsmarktservice (AMS) hat mit Bescheid ausgesprochen, dass dem Antrag der Arbeitslosen auf Nachsicht vom Ruhen des Arbeitslosengeldes von 9.2. bis 8.4.2017 wegen eines Auslandsaufenthalts gem § 16 Abs 1 lit g iVm § 16 Abs 3 AlVG keine Folge gegeben wird. In der dagegen eingebrachten Beschwerde beantrage die Arbeitslose die Aufhebung des angefochtenen Bescheides und führte aus, dass sie am 8.2.2017 dringend zu ihren Eltern ins Ausland musste, da ihre Mutter mit einer Lungenentzündung ins Krankenhaus eingeliefert worden sei und der an Demenz erkrankte Vater sich nicht allein habe versorgen können. Als Beweis legte sie eine medizinische Bestätigung237 vor, dass sie ihre Eltern vom 8.2. bis 8.4.2017 habe betreuen müssen.

Das AMS änderte die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung dahingehend ab, dass das Ruhen des Arbeitslosengeldes im Zeitraum 12.2. bis 18.2.2017 nachgesehen wurde. Es sei laut AMS zwar nachvollziehbar, dass die Arbeitslose auf Grund einer plötzlichen Erkrankung der betagten, offenbar unbetreuten Mutter rasch handeln musste, doch könne die Auslegung des in diesem Zusammenhang maßgebenden Begriffs „zwingende familiäre Gründe“ nicht so weit gehen, dass damit die vorrangige Absicht des Gesetzgebers, Arbeitslose wieder in den Arbeitsmarkt eingliedern zu können, unterlaufen werde. Ihr habe daher zeitlich begrenzt auf eine Woche Nachsicht vom Ruhen des Arbeitslosengeldes gewährt werden können und zwar während ihres Aufenthaltes im Ausland für den Zeitraum 12.2. bis 18.2.2017, da am Ausreisetag am 11.2.2017 das Arbeitslosengeld nicht ruhe. Die Arbeitslose beantragte die Vorlage der Beschwerde an das BVwG.

Das BVwG änderte den angefochtenen Bescheid und die Beschwerdevorentscheidung dahin ab, als das Ruhen des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 12.2. bis 25.2.2017 nachgesehen wird.

Wortlaut und Beweggründe der Gesetzwerdung des § 16 Abs 3 AlVG zeigen, dass familiäre Gründe nur in Ausnahmefällen als berücksichtigungswürdiger Umstand für die Erteilung der Nachsicht vom Ruhen des Anspruchs angesehen werden können. Ein familiärer Grund wird dann als zwingend aufgefasst, wenn er auch nach der Verkehrsauffassung sittlich geboten erscheint (Auer-Mayer in

Pfeil
, Der AlV-Komm § 16 AlVG Rz 35). Bei der Beurteilung eines auf familiäre Umstände gestützten Nachsichtsgrundes ist außerdem zur Wahrung der Gleichbehandlung mit im Inland befindlichen Leistungsbeziehern der Ausnahmecharakter der Nachsichtsgründe auch in Bezug auf die Verfügbarkeit zu beachten. Deshalb können jedenfalls solche familiären Umstände nicht zur Nachsicht gem § 16 Abs 3 AlVG führen, die – träten sie im Inland ein – für sich allein auf Grund ihrer Eigenart und Dauer zum Fehlen der Verfügbarkeit iSd § 7 Abs 1 Z 1 iVm Abs 3 Z 1 AlVG führen müssten (vgl VwGH 21.1.2009, 2007/08/0152 mwN).

Zeitlich entsprechend umfangreiche und nicht kurzfristig beendbare Pflege- und Betreuungsleistungen scheiden demnach als Nachsichtsgrund aus. Als zwingende familiäre Gründe können nur solche anerkannt werden, die von einer diesen Gründen und einer notwendigen Reisezeit angemessenen, idR aber relativ kurzen Dauer sind. Daher kann die Pflege und die Betreuung eines nahen Angehörigen im Ausland nur solange einen zwingenden familiären Grund darstellen, als diese angesichts der Art der Operation oder ihrer voraussichtlichen bzw möglichen Folgen dem Gebot der Sittlichkeit entspricht und nur für eine relativ kurze Zeitdauer erforderlich ist (VwGH 21.2.2008, 2009/08/0152).

Wenn auch die Pflege ihrer Eltern dem Gebot der Sittlichkeit entsprechen mag, so kann anlassbezogen dennoch nicht davon gesprochen werden, dass die pflegebedingte Abwesenheit der Beschwerdeführerin von 9.2. bis 10.4.2017 auf eine relativ kurze Zeitdauer angelegt gewesen wäre. Die Beschwerdeführerin wäre im Interesse der Kurzhaltung ihres Auslandsaufenthaltes vielmehr verpflichtet gewesen, sich zeitnah nach der Entlassung der Mutter um eine professionelle Hilfe in Deutschland zu kümmern, die sie bei der Pflege der Eltern unterstützt bzw abgelöst hätte. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung wäre es der Arbeitslosen möglich gewesen, innerhalb ein bis maximal zwei Wochen ab der Entlassung der Mutter aus dem Krankenhaus eine Pflege zu organisieren, weshalb nach Ansicht des BVwG eine Nachsicht vom Ruhen des Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 12.2. bis 25.2.2017 als angemessen erscheint.