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Keine Anrechnung des deutschen Betreuungsgeldes auf das österreichische Kinderbetreuungsgeld mangels Gleichartigkeit

MURATIZGI

Die Kl war ab 17.9.2012 an einer Universität in Wien beschäftigt. Anlässlich der Geburt ihres Sohnes am 28.11.2013 bezog sie vom 1.10.2013 bis 23.1.2014 Wochengeld. Von 28.2.2014 bis 30.9.2015 war sie in Karenz. Im Oktober 2013 zog sie zu ihrem in München berufstätigen Ehegatten, wo sie bis Juli 2015 lebte. Über ihren Antrag erhielt sie in Deutschland vom „Zentrum Bayern Familie und Soziales, Region Oberbayern“ für den Zeitraum 28.11.2013 bis 27.12.2014 ein Elterngeld nach dem deutschen Bundeselterngeld und Elternzeitgesetz (BEEG) von insgesamt € 12.290,04. Von 28.12.2014 bis 31.7.2015 erhielt sie ein Betreuungsgeld nach dem BEEG von € 1.069,35.

Am 25.2.2014 beantragte die Kl in Österreich das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld in der Variante 12+2 für die Zeit von 24.1. bis 27.11.2014 (308 Tage) in Höhe von € 60,57 täglich.

Mit Bescheid vom 14.2.2017 gab die bekl Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) dem Antrag der Kl für diesen Zeitraum von 24.1. bis 27.11.2014 im Ausmaß von € 5,51 pro Tag statt und253 wies das Mehrbegehren ab. Die Kl begehrte in ihrer dagegen erhobenen Klage eine Ausgleichszahlung zum Kinderbetreuungsgeld von € 20,67 täglich für die Zeit von 24.1. bis 27.11.2014.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht gab der Berufung der Kl teilweise Folge und verpflichtete die Bekl zur Leistung einer Ausgleichszahlung zum Kinderbetreuungsgeld von € 8,98 täglich, insgesamt € 2.765,84 für die Zeit von 24.1. bis 27.11.2014.

Die außerordentliche Revision der Bekl erachtet der OGH als zulässig, aber nicht für berechtigt.

Der OGH hatte sich in dieser Entscheidung im Wesentlichen mit der Frage der Vergleichbarkeit des österreichischen Kinderbetreuungsgeldes und des deutschen Betreuungsgeldes auseinanderzusetzen. Davon hängt ab, wie hoch der Anspruch auf Ausgleichszahlung ist bzw ob das deutsche Betreuungsgeld auf den Anspruch auf österreichisches Kinderbetreuungsgeld angerechnet werden darf. Die unionsrechtlichen Antikumulierungsbestimmungen sind nur bei einem Zusammentreffen von vergleichbaren (gleichartigen) Leistungen aus zwei Staaten anzuwenden. Vergleichbarkeit wird angenommen, wenn die Leistungen einander in Funktion und Struktur im Wesentlichen entsprechen. In Anlehnung an die Auffassung des Berufungsgerichtes führt der OGH dazu aus, dass sich das deutsche Betreuungsgeld und das österreichische Kinderbetreuungsgeld deutlich in den Anspruchsvoraussetzungen sowie in der Zielrichtung voneinander unterscheiden. Die deutsche Familienleistung hänge im Gegensatz zur österreichischen Leistung von der Nichtinanspruchnahme öffentlich geförderter Betreuungseinrichtungen ab. Ein Erwerbseinkommen ist für sie irrelevant, während eine wesentliche Voraussetzung für das Kinderbetreuungsgeld darin besteht, dass bestimmte Einkommensgrenzen (§ 2 Abs 1 Z 3, § 24 Abs 1 Z 3 KBGG) nicht überschritten werden. Einen Ausgleich für den Verzicht auf ein Erwerbseinkommen kann das deutsche Betreuungsgeld im Gegensatz zum deutschen Elterngeld aufgrund seiner geringen Höhe nicht leisten. Das österreichische Kinderbetreuungsgeld, das selbst in der niedrigsten Pauschalvariante (30+6) wesentlich höher als das Betreuungsgeld ist, soll in seiner (teilweisen) Einkommensersatzfunktion Eltern ermöglichen, sich unter Verzicht auf eine (Voll)Erwerbstätigkeit der Betreuung ihres Kleinkindes zu widmen.

Aus diesen Gründen verneint der OGH die Gleichartigkeit von österreichischem (einkommensabhängigem) Kinderbetreuungsgeld und deutschem Betreuungsgeld.