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Bei der Anrechnung von Vordienstzeiten ist zu berücksichtigen, ob der erheblich höhere Gesamtarbeitserfolg im gleichen Ausmaß auch bei einer kürzeren Vorverwendung eingetreten wäre

RICHARDHALWAX

Seit 1.4.2016 steht der Kl als Vermessungstechniker in einem Vertragsbedienstetenverhältnis zur Bekl. Die Bekl rechnete dem Kl 1.461 Tage (vier Jahre ab 1.4.2012) als Vordienstzeiten an. Diese Anrechnung stützte sich auf die im Rundschreiben des Bundeskanzleramts vom 12.8.2016 ausgesprochene Empfehlung, in der Bedienstetengruppe des Fachdiensts A3/v3 betrage das iSd § 26 Abs 3 VBG zu berücksichtigende „Gesamtausmaß der höchstens als einschlägig zu wertenden Zeiten“ vier Jahre.

Der Kl begehrte die Zahlung einer Entgeltdifferenz sowie die Feststellung, dass ihm Vordienstzeiten im höchstmöglichen Ausmaß von zehn Jahren anzurechnen seien und er entsprechend in Stufe 6 einzureihen sei.

Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren (mit Ausnahme eines Zinsenmehrbegehrens) und dem hilfsweise erhobenen Feststellungsbegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entschei-361dung. Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der Bekl.

Der OGH erachtete die außerordentliche Revision als zulässig und berechtigt.

Nach § 26 Abs 3 VBG 1948, idF BGBl I 2016/64, sind Zeiten der Ausübung einer einschlägigen Berufstätigkeit oder eines einschlägigen Verwaltungspraktikums bis zum Ausmaß von insgesamt höchstens zehn Jahren als Vordienstzeiten anrechenbar. Eine Berufstätigkeit oder ein Verwaltungspraktikum ist einschlägig, insoweit eine fachliche Erfahrung vermittelt wird, durch die eine fachliche Einarbeitung auf dem neuen Arbeitsplatz überwiegend unterbleiben kann oder ein erheblich höherer Arbeitserfolg durch die vorhandene Routine zu erwarten ist. Entscheidend ist, ob die Vortätigkeit von einer derart qualifizierten Bedeutung ist, dass der durch sie verursachte Erfolg der Verwendung ohne die Vortätigkeit nur in einem beträchtlich geringeren Ausmaß gegeben wäre.

Der VwGH hat jüngst im Erk vom 19.2.2018, Ro 2018/12/0001, auf seine stRsp zur Vorgängerbestimmung des § 12 Abs 3 GehG verwiesen, „dass bei Prüfung der Anrechenbarkeit […] auf den Zeitpunkt der Anstellung des Beamten und auf die Tätigkeit abzustellen war, die der Beamte bei Antritt des Dienstes auszuüben hatte“.

Der OGH hat bereits wiederholt iS einer Gleichbehandlung öffentlich Bediensteter den Gleichklang mit der Rsp des VwGH zur gleichlautenden Bestimmung des § 12 Abs 3 GehG beachtet (RIS-Justiz RS0059610; zuletzt etwa OGH 16.8.2001, 8 ObA 225/00x). In diesem Sinn hat auch der OGH bereits in der E 9 ObA 236, 237/90 (= SZ 63/228)auf den Zeitpunkt des Dienstantritts abgestellt. An der Rsp ist auch nach der Dienstrechts-Novelle 2015 festzuhalten.

Nach den Feststellungen erübrigte sich zwar im konkreten Fall eine fachliche Einarbeitung des Kl auf seinem aktuellen Arbeitsplatz wegen seiner Vortätigkeit praktisch zur Gänze. Darüber hinaus konnte er auch seit Dienstantritt einen im Vergleich zu einer durchschnittlichen Berufseinsteigerin oder einem durchschnittlichen Berufseinsteiger wesentlich höheren Arbeitserfolg erbringen, der ohne seine Vorkenntnisse insb im Bereich des Katasterwesens nicht erzielbar gewesen wäre. Der OGH hielt jedoch fest, dass im bisherigen Verfahren der Einwand der Bekl nicht ausreichend berücksichtigt wurde, für diese – sich aus den Feststellungen ergebende – erheblich bessere Verwendbarkeit des Kl hätten weniger als zehn (nämlich vier) Vordienstjahre genügt. Dieser Einwand sei aber iSd vom VwGH zu § 12 Abs 3 GehG aufgestellten Kriterien entscheidend. Nach Ansicht des OGH fehlten konkrete Feststellungen dazu, in welchem Umfang die Vordienstzeiten für den erheblich höheren Gesamtarbeitserfolg des Kl tatsächlich erforderlich waren bzw ob der erheblich höhere Gesamtarbeitserfolg im gleichen Ausmaß auch bei einer kürzeren Vorverwendung eingetreten wäre. Erst aufgrund dieser noch zu treffenden Feststellungen kann beurteilt werden, ob die Vordienstzeiten des Kl zur Gänze oder bloß zum Teil einschlägig und folglich im höchstzulässigen Ausmaß oder nur teilweise anzurechnen sind.