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Kein Wiederaufleben der Kindeseigenschaft bei erst späterem Verlust der Erwerbsfähigkeit

FLORIANJ.BURGER

Mit Bescheid vom 17.5.2016 lehnte die bekl Pensionsversicherungsanstalt den Antrag der Kl vom 5.1.2016 auf Gewährung eines Kinderzuschusses für den Sohn der Kl über das 18. Lebensjahr hinaus ab, weil Erwerbsunfähigkeit nicht vorliege.

Im Sozialgerichtsverfahren brachte die Bekl vor, dass beim Sohn der Kl keine Erwerbsunfähigkeit vorliege und außerdem für die Zeit nach dem 31.5.2012 rechtskräftige Entscheidungen vorliegen, wonach der Kinderzuschuss nicht mehr gebühre.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mit der Begründung ab, die Kindeseigenschaft könne nicht wiederaufleben, wenn sie im Zeitpunkt des Eintritts der Erwerbsunfähigkeit nicht mehr gegeben sei.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts für den Zeitraum 1.6.2012 bis 4.1.2016 als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück und gab im Übrigen der Berufung der Kl nicht Folge. Der Bescheid der Bekl spreche über den Antrag der Kl vom 5.1.2016 ab, nicht hingegen für den davorliegenden Zeitraum. Es fehle daher an der Zulässigkeit des Rechtsweges gem § 67 Abs 1 Z 1 ASGG. Ein früherer Bescheid der Bekl zur Aberkennung der Erwerbsunfähigkeit des Kindes und damit letztendlich zum Wegfall der Kindeseigenschaft sei in Rechtskraft erwachsen; an diesen sei auch das Gericht im Rahmen der sukzessiven Kompetenz gebunden.

Der OGH gab dem außerordentlichen Rekurs nicht Folge, die außerordentliche Revision wurde zurückgewiesen. Der Verfahrensgegenstand eines sozialgerichtlichen Verfahrens ist durch Antrag, Bescheid und Klagebegehren in dreifacher Weise eingegrenzt. Die Bekl hat mit ihrem Bescheid nur über den Zeitraum ab der neuerlichen Antragstellung, also über den Zeitraum ab 5.1.2016 abgesprochen, weshalb ein auf einen früheren Zeitraum gerichtetes Klagebegehren zurückzuweisen ist. Dies ergibt sich auch aus § 262 ASVG, der zudem im Bescheid zitiert war und der normiert, dass der Kinderzuschuss über das 18. Lebensjahr hinaus nur auf besonderen Antrag gewährt wird, sodass eine rückwirkende Leistungsgewährung ausgeschlossen ist. Zudem bezieht sich der Bescheid auf den aktuellen Zustand des Kindes (hinsichtlich der Erwerbsunfähigkeit), es kann der Bescheidbegründung, dass nach dem Ergebnis der ärztlichen Untersuchung Erwerbsunfähigkeit iSd § 252 ASVG nicht gegeben sei, nicht entnommen werden, dass damit auch eine Aussage über den Zustand in den vier Jahren zuvor getroffen werden soll. Da hierüber bereits ein früherer ablehnender Bescheid der Bekl in Rechtskraft erwachsen ist, kann über diese Frage nicht neuerlich abgesprochen werden. Der Gedanke der Rechtskraft findet, obwohl die maßgebliche Stelle des § 68 AVG (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz) nicht in § 360b ASVG aufgezählt ist, dennoch als allgemeiner Grundsatz Anwendung. Rechtskraft bedeutet Unanfechtbarkeit und Unwiederholbarkeit, weshalb nicht neuerlich über die mit Bescheid erledigte Sache entschieden werden kann.

Zur Kindeseigenschaft gilt, dass die Erwerbsunfähigkeit über die in § 252 Abs 2 Z 1 und 2 ASVG genannten Zeitpunkte (Vollendung des 18. Lebensjahres bzw Beendigung der Ausbildung) hinaus andauern muss. Absicht des Gesetzgebers ist es, die Versorgungsansprüche des Kindes zu erhalten, nicht neu zu schaffen, die erst später ihre Erwerbsfähigkeit verloren haben. Damit kann eine einmal verlorene Kindeseigenschaft nicht neuerlich aufleben. Damit haben im vorliegenden Fall sowohl das Sozialgericht, wie auch der Sozialversicherungsträger davon auszugehen, dass die Kindeseigenschaft endete.374