211

Parteienvernehmung als Beweismittel ebenso zulässig wie schriftliche Bestätigung

MONIKAWEISSENSTEINER

Die Revisionswerberin stellte am 6.8.2014 bei der Pensionsversicherungsanstalt den Antrag auf Selbstversicherung in der PV nach § 18a ASVG für Zeiten der Pflege ihres am 14.4.1981 geborenen behinderten Sohnes rückwirkend für den Zeitraum vom 1.1.1988 bis 12.3.1995. Der Antrag wurde für 1.4.1994 bis 12.3.1995 bewilligt, für den davorliegenden Zeitraum abgelehnt, weil der Bezug der erhöhten Familienbeihilfe nicht stattgefunden habe und damit die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien.

Die Revisionswerberin brachte vor, dass auch in diesem Zeitraum die erhöhte Familienbeihilfe bezogen worden sei, allerdings liege keine Bestätigung vor und könne auch vom Finanzamt nicht mehr ausgestellt werden, weil die Unterlagen in Papierform bereits vernichtet worden seien. Das BVwG wies die Beschwerde ab, weil nicht festgestellt werden könne, dass die erhöhte Familienbeihilfe bezogen worden sei. Außerdem sei eine rückwirkende Selbstversicherung nur 120 Monate vor der Antragstellung möglich.

Die Revision ist zulässig und berechtigt. Was die Frage der rückwirkenden Möglichkeit zur Selbstversicherung betrifft, verweist der VwGH auf seine Judikatur (Ro 2015/08/0012 vom 6.7.2016; Ra 2014/08/0045 vom 2.2.2017) zu § 669 Abs 3 ASVG, wonach die Monate nicht in den letzten 120 Monaten vor der Antragstellung liegen müssen.

Zusätzlich werde das Urteil des BVwG in seiner Beweiswürdigung den Anforderungen an eine gesetzmäßige Begründung nicht gerecht. Es hätte für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhalts erforderlichen Beweise sorgen müssen, wobei als Beweismittel alles in Betracht kommt, was zur Feststellung des maßgebenden Sachverhalts geeignet und nach Lage des Einzelfalls zweckdienlich ist (Grundsatz der Unbeschränktheit und Gleichwertigkeit der Beweismittel). Im vorliegenden Fall kommen als Beweis für den Bezug der erhöhten Familienbeihilfe etwa die Einvernahme von Zeugen oder der Revisionswerberin in Betracht. Die erforderlichen Beweisaufnahmen sind im fortgesetzten Verfahren in einer375mündlichen Verhandlung durchzuführen, weil gerade bei einander widersprechenden Behauptungen dem Unmittelbarkeitsgrundsatz Rechnung zu tragen ist und der persönliche Eindruck von der Glaubwürdigkeit von Zeugen und Parteien entscheidend ist. Das Erkenntnis des BVwG wird daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.